Herne. Bleibt die FDP in der Regierung oder lässt sie die Ampel platzen? Dazu gibt es nun eine FDP-Mitgliederbefragung. Die WAZ fragte in Herne nach.
Soll die FDP die Koalition mit der SPD und den Grünen verlassen? In dem von der FDP Kassel angestoßenen und in Kürze startenden Mitgliederentscheid müssen sich auch die Freien Demokraten aus Herne dieser Frage stellen.
„Ich werde selbstverständlich an der Mitgliederbefragung teilnehmen und für den Verbleib in der Ampel stimmen“, sagt Kreisvorsitzender Thomas Bloch (49). Dieser Schritt sei alternativlos. An Neuwahlen könne derzeit niemand in der FDP Interesse haben. Und: Er gehe davon aus, dass die überwiegende Mehrheit in der FDP der Meinung sei, dass es besser sei, aktiv mitzugestalten, anstatt sich das Zepter des Handelns aus der Hand nehmen zu lassen. Er schließe allerdings nicht aus, dass sich der eine oder andere aufgrund der Ergebnisse des SPD-Bundesparteitags zu dem Ergebnis kommt, dass man in dieser Koalition keine Themen mehr setzen könne.
Auch vom ehemaligen FDP-Landtagsabgeordneten Thomas Nückel (60) wird es ein Nein in der Mitgliederbefragung geben. „Wenn eine Partei in der derzeitigen internationalen Situation und auch in ihrer eigenen bescheidenen Situation die Regierung verlassen würde, wäre das verantwortungslos“, sagt das Mitglied des FDP-Landesvorstands. Er könne den Unmut jedoch verstehen - insbesondere bei Mitgliedern, bei denen Wahlen anstünden und deren Chancen sich durch die Ampel-Politik verschlechterten.
Der frühere Parteivorsitzende und mehrfache Bundestagskandidat Klaus Füßmann will der WAZ nicht verraten, wie er abstimmen wird: „Es handelt sich ja schließlich um eine geheime Wahl“, sagt der 65-Jährige. Nicht hinterm Berg hält er dagegen mit seiner Kritik an der Spitze um Lindner & Co.: „Die Kommunikation in der Partei war in den vergangenen ein, zwei Jahren nicht sehr glücklich.“ Die FDP habe einen Regierungsauftrag erhalten in einer Koalition, die sich nicht gewollt habe, räumt er ein. Zusätzlich sei die Ampel durch Krisen belastet worden, die ihresgleichen suchten. Trotzdem hätte man intern kommunizieren müssen, was man wolle und wo Grenzlinien lägen.
Der Eickeler FDP-Bezirksverordnete Martin Steinke lobt das Instrument der Mitgliederbefragung: „Es ist schön, dass man ein solches Instrument hat.“ Ob er Ja oder Nein ankreuzen wird, kann der 39-Jährige derzeit aber (noch) nicht sagen. Er frage sich aber grundsätzlich, so Steinke, ob es der richtige Zeitpunkt für eine solche Befragung sei und ob man nicht erst die Haushaltsberatungen hätte abwarten sollen.
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Auch Moritz Ritterswürden (22) hat sich noch nicht entschieden, wo er sein Kreuz in der Mitgliederbefragung machen wird: „Ich bin sehr zerrissen. Ich sehe für beide Seiten durchaus Argumente“, so der Vorsitzende der Jungen Liberalen in Herne. Es gebe für ihn aber eine rote Linie: „Die wäre überschritten, wenn wir die Schuldenbremse 2024 noch einmal aussetzen würden.“ Wählerinnen und Wähler der FDP würden einen solchen Schritt nicht nachvollziehen können. Wenn die Schuldenbremse wieder in Kraft tritt, würde er wohl „mit viel Bauchschmerzen“ in der Ampel bleiben wollen.