Herne. Home-Office für Köchinnen und Köche: Damit ist ein Start-up in Berlin erfolgreich. Nun will es bundesweit wachsen. Auch im Ruhrgebiet.

Home-Office für Köche? Das kann nicht funktionieren! Kann es offenbar doch. Das Berliner Start-up „Home Meal“ hat den Gegenbeweis angetreten. Nun expandiert es bundesweit - und hat sich als eine der ersten Städte in NRW und im Ruhrgebiet Herne ausgesucht.

Auf den ersten Blick sieht das Unternehmen aus wie ein weiterer Lieferdienst, der in der wachsenden Branche Fuß fassen will. Den Unterschied erkennt man auf den zweiten: Die Mahlzeiten werden von privaten Köchinnen und Köchen am heimischen Herd zubereitet.

Sieben Jahre in der Automobilbranche

Auf diese ungewöhnliche Idee kam Martin Andreas Schmidt. Mit der Gastronomie kannte sich der diplomierte Ingenieur gar nicht aus, sieben Jahre arbeitete der heute 38-Jährige für einen Automobilhersteller, unter anderem in Kuala Lumpur und in Hongkong. Dort infizierte ihn offensichtlich der Unternehmer-Virus, weil dort viele Menschen irgendeinen Weg in die Selbstständigkeit suchten, wie Schmidt im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion erzählt. Und sei es nur eine kleine Nudelküche. So habe auch er versucht, in Kuala Lumpur ein Unternehmen aufzubauen, doch die große Sprachbarriere habe das verhindert. Also habe er sich überlegt, welche die richtige Stadt für ein Start-up sein könnte - und kam natürlich auf Berlin. Im Februar 2020 sei er in die deutsche Hauptstadt gezogen, also kurz bevor ein ganz anderes Virus um sich griff.

Dennoch - oder gerade deshalb - sei er im April 2020 mit „Home Meal“ gestartet. „Ich kannte viele Freunde, die während des Lockdowns ihre Jobs in der Gastronomie verloren haben. Deshalb habe ich die naive Frage gestellt, ob man für diese Branche Home-Office machen könnte“, so Schmidt. Alle, wirklich alle, hätten geantwortet: Der spinnt. „Zum Glück war ich so naiv, dass ich mir gesagt habe: Das muss doch irgendwie klappen“, erzählt Schmidt. Und nach zahllosen Telefonaten und Gesprächen sei es losgegangen.

Martin Andreas Schmidt hat das Start-up „Home Meal“ entwickelt.
Martin Andreas Schmidt hat das Start-up „Home Meal“ entwickelt. © Home Meal

Boxen mit sechs Mahlzeiten

So funktioniert „Home Meal“: Kunden können Boxen mit sechs Mahlzeiten wählen - entweder mit einer vorgegebenen Auswahl oder mit einer individuellen Zusammenstellung: einmal indisch, einmal afrikanisch oder syrisch, dazu Gerichte aus Singapur. Die Bestellung muss zwei Tage vor der Lieferung eingehen, damit die Köche die frischen Zutaten einkaufen, kochen und die Gerichte anschließend herunterkühlen können. Ein Fahrer holt das Essen ab und bringt sie zu einem Qualitäts- und Logistikzentrum. Dort wird die Kühlkette kontrolliert, die Boxen mit den bestellten Gerichten werden bestückt und anschließend ausgeliefert. „Mit diesem Bestellmechanismus versuchen wir, keine Lebensmittel zu verschwenden, der Koch soll nur die Zutaten kaufen, die er wirklich für die Bestellung benötigt“, so Schmidt.

Umfassendes Hygienekonzept

Doch die Gastronomie ist eine streng reglementierte und überwachte Branche, da stellt sich die Frage, wie „Home Meal“ die hohen Hygienestandards einhält. „Wir haben ein Konzept mit vier Grundpfeilern“, sagt Schmidt. Die Köchinnen und Köche benötigen einen Hygienepass, dahinter verberge sich eine Schulung. Außerdem müssten sie wissen, wie man Kontaminationen vermeidet. Dazu gehörten Protokolle über die Kühlschranktemperatur, die Fußbodenreinigung und einiges anderes mehr. Außerdem benötige man einen zweiten Kühlschrank und separate Küchenutensilien, um private und gewerbliche Lebensmittelkreisläufe komplett zu trennen. Und die Köche müssten ein Gewerbe anmelden, damit Kontrollen der Behörden, gerade der Lebensmittelaufsicht, möglich seien.

Für die Expansion nach Herne beginne jetzt die Suche nach Köchinnen und Köchen. Dass das Berliner Start-up ausgerechnet Herne als eine der ersten Städte für seine Expansion ausgewählt habe, liege daran, dass sie mit rund 160.000 Einwohnern die richtige Größe habe, um Köche und Kunden zu finden, und das Restaurant-Angebot nicht so übersättigt sei wie zum Beispiel in Berlin-Mitte.

Die Wanne-Eickelerin Maria Laftsidis-Krüger kann sich gut vorstellen, für „Home Meal“ zu kochen.
Die Wanne-Eickelerin Maria Laftsidis-Krüger kann sich gut vorstellen, für „Home Meal“ zu kochen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Schon eine interessierte Herner Köchin

Um sich für „Home Meal“ zu qualifizieren, gebe es ein Probeessen - wie später im echten Betrieb: Das Essen wird gekocht, heruntergekühlt und am Firmensitz in Berlin verkostet. „Wir brauchen die besten Köche, um unser Konzept voranzutreiben“, betont der Gründer. Zurzeit seien etwa ein Drittel Profis bei „Home Meal“, die allerdings kein Geld hätten, um ein Restaurant anzumieten, sondern das junge Unternehmen nutzten, um ihre eigenen Produkte zu entwickeln.

In Herne gibt es bereits eine Köchin, die großes Interesse an „Home Meal“ zeigt: Maria Laftsidis-Krüger kocht seit Jahren authentische griechische Küche und gibt unter anderem Kurse bei der Volkshochschule. „Das ist super“, war ihr Kommentar, nachdem die Herner WAZ sie auf das Start-up aufmerksam gemacht hat. Da sie in wenigen Wochen aus dem Berufsleben ausscheide, habe sie genug Zeit, und eine voll ausgestattete Zweitküche besitze sie auch schon...