Essen. Evonik und Remondis kooperieren, um ein Geschäft rund um Matratzen-Recycling aufzubauen. Die beiden NRW-Konzerne sehen großes Potenzial.

Zwei der größten NRW-Konzerne wollen alte Matratzen zu Geld machen: Der Essener Chemiekonzern Evonik und der Entsorgungsriese Remondis aus Lünen gehen eine Partnerschaft ein, um Material aus Matratzen wiederaufzubereiten. Sie wittern ein millionenschweres Geschäft.

Evonik hat eigenen Angaben zufolge ein chemisches Verfahren entwickelt, um Schaum-Matratzen zu recyceln. Dadurch sei es möglich, im Vergleich zur bisherigen Herstellung viel Energie und fossile Rohstoffe einzusparen, so der Essener Chemiekonzern. Bislang wird ein Großteil der ausrangierten Matratzen als Müll verbrannt. Durch die Kooperation mit Remondis könnten „wertvolle Materialien wieder in den Rohstoffkreislauf zurückgeführt werden“, betont Evonik.

Die nordrhein-westfälische Remondis-Gruppe, der künftige Partner des Chemiekonzerns, sieht sich mit mehr als 40.000 Beschäftigten als eines der weltweit führenden Recycling-Unternehmen. Über Niederlassungen und Firmenanteile ist das im Jahr 1934 gegründete Familienunternehmen eigenen Angaben zufolge in über 30 Ländern präsent. Im vergangenen Jahr hat Remondis einen Umsatz von 12,6 Milliarden Euro erwirtschaftet. Ein Geschäftsbereich ist das Recycling von Rohstoffen aus Industrie- und Haushaltsabfällen.

Pilotanlage von Evonik im hessischen Hanau

Auch in der Stadt Essen – am Konzernsitz von Evonik – ist Remondis am kommunalen Entsorgungsbetrieb EBE beteiligt. In Bochum betreibt das Familienunternehmen eine High-Tech-Sortieranlage für Kunststoffe.

Der Essener Chemiekonzern Evonik, der mit seinen rund 34.000 Mitarbeitern zuletzt einen Jahresumsatz von 18,5 Milliarden erzielte, will vom Netzwerk des westfälischen Recycling-Riesen profitieren. Remondis soll Matratzen-Schäume aus dem Abfall sortieren und Evonik zur Verfügung stellen. Durch die Kooperation sei die Versorgung mit dem Material für ein Zukunftsprojekt gesichert, heißt es bei Evonik. Der Essener Chemiekonzern betreibt derzeit im hessischen Hanau eine Pilot-Anlage zum Matratzen-Recycling. Im sogenannten Hydrolyse-Verfahren will Evonik die Hauptbestandteile des Polyurethan-Schaums zurückgewinnen, um Rohstoffe für neue Produkte zu gewinnen. Evonik plant nun eine größere Demonstrationsanlage.

Deutschlands Chemieindustrie unter Druck

Thomas Wessel, im Evonik-Vorstand zuständig für das Thema Nachhaltigkeit, hebt die Bedeutung des Vorhabens hervor – „für die Zukunftsfähigkeit unseres Geschäfts“, wie er sagt. Deutschlands chemische Industrie steht unter dem Druck, sich wandeln zu müssen. Noch sind die Unternehmen, die jede Menge Energie und Rohstoffe benötigen, weit von einer klimaneutralen Produktion entfernt. Hoffnungen setzen die Chemiekonzerne daher ins Recycling. Auch der Leverkusener Kunststoff-Hersteller Covestro, der möglicherweise vom arabischen Staatskonzern Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) übernommen wird, sieht in der Kreislaufwirtschaft einen Weg zur Klimaneutralität. Vor einigen Monaten präsentierte Covestro eine Partnerschaft mit einem in Hongkong ansässigen Unternehmen namens Sinomax, das eine „kohlenstoffarme Matratze“ herstellt.

Evonik-Vorstandschef Christian Kullmann ging schon im Frühjahr bei der Bilanzpressekonferenz seines Konzerns auf das Projekt „Polyurethan-Recycling für Matratzen“ ein. Das Verfahren liefere sogenannte „Polyole in vergleichbarer Qualität zu fossil basierten Rohstoffen“, betonte Kullmann. So können in Zukunft die Kunden „neue, hochwertige und nachhaltige Weichschaumprodukte herstellen“.

Durch eine seit dem Jahr 2021 bestehende Kooperation mit dem Weichschaum-Produzenten „The Vita Group“ sieht sich Evonik darin bestätigt darin, dass das entwickelte Hydrolyse-Verfahren im Vergleich zu bisherigen Recycling-Technologien Rohstoffe mit „deutlich höherer Qualität“ erzeuge. Die Abhängigkeit der Chemieindustrie von fossilen Rohstoffen werde spürbar verringert. „Die Demonstrationsanlage soll beweisen, dass dies auch im größeren Maßstab gilt“, so Evonik.

Schwerpunkt des Projekts von Evonik und Remondis in NRW

„Rohstoffe weltweit zu erhalten und immer wieder aufzubereiten, stellt eine elementare Voraussetzung für nachhaltigen Umwelt- und Klimaschutz dar“, betont Remondis-Manager Jürgen Ephan, der als Geschäftsführer für die Recycling-Sparte des Familienkonzerns zuständig ist. Jährlich sammele Remondis über 30 Millionen Tonnen Wertstoffe, bereite sie auf und stelle sie der Industrie als Rohstoff zur Verfügung – Tendenz steigend.

Der Schwerpunkt des Matratzen-Projekts von Evonik und Remondis liegt Unternehmensangaben zunächst in Nordrhein-Westfalen. Das Ziel sei es, eine Technologie und ein Geschäftsmodell zu entwickeln, das international ausgeweitet werden könne.

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