Herne. Die SPD wirft der Stadt Herne nach den Silvesterkrawallen in Wanne Versagen vor. Warum der Kommunale Ordnungsdienst „blauäugig“ gewesen sei.
In der Politik haben die Silvesterattacken in Wanne-Mitte jetzt ein politisches Nachspiel. Die SPD kritisierte in der Bezirksvertretung Wanne, dass gewalttätige Jugendliche durch die Fußgängerzone ziehen konnten. Ein Unding: Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) sei gar nicht vor Ort gewesen. „Ich hoffe, dass wir so etwas nicht noch einmal erleben müssen“, sagte die SPD-Bezirksverordnete Uta Linnemann. Sie stellte klar: „Die Hauptstraße ist kein rechtsfreier Raum.“
Schon in den Tagen vor Silvester, kritisierte Uta Linnemann, sei immer wieder Feuerwerk abgebrannt worden. Menschen hätten in Gesprächen, aber auch in Berichten auf Social-Media-Kanälen unter anderem nächtliche Böller und Kanonenschläge kritisiert. Am 31. Dezember sei die Situation auf dem Buschmannshof dann eskaliert – „in ungezügeltes Abschießen der Feuerwerkskörper auf Sachen und Personen“. Anwohnerinnen und Anwohner hätten erzählt, „dass sie aus Sorge um ihre körperliche Unversehrtheit die Wohnung nicht verlassen konnten“.
Herne: Videos auf TikTok zeigen Attacke
Was in Wanne-Mitte in der Silvesternacht passierte, war schnell auf der Video-Plattform TikTok zu sehen. Dort wurden Videos hochgeladen, die das Treiben rund um den Buschmannshof zeigen. Darauf ist unter anderem zu sehen, wie ein Mann eine Silvesterrakete anzündet und diese gezielt ins Foyer der dortigen Sparkassen-Filiale abfeuert. In weiteren Szenen kann man erkennen, dass auch auf andere Gebäude, etwa die Ruhr-Apotheke, mit Feuerwerkskörpern geschossen wird. Auch Menschen werden gezielt mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Irgendwann trifft die Polizei ein.
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Die Bilanz: Vor einem Geschäft ging ein Sonnenschirm in Flammen auf, im Sparkassen-Foyer mussten Schmauchspuren entfernt werden. Außerdem, so berichtete am Dienstag in der Bezirksvertretung Wanne Lars Dorobeck vom städtischen Fachbereich öffentliche Ordnung, gab es an einem Zigarettenautomaten eine Beschädigung durch Böller, eine Sachbeschädigung an einem Pkw-Seitenspiegel, zudem wurde eine Flasche aus einem Fenster gegen eine andere Scheibe desselben Wohnhauses geschmissen. Entsprechende Anzeigen seien geschrieben worden.
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Auf Anfrage der SPD teilte Dorobeck in der Sitzung mit, dass der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) in der Silvesternacht nicht vor Ort gewesen sei: „Die Erfahrungen aus den vorangegangenen Jahren lieferten keinen Anlass für entsprechende Schritte.“ Dass der KOD nicht da war, löste (nicht nur) bei der SPD Kopfschütteln aus. Nach zwei Jahren Corona mit entsprechender Ruhe zum Jahreswechsel sei abzusehen gewesen, dass Menschen nun verstärkt ins Freie drängen würden, um Raketen und Böller abzufeuern, sagte Linnemann. In Medien sei zudem darauf hingewiesen worden, dass es Silvester Probleme, sprich: Attacken geben könne.
SPD-Ratsherr Frank Salzmann fügte an, dass die Probleme mit Jugendlichen in Wanne-Mitte nicht zuletzt durch die Berichte von Geschäftsinhabern ohnehin bekannt seien. Deshalb, resümierte Uta Linnemann, sei es „blauäugig“ von der Stadt gewesen, dass sie darauf vertraut habe, dass schon nichts passieren werde – und deshalb den KOD nicht nach Wanne-Mitte entsandt habe. „Eine Grundlage für derartige Sorgen war aus den Erfahrungen der Vorjahre nicht gegeben“, wiederholte Lars Dorobeck (Stadt).
Noch einmal, so die Forderung der SPD-Bezirksfraktion in Richtung Stadt, möchte sie Attacken wie diese nicht erleben. Uta Linnemann wollte von der Verwaltung wissen, wie sie zum Jahreswechsel 2023/2024 vorgehen könne, um eine „Wiederholung der Geschehnisse“ zu vermeiden. Die Stadt wolle gemeinsam mit der Polizei die Ereignisse der Silvesternacht auswerten „und gegebenenfalls weitere Akteure der Stadtgesellschaft an der Evaluierung und Planung sich daraus ableitender und notwendiger Maßnahmen beteiligen“, antwortete Lars Dorobeck.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Strafen und Bußgelder drohen
Auch in Herne-Mitte wurden schon Tage vor dem Jahreswechsel immer wieder Raketen abgeschossen und Böller gezündet. Am 30. Dezember gab es dann im Bereich der Stadtgalerie am Robert-Brauner-Platz einen Vorfall, bei dem eine Frau schwer verletzt wurde. Laut Polizei soll sie sich über das Abbrennen von Pyrotechnik beschwert haben. Daraus habe sich die Auseinandersetzung entwickelt. Die im Gesicht blutüberströmte Frau wurde durch den Rettungsdienst versorgt.
Das Abbrennen von Feuerwerk und das Zünden von Böllern ist nur am 31. Dezember und am 1. Januar erlaubt. Außerhalb dieses Zeitraums wird die Böllerei als Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz gewertet. Es drohen empfindliche Strafen und Bußgelder.