Herne. Die Herner SPD hat sich viel Arbeit zum Thema Arbeit gemacht und eine ganze Reihe von Veranstaltungen durchgeführt. Worum es ging, wo es hakte.
Aufwand und Ambition waren enorm: Die Herner SPD hatte im Mai zu vier öffentlichen Veranstaltungen rund ums Thema Arbeit eingeladen. Der „Lohn“ hielt sich in Grenzen: Menschen ohne Parteibuch erreichten die Genossinnen und Genossen bei drei der vier Treffen so gut wie gar nicht. Die Bilanz fällt unterm Strich trotzdem positiv aus.
Die Vier-Tage-Woche
Im Café Extrablatt in Herne-Mitte diskutierte die SPD über Chancen und Risiken der Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. SPD-Ratsherr Patrick Steinbach, Bogestra-Betriebsrat und Sozialausschuss-Vorsitzender, saß nicht nur ganz links, sondern positionierte sich als Befürworter dieses Modells auch inhaltlich dort. Er redete gegen die (zu) laute musikalische Beschallung an sowie gegen Einwände und Argumente von Carsten Bielefeld, dem Chef der SPD-Selbstständigen in Herne und NRW, und anderen Unternehmern, die Einwände mit Erfahrungen aus ihrer Praxis unterfütterten.
Das Bürgergeld
Waschen, schneiden, labern – aber mit Tiefgang: Für den Austausch über das am Anfang des Jahres anstelle von Hartz IV eingeführte Bürgergeld hatte die SPD ins „Haarerlebnis“ eingeladen, den Friseursalon von Tanja Piotrowskis auf der Edmund-Weber-Straße in Röhlinghausen. Aus Düsseldorf (mit etwas Verspätung) angereist war die Landtagsabgeordnete Lena Teschlade (34), die wie Moderator und SPD-Vorstandsmitglied Saudin Cizmic „vom Fach“ ist: Sozialarbeiterin.
„Lohnt sich arbeiten wirklich nicht mehr?“ lautete der Untertitel der Veranstaltung. Teschlades Antwort unter Verweis auf Aufstocker und niedrige Renten: Nein, Arbeit lohne sich tatsächlich manchmal nicht. Die SPD habe die Verantwortung, dem entgegenzuwirken und das Ausbreiten prekärerer Beschäftigung zu verhindern. Die Kölnerin warnte aber davor, so wie die CDU hier einzelne Gruppen gegeneinander auszuspielen. Davon profitierten am Ende nur die Rechten.
Familie und Beruf
Er funktioniert noch, der gute, alte Infostand in der Innenstadt. Dabei sollte die Veranstaltung „Familie und Beruf – Geht das zusammen?“ eigentlich auf dem Spielplatz im Stadtgarten stattfinden, was dann aber an rechtliche Hürden scheiterte. Dass am Kugelbrunnen auf der Bahnhofsstraße der Austausch mit Eltern und Erziehenden so rege war, lag vor allem an einem Quartett: Julia Steinbach, Vorsitzende der SPD-Frauen, die SPD-Vorstandsmitglieder Nicole Marek und Sandra Thiel sowie die SPD-Bezirksverordnete Tanja Borowski holten proaktiv Bürgerinnen und Bürger an den Stand, wo diese ihre Wünsche und Forderungen auch schriftlich bekunden konnten. Die lauteten unter anderem: „Schulanfang später“, „Betriebskindergärten“ oder „Flexibilität der Arbeitszeit“.
Ausbildungsgarantie und Fachkräftemangel
Knapp zwei Stunden sprach die SPD im Hinterzimmer von Molly’s Pinte an der Claudiusstraße unter fachkundiger Moderation des Vorstandsmitglieds (und DGB-Mitarbeiters) Andreas Jansen und des Wanner Ortsvereins-Chefs Winfried Marx über „Ausbildungsgarantie – Gegen Fachkräftemangel. Für Perspektiven.“ Vor allem zwei Dinge blieben hängen: Wie leidenschaftlich und vielschichtig Moderatoren sowie Zuhörerinnen und Zuhörer über das wichtige, aber eher trockene Thema diskutierten. Und: Welche Mengen an Pommes und Kartoffelecken (fast) alle Gäste während der Veranstaltung verdrückten.
Das Resümee
SPD-Chef Hendrik Bollmann zog in Molly’s Pinte eine erste Bilanz der neuen Reihe zum Schwerpunkt Arbeit, die künftige jährlich stattfinden soll. Arbeit sei nach wie vor das wichtigste Thema der Sozialdemokratie: „Da kommen wir her, das wollen wir wiederbeleben.“ 2024 werde es aber einige Nachjustierungen geben, sagte der 40-Jährige und räumte kleinere Geburtsfehler ein. So sollen die Veranstaltungen künftig vor dem 1. Mai stattfinden und möglichst nicht direkt vor Feiertagen oder Wochenenden. Und ja, sie hätten sich mehr Zuspruch von Nicht-Parteimitgliedern erhofft. Aber: „Wir sind froh, dass wir diese Reihe zum Start überhaupt auf diese Weise haben schultern können.“ Die inhaltliche Bandbreite könne sich sehen lassen.
>>> Nominierung von Michelle Müntefering für die Europawahl
Noch in zwei weiteren Veranstaltungen will sich die SPD mit dem Thema Arbeit beschäftigen. Am Dienstag, 30. Mai, trifft sich der Parteivorstand im Volkshaus Röhlinghausen mit Betriebs- und Personalräten zu einer Konferenz.
Um „Europa und Arbeit“ geht es dann am Mittwoch, 31. Mai, ab 18 Uhr beim SPD-Parteitag, der (fast zeitgleich zur im Veranstaltungszentrum Gysenberg tagenden Bezirksvertretung Sodingen) im Bürgersaal der Akademie Mont-Cenis, Mont-Cenis-Platz 1, stattfindet. Dass Michelle Müntefering die zentrale Rede halten wird, liegt nahe, denn: Die SPD-Bundestagsabgeordnete will bekanntlich 2024 bei der Europawahl antreten. Ihre offizielle Nominierung soll im Volkshaus direkt im Anschluss an den Parteitag etwa gegen 19.30 Uhr in einer Delegiertenkonferenz erfolgen.