Herne. „Welch ein Hohn“: Herner Naturschutzverbände kritisieren die Konzeptstudie für General Blumenthal und drohen mit rechtlichen Schritten.

Bei der Entwicklung des Blumenthalgeländes in Wanne-Süd drohen neue Auseinandersetzungen. Die beiden Herner Naturschutzverbände BUND und NABU kritisieren die im Auftrag der Stadt von einem Planungsbüro erstellte „Konzeptstudie“ für das Areal. Ein Knackpunkt: Der vom Rat gegen die Stimmen der Grünen, Linken, AfD und Unabhängigen Bürger beschlossene Entwurf sei mit dem Artenschutzrecht nicht zu vereinbaren, erklären die Verbände und schließen auch rechtliche Schritte nicht aus.

Auf dem Gelände der ehemaligen Zeche General Blumenthal in Wanne-Süd soll die „Techno Ruhr International“ entstehen.
Auf dem Gelände der ehemaligen Zeche General Blumenthal in Wanne-Süd soll die „Techno Ruhr International“ entstehen. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Sie seien 2022 „mit einer gehörigen Portion Skepsis“ der Einladung zur Teilnahme am Kommunalen Entwicklungsbeirat (KEB) zum Blumenthalareal gefolgt, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von NABU (Naturschutzbund) und BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland). Denn: Sie wüssten um die Natur- und Artenvielfalt, die sich auf der Zechenbrache im Laufe der Jahre entwickelt habe. Der Erhalt dieser Vielfalt und auch der Lebensqualität der im Umfeld wohnenden Menschen sei mit einer großflächigen Bebauung unvereinbar.

Sie hätten deshalb unermüdlich gefordert, das alte Uniper-Kraftwerk an der Kastanienallee in die Planung mit einzubeziehen. Letztlich mit Erfolg, denn: Es sei gelungen, dass das Kraftwerksgelände ausdrücklich in die „Visionsaussage“ des KEB aufgenommen worden sei. Nur deshalb konnten sie dem Schlussdossier des Beirats zustimmen, so die von Ingrid Reckmeier (BUND) und Kay Thörmer (NABU) geführten Kreisverbände.

Ingrid Reckmeier ist Sprecherin der Herner Kreisgruppe des BUND.
Ingrid Reckmeier ist Sprecherin der Herner Kreisgruppe des BUND. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Nun müssten sie allerdings feststellen, dass die Einbeziehung des Kraftwerksareals nicht ernst genommen werde: „Die Blumenthal-Brache soll bebaut werden, wo es möglich ist.“ Das Uniper-Gelände werde lediglich als abzureißende, optionale Zusatzbaufläche aufgeführt. Für den Natur- und Artenschutz sowie die Erholung der Menschen sei lediglich die Halde vorgesehene. Obwohl diese die belasteten Böden aus den Sanierungsmaßnahmen aufnehmen werde, nenne man das Kind nicht beim Namen, sondern spreche vom „Blumenthalpark“ statt von einer Sondermülldeponie - „welch ein Hohn“. Das Prinzip der großflächigen Bebauung habe sich nicht geändert: „Da stellt sich natürlich die Frage: Welchen Sinn hatte der KEB?“, so BUND und NABU.

Viele Kreuzkröten und Mauereidechsen leben auf Herner Zechenbrache

Die besonders geschützten Arten Kreuzkröte und Mauereidechse lebten in hoher Zahl auf Blumenthal. Wie groß die Population tatsächlich sei, sei während des KEB-Prozesses noch nicht bekannt gewesen. Ihre Ansprüche an Fläche und Habitat würden in der „Konzeptstudie“ in keiner Weise berücksichtigt. In den KEB-Empfehlungen steht aber sehr wohl, dass auf die Ansprüche der Kreuzkrötenpopulation besonders zu achten sei.

„Wir wissen erst seit Herbst 2023, wie viele Kreuzkröten auf Blumenthal leben“, heißt es Mit fast 450 erwachsenen Tieren und mehr als 4000 Jungkröten habe die Population eine Größe, die in NRW ihresgleichen suche. Es handele sich um einen Amphibien-Hotspot, denn neben den stark gefährdeten Kreuzkröten seien auch Erdkröten und Grasfrösche in großer Zahl auf der Brache zu Hause: „Was uns Naturschützer begeistert, scheint der Stadtplanung und Politik in Herne eher ein lästiges Hindernis zu sein.“

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Noch könne sich Herne dankbar und glücklich schätzen, „in dieser hoch verdichteten und eng besiedelten Umgebung eine großflächige Zechenbrache mit hohem Biodiversitätspotential zu besitzen“. Eine natursensible Weiterentwicklung könne die Weichen stellen für mehr Arten-, Klima- und Gesundheitsschutz in der Stadt. Diese Ankündigung von BUND und NABU klingt wie eine Kampfansage: „Wir werden nun mit allen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, auf die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Vorgaben und Gesetze drängen.“ (siehe unten)

Zum Hintergrund: Südlich des Wanner Hauptbahnhofs Wanne soll auf dem 25 Hektar großen Blumenthal-Fläche nach den Vorstellungen der Stadt auf einer Fläche von über 25 Hektar die „Techno Ruhr International“ entstehen, ein Mix aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kongressflächen, Freizeitmöglichkeiten und Grün. Eine Seilbahn soll das Areal mit dem Hauptbahnhof verbinden. Bis zu 4000 neue Jobs sollen dort angesiedelt werden.

NABU und BUND: Das Naturschutzgesetz ist eindeutig

  • Der Inhalt des Bundesnaturschutzgesetzes sei eindeutig, erklären NABU und BUND. In Paragraf 44 heiße es: „Es ist verboten, die besonders geschützten Arten zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“
  • Weiter sei es verboten, die streng geschützten Arten während der Fortpflanzungs- und Überwinterungszeit erheblich zu stören. Eine erhebliche Störung liege vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert.