Herne. Wenige Monate nach seiner Haftentlassung sticht ein Gewalttäter am Rande der Cranger Kirmes mit einem Messer zu. Jetzt wurde er verurteilt.

Mehr als ein Jahr nach einer lebensgefährlichen Messerattacke vor einer Kneipe in Wanne-Eickel ist ein Herner am Bochumer Landgericht zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Der vorbestrafte Intensivtäter hatte sich vor Gericht auf einen „Filmriss“ berufen. Gerade einmal acht Monate vor der Bluttat war der 22-Jährige erst aus dem Jugendgefängnis entlassen worden.

Auch wenn offenbar niemand den Messerangriff vor einer Kneipe in Wanne-Eickel direkt beobachtet habe, sei der 22-Jährige ganz sicher als Messerstecher überführt, hieß es in der Urteilsbegründung der 12. Strafkammer. Die Spurenlage sei absolut erdrückend. Aber auch das von mehreren Augenzeugen geschilderte aggressive Verhalten des 22-Jährigen in der Tatnacht lasse nur einen einzigen Schluss zu. Und zwar den, „dass es der Angeklagte war, der mit dem Messer zugestochen hat“, so Richterin Petra Breywisch-Lepping.

22-Jähriger soll gerufen haben: „Der kriegt jetzt“

Die Bluttat passierte am 7. August 2022 im Anschluss an einen langen Kirmesabend. Das spätere Opfer (29) und der Angeklagte waren gegen 3.40 Uhr jeweils im Beisein mehrerer Freunde vor einer Gaststätte an der Hauptstraße aneinandergeraten. Im Vorbeigehen sollen sich die Männergruppen angepöbelt und beleidigt haben. Als das Wort „H...söhne“ fiel, soll der 22-Jährige fest entschlossen gerufen haben: „Der kriegt jetzt.“

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Laut Urteil entriss er einem seiner Begleiter ein Messer, stach wenig später inmitten eines Gerangels im Schwitzkasten auf das spätere Opfer ein. „Es war ihm dabei gleichgültig, welche Verletzungen der Mann erleiden würde“, hieß es. Der 29-Jährige hatte die stark blutende Fleischwunde im Nierenbereich zunächst gar nicht bemerkt. Eine Rechtsmedizinerin hatte die später im Krankenhaus mit sechs Stichen genähten Verletzungen im Prozess als „potenziell lebensbedrohlich“ eingestuft.

Angeklagter will keine Erinnerung mehr haben

Der Angeklagte hatte sich im Prozess auf einen „Filmriss“ berufen. Sein letzter Erinnerungsfetzen vom fraglichen Abend soll angeblich ein Aufenthalt an einen Boxautomaten auf der Cranger Kirmes sein. Danach soll alles verschwunden sein. Der 22-Jährige (schon neun Eintragungen im Strafregister) war nach dem blutigen „Kirmes-Abend“ laut Urteil bei Bekannten im Raum Köln untergetaucht. Im April 2023 war der Herner dort festgenommen worden.

Parallel zum Strafverfahren hatte sich der 22-Jährige im Wege eines zivilrechtlichen Vergleichs verpflichtet, dem Opfer 10.000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz zu zahlen. Aktuell sei jedoch keine Zahlung möglich, hieß es.

Das Urteil lautet auf gefährliche Körperverletzung.