Herne. Der Wanner Kanu-Verein kämpft ums Überleben. Von seinem Grundstück muss er weg, die Lösung der Stadt sei „eine Katastrophe“, klagt der Club.
Der Wanner Kanu-Verein schlägt Alarm: Durch den Bau des Wohnquartiers „Grimberger Pier“, den geplanten Häusern direkt am Rhein-Herne-Kanal, droht dem Club das Aus. Die Stadt, fordern die Kanuten, soll dem Verein ein vernünftiges Ausweichquartier zur Verfügung stellen. Unterstützung erhalten sie aus der Politik. Bleibe es bei der aktuellen Regelung, warnt Bürgermeisterin Andrea Oehler (CDU), „dann ist der Verein kaputt“.
Der Wanner Kanu-Verein (WKV) hat sich in Unser Fritz eine Idylle am Wasser geschaffen. Bootshaus, Lagerhalle, Jugend- und Fitnessraum, dazu ein großes Außengelände – das sei genau das, was der Verein brauche, sagt Vorstandsmitglied Claus Küpper, zur WAZ. Denn: Zu den aktiven 50 Mitgliedern zählten vor allem Kinder und Jugendliche, mit denen die Erwachsenen aufs Wasser gehen. Da sei Platz nötig, denn der Verein mache eine besondere Jugendarbeit. Sie sei integrativ und interkulturell ausgerichtet, dafür sei der WKV auch ausgezeichnet worden. Nun stehe das, was über Jahrzehnte aufgebaut wurde, auf dem Spiel.
Herne: „Ich glaube nicht, dass das der Verein überleben würde“
Denn zum Ende des Jahres sei dem Verein gekündigt worden. Zwar gehörten ihm die Gebäude, nicht aber das Grundstück. Und weil es zu dem Areal gehört, auf dem die Skiba-Gruppe für 20 Millionen Euro das Vorzeigequartier Grimberger Pier mit 80 Mietwohnungen bauen will, müssen die Kanuten weichen. Die städtische Tochter Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) und die Skiba-Gruppe haben dem Verein versprochen, dass er auf dem künftigen Komplex unterkommen kann, genauer: in der ehemaligen Dannekampschule, die ebenfalls zum Wohn- und Kita-Standort umgebaut und in das Quartier integriert wird. Diese Lösung, sagt Küpper, sei alles andere als ideal. Weit schlimmer sei aber die Zwischenlösung, die sich die SEG ausgedacht habe: Bis der Umbau der Dannekampschule fertig ist, soll der Verein in Container ziehen. „Drei Sommer in Containern – ich glaube nicht, dass das der Verein überleben würde“, so der 44-Jährige.
Zur Verfügung gestellt werden sollen dem Club bis zu vier Übersee-Container: einer für den Aufenthalt, einer für die Toiletten und Duschen und einer oder zwei als Lager. Das reiche hinten und vorne nicht, kritisiert Küpper. So viele Jugendliche in einen Container? Und vor allem: Wohin mit den 80 Kajaks? Die passten keinesfalls in einen oder zwei Container. Vorschlag der SEG: Der Verein dürfe sie in einer der Hallen im künftigen Funkenbergquartier am Herner Bahnhof, wo auch die Polizeihochschule gebaut werden soll, unterbringen. Der 44-Jährige, promovierter Biologe, ist entsetzt. „Diese Lösung ist eine Katastrophe“, klagt er.
Denn: Die Erwachsenen müssten die Boote vor dem Training mit Trailern abholen. Das gehe gar nicht: Die Ehrenamtlichen kämen am Nachmittag von der Arbeit, müssten dann mit Anhängern nach Herne-Mitte, dort die Boote aufladen, verzurren und anschließend nach Unser Fritz fahren, um sie dort loszuschnallen und abzuladen, damit die Kinder und Jugendlichen aufs Wasser könnten. Diese Zeit – etwa anderthalb Stunden dauere der Aufwand – habe niemand. Damit sei ein Training gar nicht mehr möglich. Davon mal abgesehen, dass die Boote anschließend ja auch wieder aufwendig nach Herne-Mitte gekarrt werden müssten.
Versprochen worden sei dem Verein bislang von der SEG, dass er so lange in seinen Räumen bleiben könne, bis die Dannekampschule umgebaut sei, um dann direkt dort einziehen zu können. Nun sei dem WKV plötzlich gekündigt und die Containerlösung präsentiert worden. Bleibe es dabei, dann könne der Verein einpacken.
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Das glaubt auch Bürgermeisterin Andrea Oehler (CDU). Für die Sitzung der Bezirksvertretung Wanne am Dienstag, 22. August, hatten CDU und SPD einen Sachstandsbericht gefordert, der auch die Zukunft des Kanuvereins beleuchten sollte. Stadtmitarbeiter Thomas Figgener erläuterte die bekannte Containerlösung. Diese soll umgesetzt werden, bis die Dannekampschule im Frühjahr 2026 fertig umgebaut sei. Das löste bei den Bezirksverordneten Stirnrunzeln bis Ärger aus. Dass diese Lösung nicht reiche, so der Tenor, habe der Verein bereits gesagt. Nun müsse eine bessere her. „Wo ist hier die SEG?“, fragte Ratsfrau Andrea Oehler, die nicht dem Gremium angehört, sich aber zu Wort meldete. Sie hätte erwartet, dass ein Vertreter der städtischen Tochter vor Ort ist, um über das Problem zu diskutieren. Ihr Appell an Stadt und SEG: Beide sollen sich „Gedanken machen, wie der Verein überleben kann“.
Das fordert auch der Club. Die beste Lösung, so Vorstand Küpper, sei ein neues Vereinsquartier am Wasser. Nötig sei dafür zunächst einmal ein Gelände. Bei der Bebauung könne der Verein notfalls selber aktiv werden. Nur mit einem Anschluss des Clubs und der Boote ans Wasser habe dieser eine Überlebenschance. Ein Quartier am Wasser sei allemal auch besser als eins in der Dannekampschule. Dort wäre er – mitten in einem Wohnquartier – immer ein Fremdkörper.