Herne. Die Herner CDU-Fraktion hat einen neuen Vorsitzenden gewählt: Christoph Bußmann. Viele sagten aber Nein. Nun will er „mit Leistung überzeugen“.
- Mit 63,6 Prozent wurde Christoph Bußmann zum neuen CDU-Fraktionschef gewählt.
- 35-Jähriger rückt als Neuling aber erst noch in den Rat nach.
- Großes Stühlerücken im Fraktionsvorstand.
Christoph Bußmann ist neuer Fraktionsvorsitzender der CDU in Herne. Der 35-Jährige wurde am Montagabend, 21. August, von der Ratsfraktion mit 63,6 Prozent der Stimmen gewählt. Bußmann tritt die Nachfolge von Timon Radicke (37) an, der im Sommer seinen Rückzug für Mitte August erklärt und das mit einem Jobwechsel begründet hatte.
Ursprünglich sollte der oder die Neue bereits vor einer Woche gewählt werden. Der Termin musste aber verschoben werden, weil es hinter den Kulissen noch reichlich Redebedarf gab. Grund: Der bisherige fünfköpfige Fraktionsvorstand war auf den bisherigen Fraktionschef Radicke zugeschnitten. Potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten mussten also ausloten, ob genug Parteifreundinnen und -freunde aus dem eigenen Lager im Fraktionsvorstand sitzen – und wenn nicht, wer zum Rückzug und zum Nachrücken bereit ist.
Herne: Neuer Vorsitzender ist im Rat ein Neuling
Dass Christoph Bußmann nun auch an die Spitze der Ratsfraktion rückt, ist letztlich keine große Überraschung. Auch wenn im Vorfeld mehrere potenzielle Nachfolgerinnen und Nachfolger gehandelt wurden: Bußmann, hauptberuflich Mitarbeiter im Jobcenter Gelsenkirchen, war Topfavorit und bekannte auch selbst, dass er nicht abgeneigt sei, Radicke auch an der Fraktionsspitze zu beerben. Vor einem Jahr hatte Bußmann bereits die Nachfolge Radickes an der Parteispitze angetreten. Die Frage war allein: Bekommt Bußmann, parteiintern zuletzt Radickes Rivale, auch genug Rückhalt im Fraktionsvorstand?
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Er bekommt. Von den elf Fraktionskolleginnen und -kollegen (einer war im Urlaub) stimmten sieben für Bußmann, vier sagten Nein. Gegenkandidaten gab es keine. Die vergleichsweise eher dünne Zustimmung wolle er nicht überbewerten, sagt er zur WAZ. Er fügt aber an: „Die kritischen Stimmen muss ich ernst nehmen.“ Seine Kritikerinnen und Kritiker, kündigt er an, möchte er einbinden, er wolle „mit Leistung überzeugen“. Bei der nächsten Wahl zum Fraktionschef, so zeigt sich der 35-Jährige zuversichtlich, „wird sich das Stimmungsbild ändern“.
Auch wenn die Wahl Bußmanns keine große Überraschung ist, so ist sie doch zumindest ungewöhnlich. Denn: Der 35-Jährige gehörte dem Rat bislang gar nicht an. Erst durch den Abschied Radickes kommt er in das Gremium, weil er als erster Nachrücker oben auf der Liste steht. Seine erste Ratssitzung hat er im September. Als Neuling direkt Fraktionschef? Bußmann war vor diesem Schritt nicht bange: Er kenne die Politik und die Akteure, auch beim Koalitionspartner SPD sei er gut vernetzt, sagt er zur WAZ. Auch dass er nun beide Spitzenämter innehat – den Partei- und Fraktionsvorsitz – sieht er nicht als Hindernis. Im Gegenteil: Es sei „durchaus sinnvoll“, beide Funktionen in einer Hand zu haben. Sein Vorgänger Radicke sah das zuletzt anders.
Vorstand: Jetzt eine Beisitzerin mehr
Eine Überraschung gab es doch: In einem Rutsch wurde auch der Fraktionsvorstand neu gewählt. Er erhält ein in weiten Teilen neues Gesicht und wurde erweitert. Das sei nichts Ungewöhnliches, meint Bußmann. Ein Fraktionsvorsitzender müsse mit Vertrauten zusammenarbeiten. Im Vorfeld seiner Kandidatur habe er deshalb mit allen Fraktionskollegen Gespräche geführt und ihnen seine Vorstellungen, gerade auch über die Zusammensetzung des neuen Vorstands, erläutert. Das von ihm gewünschte Stühlerücken hat demnach offensichtlich funktioniert.
Stellvertretender Vorsitzender bleibt der 58-jährige Michael Lewburg (acht Ja-, drei Nein-Stimmen). Die weiteren Vorstandsmitglieder: Neuer Schatzmeister ist der 40-jährige Björn Wohlgefahrt (sieben Ja-, zwei Nein-Stimmen, zwei Enthaltungen), der Andrea Oehler (65) ablöst. Auch die Beisitzer Andreas Barzik (57) und Sven Rickert (48) scheiden aus. Neu im Vorstand sind dafür die Beisitzerinnen Angelika Hörling (64 Jahre, sieben Ja-Stimmen), Maria Schmidt (69 Jahre, acht Ja-Stimmen) und Bettina Szelag (61 Jahre, neun Ja-Stimmen); Nein-Stimmen gibt es bei der Beisitzer-Wahl nicht. Als Bürgermeisterin ist Andrea Oehler laut Geschäftsordnung weiter Mitglied im Vorstand. Damit gibt es jetzt eine Beisitzerin mehr, was erst eine Änderung der Geschäftsordnung möglich machte. Er wolle eine Parität von Männern und Frauen, so wie zuvor auch im CDU-Parteivorstand, begründet Bußmann.
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Er wolle sich nun schnell in die Fraktionsarbeit einarbeiten, kündigt er an. Wichtig sei ihm auch die Fortführung der „guten Zusammenarbeit“ mit der SPD, sprich: der rot-schwarzen Koalition im Rat. Wichtiges Thema sei jetzt der Haushalt, der aufgestellt werden müsse. „Wir müssen schauen, das wir die Stadt handlungsfähig machen.“
Übrigens: Scheidet vor den nächsten Kommunalwahlen 2025 ein weiterer CDU-Ratsherr aus, dann kommt als nächster Nachrücker ein bekanntes Gesicht zum Zuge: Heiner Kranemann. Er war bis 2020 Ratsherr.