Herne. Die Linken forderten im Rat, dass die Stadt Herne den Bau eines umstrittenen Wohnhauses stoppt. Warum OB Frank Dudda da die Hutschnur platzte.
Der umstrittene Bau eines Hauses in Herne hat im Rat hohe Wellen geschlagen. Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) warf der Linken-Stadtverordneten Klaudia Scholz vor, dass sie sich nicht auf dem Boden des Rechtsstaats bewege. Hintergrund war ein Antrag der Linken, die einen Baustopp gefordert hatten. „Sie wollen mich verpflichten lassen, in die Gewaltenteilung Deutschland einzugreifen“, kritisierte der OB. Er sprach von einem „schier unglaublichen Vorgehen“.
Hintergrund ist ein Mehrfamilienhaus, das an der Bergstraße in Herne-Süd gebaut wird. Das Grundstück gehörte bislang zum Landschaftsschutzgebiet, die Verwaltung änderte aber ihre Rechtsauffassung, nahm es aus dem Landschaftsschutz heraus und erteilte einem Investor eine Baugenehmigung. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen beschloss daraufhin einen Baustopp, das Oberverwaltungsgericht Münster hob den Beschluss später auf und will in Kürze abschließend über den Fall entscheiden. Zuletzt gipfelte der Streit in einer Razzia der Staatsanwaltschaft. Sie führt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung gegen einen Mitarbeiter der Stadt Herne sowie einen Externen durch. Der beschuldigte städtische Mitarbeiter, so die Behörde, soll für ein Unternehmen einen „rechtswidrigen Verwaltungsakt“ erwirkt und dafür einen Vorteil erhalten haben.
Herne: OB erteilt Ratsfrau eine juristische Lehrstunde
Die Linken beantragten nun, dass der Rat einen sofortigen Baustopp an der Bergstraße verfügt, bis ein abschließendes Urteil gefällt ist. Auf dem Grundstück sei bereits alles abgeholzt worden, nun werde immer weiter gebaut, so Ratsfrau Klaudia Scholz am Dienstag im Rat. „Der dort entstandene hohe Schaden für die Herner Menschen ist für die nächsten Generationen nicht wieder gut zu machen und auch nicht zu entschuldigen“, meinte sie.
Diesen Antrag könne er so nicht stehen lassen, entgegnete Oberbürgermeister Frank Dudda – und erteilte Klaudia Scholz als ehemaliger Anwalt eine juristische Lehrstunde. In dieser Sache gehe es „um die Grundlage unseres Rechtsstaates“: „Sie wollen mich verpflichten lassen, rechtswidrig zu handeln“, so der sichtlich angesäuerte Oberbürgermeister. Und: „Sie wollen mich verpflichten lassen, in die Gewaltenteilung Deutschlands einzugreifen.“ Er stellte klar, dass er nicht in ein gerichtliches Verfahren, in dem das Oberverwaltungsgericht bereits einmal gesprochen habe, eingreifen könne und wolle. „Ich kann das nicht mehr durchgehen lassen“, schimpfte er schließlich – und bat die Linken-Stadtverordnete „eindringlich“, „sich auf dem Boden unseres Rechtsstaates wieder einzufinden.“
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Klaudia Scholz selbst sah den Sachverhalt nach der Schimpfkanonade des Oberbürgermeisters noch genauso wie vorher. „Natürlich“ könne er einen Baustopp verfügen, meinte sie. Der Rat sah das anders: Nur die drei Linken-Stadtverordneten stimmten für ihren Antrag, alle anderen lehnten ihn ab.
Im Laufe der Ratssitzung äußerte sich Frank Dudda noch einmal zum Thema und berichtete über die staatsanwaltlichen Ermittlungen. Diese dauerten an. „Unser Rechtsberater schätzt die Lage nach dem jetzigem Ermittlungsstand so ein, dass die Unschuldsvermutung mit Blick auf die Vorwürfe Bestechung und Bestechlichkeit mehr und mehr in den Vordergrund rückt“, so der OB, ohne das näher auszuführen. Selbstverständlich nehme die Verwaltung die Überprüfung dennoch zum Anlass, Prozesse zu hinterfragen und gegebenenfalls zu optimieren. Außerdem unterstütze das Rathaus alle Aktivitäten, „die dazu führen, rechtswidriges Handeln aufzudecken – wenn es ein rechtswidriges Handeln gibt“.