Herne. Das Oberverwaltungsgericht hat mit seiner Entscheidung das Ringen um das Bauprojekt an der Herner Bergstraße beendet. Das sind die Reaktionen.
Das Ringen um den Bau eines Wohnhauses an der Bergstraße 63c in Herne ist beendet. Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) hat seine Entscheidung verkündet. Die Reaktionen der Beteiligten fallen naturgemäß unterschiedlich aus.
Das Urteil des OVG bedeutet eine Niederlage für den BUND: Das Gericht hat die Klage der Naturschutzorganisation gegen den Bau des Wohnhauses im Landschaftsschutzgebiet abgewiesen. Das OVG ist der Auffassung, dass das geplante Wohnhaus nicht im sogenannten bauplanungsrechtlichen Außenbereich liegt, sondern innerhalb eines in Zusammenhang bebauten Ortsteils, dem sogenannten Innenbereich. Damit ist die Baugenehmigung rechtens. Eine Revision gegen das Urteil ist nicht möglich.
Damit ist auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen von April aufgehoben worden. Das Gericht hatte damals entschieden, dass die Baugenehmigung der Stadt für das Mehrfamilienhaus auf einem Privatgrundstück rechtswidrig sei. Die Stadt hatte Berufung eingelegt - mit der Begründung, dass es sich hier um eine Baulücke handele.
Bauherren: Für uns ist es ums Ganze gegangen
Ingrid Reckmeier vom BUND zeigte sich - wenig überraschend - enttäuscht von der Entscheidung der Münsteraner Richter. „Aber wir müssen und werden das Urteil akzeptieren.“ Für sie sei die Begründung des Urteils des Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, das die Baugenehmigung aufgehoben hatte, „viel schlüssiger“ gewesen. „Aber uns war klar, dass es eine enge Entscheidung sein wird“, so Reckmeier im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Das Urteil des OVG bereite ihr Bauchschmerzen, weil nun zu befürchten sei, dass der willkürliche Zugriff auf Grünflächen für Bauvorhaben in der Verwaltung Schule mache.
Mit „Erleichterung“ haben die Bauherren das Urteil registriert. Dabei handelt es sich um drei Familien, von denen auch zwei später im Haus wohnen werden. „Es war großer Druck da, für uns ist es ums Ganze gegangen“, so Ulrich Fuchs. Eine andere Entscheidung wäre eine Katastrophe gewesen, denn der Schaden wäre siebenstellig gewesen. Schon jetzt sei durch Anwaltskosten, Baukosten und Zinsen ein Schaden in Höhe von etwa 250.000 Euro entstanden. Nach dem Urteil sollen die Arbeiten kurzfristig wieder aufgenommen werden.
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschied zunächst im Sinne des BUND
Der Fall nahm im Mai 2022 seinen Lauf, als Anwohner durch Rodungen und die Pläne für ein dreistöckiges Wohnhaus aufgeschreckt wurden. Sie legten Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Fläche geschützt sei und die Stadt Herne selbst mit Verweis auf den Schutz mehrfach Bauvorhaben abgelehnt habe. Die Stadt begründete die Baugenehmigung damit, dass sie einen früheren Fehler korrigiert habe: Das Areal sei eine klassische Baulücke, der damaligen Grundstücksbesitzerin sei es vor Jahrzehnten als Bauland vom damaligen Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR) verkauft worden. Die Frau habe aber nie bauen dürfen, weil der KVR das Gelände nach dem Verkauf als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen habe. Das sei ein Unrecht gewesen, argumentierte die Verwaltung: Sie habe das Grundstück deshalb aus dem Landschaftsschutz herausgenommen und einem Investor, der das Gelände von den Erben der inzwischen verstorbenen Frau gekauft hat, eine Baugenehmigung erteilt.
Mehrere Ortstermine
Der BUND zog vor das Verwaltungsgericht und klagte gegen die Erteilung der Baugenehmigung - zunächst mit Erfolg: Das Gericht hob im Hauptverfahren die Genehmigung auf und stellte klar, dass es sich nicht um eine Baulücke handele, im Vorfeld hatte sich das Gericht die Umgebung in Herne-Süd bei einem Ortstermin angeschaut. Die Stadt akzeptierte das Urteil nicht und legte vor dem OVG Berufung ein. Und das folgte der Argumentation der Stadt - ebenfalls nach einem Ortstermin.
OB: Bitterer Beigeschmack durch Gerüchte und voreilige Schlussfolgerungen
Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda zeigte sich „froh“, dass das OVG die Rechtsauffassung der Verwaltung bestätigt habe, äußerte sich aber auch zu den Begleitumständen des Falls: Der Vorgang habe dadurch einen bitteren Beigeschmack erhalten, dass die Verwaltung durch Gerüchte und voreilige Schlussfolgerungen insgesamt in Misskredit gebracht und städtische Mitarbeitende öffentlich vorverurteilt worden seien. „Der Vorgang hat exemplarisch gezeigt, dass es im Einzelfall natürlich unterschiedliche Rechtsauffassungen zu einem Bauprojekt geben kann. Eine so nicht gekannte Skandalisierung eines Vorhabens darf es aber nicht geben. Am Ende muss uns allen in Herne klar sein: Wir können unsere Stadt nur gemeinsam voranbringen und entwickeln. Dazu gehört die aufrichtige, transparente Zusammenarbeit zwischen Stadtgesellschaft, Politik und Verwaltung“, so Dudda.
Insbesondere die CDU hatte die Verwaltung für die Erteilung der Baugenehmigung hart kritisiert und dem Verkauf des Grundstücks an einen Investor einen „faden Beigeschmack“ attestiert. Außerdem führt die Staatsanwaltschaft Bochum Ermittlungen, die nach WAZ-Informationen im Zusammenhang mit dem Projekt an der Bergstraße stehen. In diesem Zuge gab es auch großangelegte Durchsuchungen, unter anderem im Rathaus. Die Ermittlungen dauerten an, teilte die Staatsanwaltschaft am Freitag auf Nachfrage der WAZ mit.