Bochum/Herne. Ein Montagearbeiter aus Herne muss nach einer erschütternden Missbrauchsserie für viele Jahre in Haft - das Gericht übte heftige Kritik.
Ein Montagearbeiter aus Herne ist am Bochumer Landgericht zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Der 44-Jährige hatte zugegeben, sich in der früheren Familienwohnung an der Wiescherstraße jahrelang an seiner anfangs elfjährigen Stieftochter sexuell vergangen zu haben. Selbst als 2016 die Mutter (34) des Mädchens verstorben war, hatte der Witwer die Übergriffsserie fortgesetzt.
„Uns erschüttert, dass dieser Schicksalsschlag nicht spätestens ein Weckruf für Sie gewesen ist, zu sagen, so geht das einfach nicht mehr weiter“, sprach Richter Carsten Schwadrat den Angeklagten direkt an. Noch viel schlimmer: Der 44-Jährige habe sogar in Ansätzen den Eindruck vermittelt, den Tod seiner Frau danach als eine Art „Freifahrtsschein“ aufzufassen. Auch dass der Herner versucht habe, seine Stieftochter, die im Mai 2021 und damit knapp drei Jahre nach dem letzten Übergriff Strafanzeige erstattet hatte, durch teils pietätlose Einschüchterungen zum Schweigen oder Umdenken zu bringen, kritisierten die Richter scharf. „Das war wirklich das Letzte. Das war unterste Schublade“, hieß es.
Stieftochter aus der Opferrolle gedrängt
Der 44-Jährige soll unter anderem mit den Gefühlen der Halbwaisen (heute 22) gespielt haben, indem er erklärt haben soll, er sei froh, dass die Mutter nicht mehr lebe und mitbekommen müsse, was für ein Verhalten sie mit der Strafanzeige an den Tag lege. Dieser psychisch Druckaufbau sei ein perfider Versuch gewesen, die Aufdeckung zu unterbinden, urteilte die 13. Strafkammer. „Sie waren es doch, der die Tochter ihrer Ehefrau jahrelang missbraucht hat“, sagte der Richter. Die Stieftochter aus der Opferrolle zu drängen, mit ihrem Gewissen zu spielen, ihr eigene Fehler anzudichten, stelle „die Geschehnisse wirklich von den Füßen auf den Kopf“.
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Und noch ein weiterer schockierender Umstand müsse dem Stiefvater klargemacht werden. „Sie haben ihrer Stieftochter den Missbrauch als Normalität anerzogen. Das Mädchen hat die Übergriffe zu Beginn genauso selbstverständlich mitgemacht wie Zähneputzen“, hieß es in der Urteilsbegründung. Glücklicherweise habe man den Eindruck gewonnen, dass die inzwischen beruflich auf eigenen Beinen stehende Nebenklägerin mit der Vergangenheit vergleichsweise erträglich umgehen könne.
Herner hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt
Der zuvor unbestrafte Herner hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Seine Verteidigung sei im Prozess „ausgesprochen fair“ geführt worden, hob das Gericht anerkennend hervor. Das Urteil lautet unter anderem auf sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen und Kindern in 63 Fällen.