Herne. Herne hat die Verkehrswende beschlossen. 30 Prozent weniger Autoverkehr, das ist der Plan. Wie das erreicht werden soll und wer dazu Nein sagte.

In Herne ist nun offiziell die Verkehrswende eingeläutet worden. In den kommenden fünf bis zehn Jahren soll die Stadt die Zahl der Autofahrten in Herne um 30 Prozent senken. Das hat der Rat beschlossen. Die große Mehrheit von SPD und CDU stimmte für diesen Schritt, scharfe Kritik kam dagegen von den Grünen, der größten Opposition.

Es war die Stadt Herne, die der Politik im September die Mobilitätswende vorschlug.30 Prozent weniger Autofahrten – mit einem Bündel an Maßnahmen soll das in den kommenden Jahren gelingen, so der Vorstoß aus dem Rathaus. Die Verwaltung brachte unter anderem mobile Parkhäuser an Stadträndern, an Autobahn-Anschlussstellen und in Wohnquartieren ins Spiel. Von dort aus sollen die Bürgerinnen und Bürger dann zu Fuß gehen oder auf andere Verkehrmittel wie Rad, E-Scooter sowie Bus und Bahn umsteigen. Die rot-schwarze Ratskoalition war zunächst aber uneins: Die SPD lobte das Papier, die CDU zerriss es. Zuletzt fanden die Kooperationspartner dann einen Kompromiss – indem sie die städtischen Pläne für die Verkehrswende in einigen Teilen deutlich abänderten.

Herner Grüne: „Nur noch entleerte Worthülsen“

 „Notpaket zur Rettung des Funkenbergquartiers“: Hernes Grünen-Ratsfrau Sabine von der Beck, hier bei einer anderen Veranstaltung.
„Notpaket zur Rettung des Funkenbergquartiers“: Hernes Grünen-Ratsfrau Sabine von der Beck, hier bei einer anderen Veranstaltung. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Das rief im Rat, wo die Verkehrswende nun beschlossen werden sollte, die Grünen auf den Plan. Die Verwaltung, so kritisierte Ratsfrau Sabine von der Beck, habe „ein mutiges Papier“ vorgelegt, in einer denkwürdigen Diskussion habe Rot-Schwarz es anschließend zerpflückt. Um eine Einigung erzielen zu können, hätten SPD und CDU in der Verwaltungsvorlage „rumgehackt und rumgemurkst“, am Ende seien „nur noch entleerte Worthülsen stehen geblieben“. Von der Beck: „Aus einem mutigen, entschlossenen Leitbild ist ein verzagtes, besitzstandwahrendes Notpaket zur Rettung des Funkenbergquartiers geworden.“

So soll der Kfz-Verkehr beispielsweise künftig nicht mehr „eine weniger dominante Position“ einnehmen; das hatte die Stadt noch so formuliert. Auch sollen Straßen künftig doch nicht „von außen nach innen“ geplant werden, also beginnend mit den Belangen von Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Radfahrerinnen und Radfahrern. Auch diese Formulierung wurde gestrichen. Eingefügt wurde dagegen der Passus, dass alle Maßnahmen „vor der Umsetzung daraufhin geprüft werden, ob sie mit den sozioökonomischen Gegebenheiten der Stadt Herne in Einklang stehen.“ Nicht zuletzt soll die Verkehrswende doch nicht in einem „Modellraum Herne-Mitte“ erprobt werden, sondern nur noch in ausgewählten Bereichen in Herne-Mitte. Die Änderungen, so von der Beck, seien vor allem auch eine „Rettungsaktion“ für den Autoverkehr.

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Das sah die Ratskoalition naturgemäß anders. Die SPD habe „hart mit der CDU gerungen“, räumte SPD-Ratsherr Ulrich Syberg ein. Herausgekommen sei ein Kompromiss. Mit diesem aber könne Herne die Verkehrswende nun endlich richtig anpacken. Das sein ein wichtiger Schritt. Das meinte auch sein Fraktionskollege Roberto Gentilini. Jetzt könne man endlich „massiv loslegen“. Verkehrswende bedeute auch: Auch Geh- und Radwege müssten besser, der ÖPNV attraktiver werden.

Der Autoverkehr soll in Herne um 30 Prozent schrumpfen.
Der Autoverkehr soll in Herne um 30 Prozent schrumpfen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Zufrieden zeigte sich nun auch die Union. Sie stellte klar, dass auch neue Passagen in das städtische Papier eingefügt wurden. So werde nun etwa gefordert, dass auch das ÖPNV-Angebot um 30 Prozent ausgebaut werden soll, sagte Ratsherr Andreas Barzik. Auch die Digitalisierung und die E-Mobilität würden nun stärker berücksichtigt als vom Rathaus ursprünglich geplant.

Am Ende stimmten 36 Ratsvertreterinnen und -vertreter für das überarbeitete Papier zur Verkehrswende. Nein sagten neben Grünen auch Linke und die AfD. Letztere kündigte an, dass sie nach den Kommunalwahlen 2025 „alles“ wieder rückgängig machen werde.