Herne. In Herne geriet auf dem CDU-Parteitag die Wahl von Parteichef und Vorstand fast zur Nebensache. Im Mittelpunkt standen plötzlich Parteigelder.

Christoph Bußmann bleibt Vorsitzender der CDU in Herne. Der 36-Jährige, der sein Amt vor zwei Jahren angetreten hat, wurde beim Kreisparteitag mit 85 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Die ehemalige Staatssekretärin und CDU-Bundestagsabgeordnete Ingrid Fischbach (66), die die Sitzung leitete, kommentierte das Ergebnis so: „Die Partei steht hinter dir.“

Bußmann (67 Ja-, zwölf Nein-Stimmen, vier Enthaltungen) holte am Samstag, 27. April, damit deutlich mehr Stimmen als 2022, als er Timon Radicke an der Parteispitze ablöste und dabei 76 Prozent einfuhr. Er erhoffe sich diesmal „80 Prozent plus x“, sagte der 36-Jährige vor der Wahl zur WAZ. Dieses Ziel hat er erreicht. Er sei „zufrieden“, kommentierte er sein Ergebnis nach der Abstimmung kurz und knapp.

CDU Herne: Partei und Fraktion sind ein Team

Neuer und alter Parteichef: Christoph Bußmann (36).
Neuer und alter Parteichef: Christoph Bußmann (36). © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Seine Bilanz fiel positiv aus. „Wir haben die Partei zukunftsfähig gemacht“, sagte er vor seiner Wiederwahl am Rednerpult im Volkshaus Röhlinghausen. Partei und Fraktion seien mittlerweile ein Team, das bestens funktioniere. Und zum ersten Mal, so Bußmann unter dem Beifall der 86 Teilnehmenden, stelle die Union in Herne „den zweiten Mann in der Stadt“. Damit spielte er auf Frank Burbulla (CDU) an, der ab Mai Stadtdirektor und damit Stellvertreter von Oberbürgermeister Frank Dudda ist. Dennoch stehe die Partei vor großen Herausforderungen: Eine Europawahl in diesem, Kommunalwahlen und Bundestagswahl im kommenden Jahr stünden vor der Tür, dabei gelte es, jeweils gute Ergebnisse einzufahren. Vor allem auch bei den Kommunalwahlen: „Zwölf Sitze im Rat sollten nur ein Ausrutscher sein.“ Mit der Bundesregierung, dem Kanzler und vor allem auch mit den Grünen, in Berlin und in Herne, ging er hart ins Gericht. „Ampel haben fertig“, sagte er am Ende seiner Rede in Anlehnung an ein bekanntes Fußballtrainer-Zitat.

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Neben Bußmann wurde auch der Vorstand neu gewählt. Erste stellvertretende Vorsitzende bleibt die frühere Fraktionschefin Bettina Szelag (62), zweiter stellvertretender Vorsitzender wurde Björn Wohlgefahrt (41), der Katrin Rickert ablöste, die nicht mehr antrat. Sie wurden mit 94 beziehungsweise 89 Prozent gewählt. Als Schatzmeister bestätigt wurde der frühere Partei- und Fraktionsvorsitzende Markus Schlüter (55) mit 89 Prozent. Schriftführerin im geschäftsführenden Vorstand wurde Kerstin Sendzik mit 91 Prozent, die Denise Fräbel ablöste, die ebenfalls nicht mehr kandidierte. Mitgliederbeauftragter und damit Nachfolger von Björn Wohlgefahrt wurde Robert Hensel (43) mit 91 Prozent, Digitalbeauftragte Annemarie Bröder (27) mit 92 Prozent. Gegenkandidaturen gab es nicht.

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Berichte des Schatzmeisters gehören auf Parteitagen selten zu den Höhepunkten. Das war diesmal anders. Schatzmeister Markus Schlüter erhielt schnell ungeteilte Aufmerksamkeit. Mehr noch: Bei dem, was er berichtete, flatterten den Mitgliedern die Ohren. Schlüter zeichnete ein verheerendes Bild vom Zustand der Parteikasse in den Jahren 2019 bis 2022. „Es gab mehrere unschöne Dinge“, sagte er, ohne ins Detail zu gehen. Er nannte zwei Beispiele: Es sei plötzlich aufgefallen, dass rund 80 Mitglieder, darunter viele Mandatsträgerinnen und -träger, über Jahre keine Beiträge bezahlt hätten. Außerdem sei zweimal in die Kreisgeschäftsstelle eingebrochen worden, dabei sei jeweils die Kasse gestohlen worden. Das Problem: Wie viel Geld darin gelegen hat, habe niemand gewusst. Es koste jetzt viel Arbeit und reichlich Ärger, die Mitgliedsbeiträge nachträglich einzutreiben. Darüber hinaus sei es aufwändig gewesen, den Kasseninhalt (rund 6500 Euro) nachträglich nachzuvollziehen beziehungsweise hochzurechnen.

„Es gab mehrere unschöne Dinge“: Schatzmeister Markus Schlüter bei seinem Bericht.
„Es gab mehrere unschöne Dinge“: Schatzmeister Markus Schlüter bei seinem Bericht. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Wer an dem ganzen Kuddelmuddel Schuld ist, sagte Schlüter nicht. Nur so viel: „Es hat personalrechtliche Konsequenzen gegeben.“ Auch die Landespartei sei eingebunden worden in der Aufarbeitung der ganzen Angelegenheit. Immerhin: Die finanzielle Basis der Partei sei stark, so der Schatzmeister. Und Kassenprüfer Jürgen Hausmann berichtete, dass es seit 2023 nun keine Mängel in der Parteikasse mehr gebe. Die Mitglieder waren damit zufrieden: Mit großer Mehrheit wurden die Vorstände für diese Jahre entlastet. Und was sagt der neue und alte CDU-Chef Christoph Bußmann zu der Misere um die Löcher in der Parteikasse? Das alles sei vor seiner Zeit als Kreisvorsitzender passiert, betont er gegenüber der WAZ. Und fügt an: „Wir haben alles aufgearbeitet.“

Beisitzerwahl: Erstmals mit Frauenquote

Sie leitete die Sitzung: die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin Ingrid Fischbach.
Sie leitete die Sitzung: die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin Ingrid Fischbach. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Komplettiert wird der Vorstand durch zwölf Beisitzerinnen und Besitzer. Neu ist eine Frauenquote der CDU von 40 Prozent, die bei der Beisitzerwahl erstmals griff und die schon im ersten Wahlgang erfüllt wurde. Von den 16 Kandidatinnen und Kandidaten setzten sich im Volkshaus durch (von der höchsten Stimmenzahl abwärts): Maria Schmidt, Andreas Barzik, Andrea Sobert, Denise Fräbel, Lea Sobecki, Markus Mähler, Andrea Oehler, Jascha Hoppe, Michael Hörling, Jürgen Hausmann, Bernd Jost und Stefan Müller. Nicht in den Vorstand schafften es Lara Kleem, Christoph Nott, Juan Brackins Romero und Karl-Heinz Schiller.