Herne. Alter Vorwurf im Ruhrgebiet: Kirchturmdenken. Nun kooperiert Herne bei einer Fläche mit zwei anderen Städten. So kann eine Herner Firma wachsen.

Eigentlich kann Mirko Strauss, Geschäftsführer der Wanne-Herner Eisenbahn, frohlocken: Das Containerterminal im Westhafen ist bestens ausgelastet, „wir bewegen uns Richtung Kapazitätsgrenze“. Die könnte in nicht allzu ferner Zukunft erreicht sein, denn durch Anfragen werde erkennbar, dass immer mehr Unternehmen angesichts des Nachhaltigkeitsgedankens und der steigenden CO2-Besteuerung Verkehre auf die Schiene verlagern wollen.

WHE fehlen Flächen, um das Geschäft auszubauen

Beste Aussichten für die WHE, sollte man meinen, wäre da nicht ein gravierendes Problem: Dem Unternehmen fehlen in Herne schlicht die Flächen, um mehr Züge abzufertigen und so das Geschäft auszubauen. Doch nun bahnt sich eine Lösung an, die Chiffre dafür lautet „Green Hub Emscher“.

Der soll auf der ehemaligen Kohlenlagerfläche „Kohlkamp“ entstehen. Dass die in Herne weitgehend unbekannt sein dürfte, liegt an der Tatsache, dass sie auf Recklinghäuser Stadtgebiet liegt - nördlich des Rhein-Herne-Kanals, aber in Sichtweite des Steag-Kohlekraftwerks in Baukau. Diese Fläche wollen in den nächsten Jahren die Städte Recklinghausen, Herne, aber auch das ebenfalls unmittelbar angrenzende Herten miteinander entwickeln. Bei einer gemeinsamen Informationsveranstaltung der Kommunen wiesen alle drei Stadtoberhäupter darauf hin, dass dies ein Musterbeispiel dafür sei, dass man statt Kirchturmdenken eine gute Nachbarschaft pflegen könne, die allen Beteiligten zugutekomme. Und Kreis- und sogar Bezirksregierungsgrenzen (Herne zählt zu Arnsberg, Recklinghausen und Herten zu Münster) würden überschritten.

Ein Terminal mit zwei Krananlagen wie dieser im Westhafen könnte in einigen Jahren auf einer ehemaligen Kohlenlagerfläche in Recklinghausen entstehen.
Ein Terminal mit zwei Krananlagen wie dieser im Westhafen könnte in einigen Jahren auf einer ehemaligen Kohlenlagerfläche in Recklinghausen entstehen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Der Wunsch: Terminal mit fünf Gleisen und zwei Krananlagen

Die Gesamtgröße der Fläche beträgt immerhin 41 Hektar, von denen 28 Hektar Teil des Kooperationsstandorts werden sollen. 22 davon sollen als Wirtschaftsflächen genutzt und unter den drei Partnern aufgeteilt werden - und einen Teil soll eben die Wanne-Herner Eisenbahn erhalten. Strauss‘ Wunsch wäre, dass dort ein ähnlich großer Terminal entsteht wie am Westhafen, das heißt: fünf Gleise mit einer Länge von jeweils mehr als 700 Metern Länge. Mit einer Schrankenanlage könnten diese Gleise sogar an die bestehenden Gleise auf Wanner Gebiet angeschlossen werden. Für Strauss wäre ein neuer Terminal quasi eine Rückkehr zu den Wurzeln der WHE. Denn in früheren Jahrzehnten war der Transport von Kohle das Kerngeschäft.

Mit einem neuen Terminal würde die WHE den Begriff „Green Hub“ - also grüne Drehscheibe - mit Logistik füllen. Strauss rechnete vor, dass ein Zug 50 Lkw aufnehmen könne und so auf einer durchschnittlichen Strecke von 1000 Kilometern etwa 80 Prozent CO₂ dadurch sparen könne, dass diese 50 Lkw eben nicht auf der Straße rollen.

Projekt passt zur Strategie der „grünsten Industrieregion der Welt“

Für Hernes OB zahlt dieser Plan voll auf die Strategie des Regionalverbands Ruhr ein, das Ruhrgebiet zur grünsten Industrieregion der Welt zu machen. Der Titel „Green Hub Emscher“ stehe für eine ressourcenschonende und umweltverträgliche Wirtschaftsflächenentwicklung, bei der der Fokus auf treibhausgasreduzierte Produktion und Logistik stehe. Insgesamt könnten auf der Fläche rund 300 Arbeitsplätze entstehen.

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Allerdings dauert es noch ein paar Jahre, bis die ersten Züge rollen, auch wenn schon erste Untersuchungen zur verkehrlichen Erschließung durchgeführt worden sind. Noch ist das Areal im Besitz der RAG Montan Immobilien und muss noch aus dem sogenannten Bergrecht entlassen werden. Darüber hinaus stehen Gutachten zu Fragestellungen wie Lärm, Artenschutz, Wald oder Entwässerung an, auch eisenbahnrechtliche Verfahren sind erforderlich. So könnte bis 2027 oder 2028 Planungsrecht geschaffen worden sein, danach könnte die Erschließung und Baureifmachung beginnen.