Herne. Der Ruf nach einer neuen Schnellbuslinie, ein Wutausbruch, ein euphorischer OB, Neues über die Seilbahn: So verlief der SPD-Parteitag in Herne.

Das zentrale Thema des SPD-Parteitags – „Arbeitsplätze, Mobilität, Klimaschutz, Ruhrgebiet - Transformation im Ruhrgebiet“ – wurde von Gast Nina Frense vom Regionalverband Ruhr sehr routiniert und von Oberbürgermeister Frank Dudda mit der gewohnten Leidenschaft abgearbeitet. Es gab am Dienstagabend im Volkshaus Röhlinghausen aber auch außergewöhnliche Momente.

Die Attacke

Die Haushaltskrise in Berlin ist längst zur Ampelkrise geworden. Hernes SPD-Chef Hendrik Bollmann tat dieses Regierungsversagen in seiner Begrüßung eher lapidar ab („das ist nicht gerade hilfreich“) und lenkte den Fokus stattdessen auf den Bundesvorsitzenden der CDU. Die Art und Weise, wie Friedrich Merz dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts applaudiere, sei „an Zynismus kaum noch zu ertragen“, sagte er. Es gehe nicht um populistische Schlagzeilen, sondern darum, ob „dem Mitarbeiter von Schwing“ und allen anderen Arbeitnehmern die Transformation gelinge und wie der Staat das künftig überhaupt noch begleiten könne.

Mit CDU-Chef Friedrich Merz (Bild) ging Hernes SPD-Vorsitzender Hendrik Bollmann beim Parteitag hart ins Gericht.
Mit CDU-Chef Friedrich Merz (Bild) ging Hernes SPD-Vorsitzender Hendrik Bollmann beim Parteitag hart ins Gericht. © dpa | Kay Nietfeld

Damit nicht genug. Wenn Merz über Umfragewerte der AfD weine, dann seien das Krokodilstränen, weil der Christdemokrat selbst mit zu den Verursachern gehöre, so der sich fast in Rage redende SPD-Chef. Und: Gewerkschaften und Arbeitgeber seien sich darin einig, dass diese CDU nicht regierungsfähig sei.

Die Seilbahn

Nach knapp 80 Minuten fiel es im Volkshaus dann doch noch, das polarisierende S-Wort. Der OB berichtete, dass die Landesregierung den Fahrplan Hernes für den Bau einer Seilbahn unterstütze und lobte Schwarz-Grün dafür ausdrücklich. Einen Tag nach dem Ratsbeschluss am Dienstag (15. November) habe er NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) in einem Brief gefragt, ob das Land hinter dem Vorhaben stehe. Am Donnerstag habe das Ministerium im Rathaus angerufen und Unterstützung zugesagt, am Freitag sei bereits eine Arbeitsgruppe eingesetzt. „Und in dieser Woche kam schon die Zusage, dass das Land auf jeden Fall im Boot ist, wenn der Bund mitmacht“, so Dudda.

Die neue Buslinie

Verkehrswende? Ja, bitte! Die SPD stellte sich mit breiter Mehrheit hinter zwei gemeinsam von mehreren Ortsvereinen (Federführung: Unser Fritz), den Jusos und dem Arbeitskreis Umwelt gestellten Anträgen zur Stärkung des ÖPNV. Zum einen soll in Unser Fritz vor dem Hintergrund mehrerer Firmenansiedlungen ein Haltepunkt der Deutschen Bahn eingerichtet bzw. reaktiviert werden.

Ein wenig umstrittener als dieser einstimmig verabschiedete Antrag war der Vorschlag, auf der Bundesstraße 226 eine neue Schnellbus-Linie von Gelsenwasser/Veltins-Arena in Gelsenkirchen über die Dorstener Straße in Herne bis Bochum Hauptbahnhof einzurichten. Die ganz breite SPD-Mehrheit ließ sich von einzelnen Einwänden praktischer und finanzieller Natur nicht beirren und stimmte dem Antrag zu. Was nun daraus wird? Das ist unklar, denn: Die Anträge enthalten keine verbindlichen Aufträge an Herner SPD-Mandatsträger, sondern beschränken sich auf reine Appelle.

Der Spitzenreiter

Bei diversen Terminen hatte der OB die frohe Botschaft bereits verkündet, nun war auch der Parteitag an der Reihe: Herne habe beim jährlichen Städteranking des Unternehmens IW Consult „Unglaubliches geschafft“, berichtete er. Beim „Dynamik-Ranking“, in dem laut Dudda die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre bewertet werde, stehe Herne unter den 71 Großstädten auf Rang 20 und habe damit erstmals den Sprung auf die ersten 20 Plätze geschafft. Es komme aber noch besser: In der Dynamik-Unterrubrik „Arbeitsmarkt“ stehe Herne bundesweit auf Platz 1, so der OB.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Herne in dem Ranking für „Niveau“ mit einem drittletzten Platz die Tabelle 2023 (fast) von unten anführt. Dudda deutete dies kurz an und begründete es unter anderem damit, dass die Zahl der Hotelplätze dabei eine Rolle spiele (die WAZ kommt auf das Ranking zurück).

Die Deponie

Nina Frense, Beigeordnete im Regionalverband Ruhr für Umwelt und Grüne Infrastruktur, skizzierte in einem Vortrag die bisherigen Erfolge im Ruhrgebiet und die großen Herausforderungen, sprich: die Probleme. Reaktionen und Begehrlichkeiten löste die 52-Jährige beim Parteitag vor allem mit der beiläufigen Bemerkung aus, dass der RVR die Umgestaltung einer ehemalige Mülldeponie in Dortmund („Asselner Alm“) in ein Naherholungsgebiet finanzieren werde.

Die RVR-Beigeordnete Nina Frense war zu Gast beim Parteitag der Herner SPD.
Die RVR-Beigeordnete Nina Frense war zu Gast beim Parteitag der Herner SPD. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Dem Begehren des Wanner SPD-Stadtverordneten Volker Bleck, das bitteschön nun auch für die Zentraldeponie Emscherbruch in Angriff zu nehmen, begegnete der OB (und Vorsitzende des Ruhr-Parlaments) mit dem Hinweis, dass die Dortmunder Deponie ja längst geschlossen sei. Dudda und der SPD-Landtagsabgeordnete Alexander Vogt nutzten jedoch die Gelegenheit für die (neuerliche) Forderung, dass 2030 nach dann 62 Jahren endgültig Schluss sein müsse mit dem Abschütten von Abfall an der Stadtgrenze zwischen Herne und Gelsenkirchen.

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Für die Verfolgung dieses Ziels ist übrigens aufseiten der Deponie-Betreiberin AGR – eine 100-prozentige Tochter des RVR - ab 2024 ein neuer Geschäftsführer zuständig. Am Mittwochmorgen meldete das kommunale Unternehmen, dass Marc Bunse (50) zum 1. Juli den aus Altersgründen ausscheidenden AGR-Chef Joachim Ronge ablösen werde. Bunse führt zurzeit die Geschäfte der Stadtwerke Ratingen.