Herne. Lärm, Raser und zu viel Verkehr: Anwohner einer Straße in Herne gehen auf die Barrikaden. Warum die Stadt ihre Vorwürfe zurückweist.
Im September 2022 machten Anwohnerinnen und Anwohner der Kronprinzenstraße ihrem Ärger öffentlich Luft: In der Bezirksvertretung Herne-Mitte beklagten sie sich darüber, dass die hohe Verkehrsfrequenz in Kombination mit dem durchgängigen Kopfsteinpflaster auf der Fahrbahn zu unerträglichen Lärmbelästigungen führe. In den vergangenen 14 Monaten hat es unzählige Gespräche, Briefwechsel und Ortstermine gegeben, doch der Frust ist sogar noch größer geworden. Die Betroffenen denken nun über rechtliche Schritte nach.
Der Knackpunkt: Die Verwaltung weist die Forderung nach Umwidmung der Kronprinzenstraße zur Einbahnstraße zurück und will sich auch nicht auf eine Testphase einlassen. In der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Herne-Mitte untermauerte die Stadt auf Anfrage der SPD diese Position. Tenor des Vortrags von Eduard „Ede“ Belker (Fachbereich Öffentliche Ordnung): Eine Einbahnstraßenregelung sei „verkehrlich nicht vertretbar“.
Stadt Herne befürchtet Zunahme des Verkehrs in der Fahrradstraße
Ein Einfahrtverbot von der Holsterhauser Straße hätte zur Folge, dass der Verkehr „notgedrungen durch die umliegenden, sehr eng bebauten und stark beparkten Nebenstraßen und größtenteils auch durch die als Fahrradstraße ausgewiesene Bochumer Straße fahren müsste“, so Belker. Und: Ein Durchfahrtverbot für den Schwerlastverkehr sowie eine Begrenzung auf 30 km/h bestehe bereits. Zählungen und Messungen hätten ergeben, dass es keine „erheblichen“ Geschwindigkeitsüberschreitungen gebe und die Zahl der Lkw sich deutlich verringert habe. Eine Abwägung zwischen Einzel- und Allgemeininteresse könne hier zu keinem anderen Ergebnis führen.
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Auch eine Verringerung der Lärmbelastungen durch bauliche Veränderungen kommt für die Stadt nicht infrage. Die Kronprinzenstraße sei eine der letzten Straßen in Herne mit Kopfsteinpflaster und einem entsprechenden historischem Charakter, so Thorsten Rupp vom Fachbereich Tiefbau und Verkehr. Und: Die Fahrbahn sei in einem sehr guten Zustand.
Für die Anwohner nahm Thorsten Hup in der Sitzung Stellung. Die Stadt missachte hier „klare Fakten“, so sein zentraler Vorwurf. Die von der Verwaltung durchgeführte Verkehrszählung habe ergeben, dass montags bis freitags täglich 2000 Autos durch die kleine Kronprinzenstraße fahren. Anwohnerinnen und Anwohner seien wie „wie kleine Detektive“ hinter Autos hinterhergefahren. Ergebnis: Eine Einbahnstraßenregelung durch Abbindung der Kronprinzenstraße von der Holsterhauser Straße würde zu einer Reduzierung des Verkehrs um rund 70 Prozent führen.
Eine Abbindung der Kronprinzenstraße würde auch nicht zu einer Verdrängung in andere Nebenstraße führen, entgegnete er. Die Verkehrsteilnehmer würden sich zwei Tage ärgern und dann über den Hölkeskampring fahren. Als „Kronzeugen“ benannte er den städtischen Verkehrsdezernenten Karlheinz Friedrichs. Dieser habe sich bei einem Ortstermin ihnen gegenüber ganz klar für eine Einbahnstraße ausgesprochen und erklärt, dass es nur Gründe dafür, aber nicht dagegen gebe.
Der zuständige Dezernent Frank Burbulla habe jedoch auf die von ihnen per Mail präsentieren Fakten nur mit „fünf dünnen Sätzen“ reagiert und neue Erkenntnisse ignoriert. Die Stadt sitze das Thema aus und schiebe die Verantwortung intern hin und her, so Hups Vorwürfe. Sein Vorschlag, in einem Verkehrsversuch eine Einbahnstraßenregelung zu testen, stieß in der Bezirksvertretung bei der Verwaltung auf Ablehnung und bei den Parteien auf Schweigen.
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Wenn diese „unkomplizierte Lösung“ in Herne nicht möglich sei, würden sie sich ans Verkehrsministerium wenden, kündigte Thorsten Hup an. Außerdem hätten sie bereits Anwälte konsultiert und schlössen in letzter Konsequenz auch eine Klage gegen die Stadt nicht aus.
Transparenzhinweis: Thorsten Hup führt als freier Mitarbeiter für die WAZ Herne hin und wieder Interviews zu Wirtschaftsthemen, zuletzt im Oktober 2022.