Herne. So gut wie alle Apotheker in Herne schließen für einen Tag ihr Geschäft. Sie fühlen sich im Stich gelassen. Was das für Kunden bedeutet.

Apothekerinnen und Apotheker sind bedient. „Wir fühlen uns von der Politik im Stich gelassen“, sagt Angela Kischkel, Kreisvertrauensapothekerin in Herne. Das größte Problem seien nach wie vor die Lieferengpässe und die Unterversorgung, „und da hängt ein ganzer Rattenschwanz dran“. Es sei unglaublich schwierig, die Menschen vernünftig zu versorgen. „Viele Medikamente sind nicht verfügbar, die Patientinnen und Patienten sind verunsichert, und die Arbeit in den Apotheken wird immer stressiger“, so Kischkel.

Die Politik scheine die angespannte Lage zu ignorieren. Deswegen werde es nun an diesem Mittwoch, 14. Juni, einen bundesweiten Protesttag geben, an dem die Apotheken geschlossen bleiben. „Bis auf wenige Ausnahmen machen alle Kolleginnen und Kollegen in Herne mit“, freut sich Kischkel. Rund 33 Apotheken gebe es in Herne, und wohl nur zwei Apotheker wollten ihre Geschäfte öffnen. Hinzu komme ein Notdienst, den übernehme die Neue Apotheke auf der Bahnhofstraße 28.

Apotheker fordern: Abschaffung von Bürokratie

„Wir fordern eine sichere und zuverlässige Arzneimittelversorgung, die Abschaffung von Bürokratie und Rabattbeträgen und eine bessere Honorierung unserer umfangreichen Leistungen“, fasst Kischkel die Forderungen zusammen. „Schließlich versuchen wir jeden Tag, Lösungen für die Patienten zu finden, damit diese trotz Lieferschwierigkeiten gut versorgt werden.“ Hinzu kämen: persönliche Beratung, auch telefonisch, Nacht- und Notdienst, Rezepturherstellung, Botendienst, guter Erreichbarkeit. Erst Corona und jetzt das: „Viele von uns gehen auf dem Zahnfleisch und sind am Limit.“

Die protestierenden Apotheker wollten am Mittwoch von 9 bis 13 Uhr in der Herner Innenstadt mit einem Infostand Flagge zeigen und auf ihre Situation aufmerksam machen, so Kischkel, Inhaberin der Convita-Apotheke, die zwei Standorte hat. Die Zustimmung der Patientinnen und Patienten für die Schließung sei sehr groß.: „Die meisten verstehen, was wir damit erreichen möchten und dass es nötig ist, um Aufmerksamkeit zu erreichen.“ Letztendlich gehe es ja auch um eine bessere Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln. Auch bei den Ärzten träfen die Apothekerinnen und Apotheker auf viel Verständnis.

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Die Motivation für junge Kolleginnen und Kollegen, sich selbstständig zu machen, schwinde. Viele junge Kolleginnen und Kollegen scheuten den Gang in die Selbstständigkeit, weil die Erträge nicht mehr zeitgemäß seien und die Gefahr auf den Kosten sitzen zu bleiben, immer größer werde. „Der Beruf ist eigentlich so schön, aber es ist verständlich, dass sich unter diesen Bedingungen niemand mehr selbstständig machen möchte.“ Und das habe Auswirkungen auf die Zukunft der Apotheken. Schon jetzt schließen jeden Tag Apotheken, sagt Kischkel. „Ich weiß, dass noch in diesem Jahr weitere in Herne schließen werden.“

Das gefährde die flächendeckende Versorgung. Bereits heute gebe es in einigen Gebieten in Herne keine einzige Apotheken mehr. Zudem sei der Personalmangel eklatant, weil die Bezahlung in Industrie und Verwaltung besser sei und der Nachwuchs zu wenig gefördert werde.