Herne. Über Herne könnten ab 2028 Gondeln schweben: Der Rat stimmte dafür, die Seilbahn-Pläne voranzutreiben. Wie jetzt die nächsten Schritte aussehen.

Ist eine Seilbahn in Herne sinnvoll und bezahlbar? Das will die Stadt Herne bis 2025 prüfen, anschließend soll die Politik eine Entscheidung für oder gegen den Bau treffen. Diesen Fahrplan beschloss der Herner Rat mit breiter Mehrheit. Oberbürgermeister Frank Dudda hatte zuvor einmal mehr für das Großprojekt geworben: Eine Seilbahn in Wanne-Eickel wäre „nicht nur ein Schub für das Quartier“, sondern „für die gesamte Stadt“ – und würde Herne weiter voranbringen.

Nach den ersten Beratungen in der Politik unter Hinzuziehung von Seilbahn-Experten nach den Herbstferien lag es nun am Dienstag, 31. Oktober, am Rat, die Seilbahn-Pläne zu stoppen oder sie von der Verwaltung genauer prüfen und vorantreiben zu lassen. Die Eckdaten waren bekannt: Die Seilbahn soll zwei Stützen haben und auf einer Länge von 1050 Metern den Hauptbahnhof Wanne-Eickel mit dem Blumenthal-Gelände verbinden. Auf der Zechenbrache südlich des Hauptbahnhofs plant die Stadt die „Techno Ruhr International“, eine internationale Technologiewelt mit einem Mix aus Unternehmen, Forschung, Wohnen und Grün. 3500 Menschen sollen dort einmal arbeiten. Aufs Gelände sollen sie vor allem auch mit der Seilbahn: Zunächst zwei Kabinen für jeweils 40 Menschen sollen in einer Höhe zwischen 34 und 66 Metern zwischen Hauptbahnhof und Technologiewelt pendeln. 500 Menschen pro Stunde können laut Rathaus auf diese Weise innerhalb von 3,5 Minuten transportiert werden.

Herne: Geplante Kosten in Höhe von 32 Millionen Euro

Der Oberbürgermeister ging eingangs noch einmal auf die Hauptkritik der Seilbahn-Gegner ein: auf die geplanten Kosten in Höhe von rund 32 Millionen Euro. Viele Bürgerinnen und Bürger monieren, auch in Social-Media-Beiträgen, dass diese Summe für ganz andere Dinge eingesetzt werden könnte, ja sollte: für marode Straßen und Schulen oder den Ausbau der Kitas. Herne, stellte Dudda erneut klar, müsste und könnte die Hochbahn gar nicht alleine finanzieren. Wenn alles laufe wie geplant, dann komme das Geld aus Fördertöpfen von Bund und Land. Das aber fließe in diesem Fall allein für die Seilbahn.

In der Politik waren in den vergangenen Wochen auch weitere Fragen aufgekommen. Könnten die von der Stadt genannten rund 3500 Menschen nicht besser mit Bus oder Straßenbahn aufs Gelände transportiert werden? Und: Könnte dafür nicht auch ein bestehender, aber nicht mehr genutzter Bahntunnel unter dem Hauptbahnhof reaktiviert werden? Abgesehen vom teuren und umweltbelastenden Bau von Straßen und Trassen sowie später von Lärm, Umweltbelastung und möglichen Staus die Bus und Bahn verursachen würden: Der Betrieb einer Straßenbahn wäre viel teurer, ein Bus käme, aber nur bei entsprechend niedriger Taktung, an die Seilbahn-Betriebskosten heran, so Dudda nach ersten Zahlen. Die Tunnelpläne müsse man aber beerdigen: Der Tunnel sei gar nicht „durchgegraben“, und der Aus- und Weiterbau wäre zu teuer – und für diesen gäbe es auch gar keine Förderung.

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Die Mehrheit der Politik war angetan von den Seilbahn-Plänen. SPD-Verkehrsexperte Ulrich Syberg nannte fünf Grüne für das Ja seiner Fraktion: Eine Seilbahn wäre in den ÖPNV eingebunden, das wäre gut für die geplante Verkehrswende, außerdem wäre sie platzsparend, kostengünstig, klimafreundlich, und sie begeistere die Menschen. Kurz: Man solle die städtischen Pläne mutig vorantreiben, warb Syberg. Ähnlich äußerten sich Christoph Bussmann vom Koalitionspartner CDU und Thomas Bloch von der FDP. Ihr Appell: Die Seilbahn prüfen, entscheiden später.

Über die Gleise am Hauptbahnhof Wanne-Eickel soll die Seilbahn auf die Brache Blumenthal führen.
Über die Gleise am Hauptbahnhof Wanne-Eickel soll die Seilbahn auf die Brache Blumenthal führen. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

„Viel Sympathie, viele Bedenken“ – das hatten nach den Worten von Ratsherr Peter Liedtke die Grünen. Warum nicht erst die Pläne für die Technologiewelt vorstellen, dann die Seilbahn planen? Die Grünen haben unter anderem Bedenken, dass dort keine 3500 Menschen arbeiten werden und eine Seilbahn deshalb gar nicht gebraucht wird. Außerdem befürchten sie, dass trotz Förderung des Bundes ein Eigenanteil von der Stadt für die Hochbahn aufgebracht werden muss. Kategorisch Nein sagten die Linken. Seilbahn ja, „aber nicht an diesem Ort“, stellte Ratsfrau Klaudia Scholz klar. Sie kritisierte die „Betonbebauung“ auf Blumenthal, verwies auf die „planungsrelevante Kreuzkröte“ und schlug stattdessen eine Seilbahn vom Hauptbahnhof Wanne-Eickel zum Bahnhof Herne vor. Letzteres rief viele Lacher hervor: Da könne man besser die Bahn nehmen, so Zwischenrufer.

46 Ja-, vier Neinstimmen, eine Enthaltung

Warb für die Hochbahn: Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda.
Warb für die Hochbahn: Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

OB Dudda konnte die Grünen offensichtlich überzeugen. Die Zahl 3500, sagte er erneut, stamme von Experten und sei noch eher konservativ gerechnet. Und: Die Blumenthal-Pläne, die gerade von einem renommierten Büro erarbeitet würden, sollen Anfang 2024 vorgestellt werden – also ein Jahr, bevor die Politik dann abschließend über den Seilbahn-Bau entscheiden soll. Was die Finanzierung angeht, so rechnet der OB damit, dass das Land durch einen weiteren Fördertopf auch den Eigenanteil übernimmt. Und zur Kreuzkröte: Natürlich solle darauf geachtet werden, dass das Blumenthal-Gelände klima- und umweltgerecht bebaut werde. Die Grünen stimmten am Ende dafür, dass die Seilbahn-Pläne weiterverfolgt werden, auch die AfD sagte Nein. Das Abstimmungsergebnis: 46 Ja-, vier Neinstimmen, eine Enthaltung.

Wenn der Rat 2025 den Seilbahn-Plänen zustimmt, soll die Hochbahn voraussichtlich ab dem Jahr 2027 gebaut werden – und zeitgleich mit den ersten Gebäuden der Technologiewelt ab dem Jahr 2028 fertig sein.