Herne. Hat Hernes Kämmerer auf eine Presseanfrage die Unwahrheit gesagt? Und: Warum steht die SPD vor einem Wahlmarathon? Antworten im Politgeflüster.
Der Kämmerer muss sich hinsichtlich seines Wohnsitzes selbst korrigieren, die SPD stellt personelle Weichen, die Vorauswahl bei der Besetzung der Chudziak-Nachfolge im Sozialdezernat ist erfolgt – der Wochenrückblick im Politgeflüster.
(K)ein Zweitwohnsitz in Herne
Über die indirekte Wohnsitzauflage für städtische Dezernenten hat die WAZ in der vergangenen Woche in Zusammenhang mit der Neubesetzung des Dezernats für Soziales, Gesundheit und Kinder-Jugend-Familie berichtet. Kämmerer Hans Werner Klee erklärte auf eine aktuelle Anfrage der Redaktion, dass sich bei ihm „nichts geändert“ habe. Das heißt übersetzt: Er ist der in der ersten Ausschreibung für seine Stelle im Jahr 2012 formulierten Erwartung, seinen Wohnsitz nach Herne zu verlegen, auch nach seiner Wiederwahl im Jahr 2020 nicht gefolgt und hat seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in Bochum-Langendreer. Und: Er hat aber nach wie vor einen Zweitwohnsitz in Herne. Nach Veröffentlichung des Berichts erhielt die WAZ jedoch den Hinweis, dass Klee seinen Herner Zweitwohnsitz längst gekündigt habe – und zwar direkt nach seiner Wiederwahl vor zweieinhalb Jahren. Ja, er habe die Wohnung gekündigt, muss der Kämmerer und Stadtdirektor nun auf neuerliche Anfrage der WAZ einräumen. Und: „Wenn sich durch meine bisherigen Ausführungen Irritationen ergeben haben, bedaure ich dies“, umschreibt der 64-Jährige die Tatsache, dass er die Anfrage nicht wahrheitsgemäß beantwortet hat.
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Obwohl er nach wie vor der Auffassung sei, dass es sich „um eine private Angelegenheit“ handele, wolle er für eine entsprechende Transparenz sorgen: „Meine Zweitwohnung in Herne habe ich bereits deutlich vor meiner Wiederwahl aufgegeben. Die formale Abmeldung bei den Meldebehörden ist allerdings versehentlich erst später erfolgt.“ Eine neue Zweitwohnung in Herne habe er nicht bezogen, da sich aufgrund der räumlichen Nähe zu seinem Hauptwohnsitz (circa 15-20 Autominuten) daraus kein Nutzen für die Ausübung seiner Tätigkeit ergeben hätte. Diese Aussage mag formal richtig sein, ändert aber a) nichts an der Wohnsitz-Empfehlung in der Ausschreibung des Rats und wirft b) die Frage auf, warum er dann trotzdem 2012 eine Zweitwohnung in Herne genommen hatte. Und c) ist nach wie vor rätselhaft, warum er vor zehneinhalb Jahren vor und nach seiner Wahl zum Kämmerer öffentlich angekündigt hatte, seinen Wohnsitz von Bochum nach Herne verlegen zu wollen.
Dezernat: Drei von 13 sind noch im Rennen
Auch in der aktuellen Stellenausschreibung für die Besetzung der/des Dezernats für Soziales, Gesundheit und Kinder-Jugend-Familie wird ein Wohnsitz in Herne nahe gelegt. 13 Kandidatinnen und Kandidaten hatten sich für die Nachfolge von Johannes Chudziak beworben, der bekanntlich zum 1. Januar nach Münster zum LWL nach Münster gewechselt ist. Die Ratsfraktionen und der OB sollen sich nun darauf verständigt haben, dass zwei Frauen und ein Mann sich in der Politik vorstellen. Dass Stephanie Jordan, Leiterin des Fachbereichs Kinder-Jugend-Familie, bei der SPD – diese hat in der Ratskoalition mit der CDU das „Vorschlagsrecht“ – und insbesondere beim SPD-OB Dudda als Favoritin gilt, ist ein offenes Geheimnis. Wenn alles glatt geht, soll die Wahl bereits am 7. März im Rat erfolgen.
Abschied vom Ortsvereins-Vorsitz nach 31 Jahren
Die Herner SPD wählt am 4. März einen neuen Parteivorstand. Vorgeschaltet sind die Vorstandswahlen in den 20 Ortsvereinen, bei denen sich (mindestens) zwei besondere Wechsel abzeichnen bzw. bereits vollzogen worden sind. Am heutigen Samstag, 28. Januar, will Parteichef Hendrik Bollmann den Vorsitz in Röhlinghausen nach elf Jahren abgeben. Die Doppelspitze Holger Dressler (52) und Julia Godel (40) soll den Ortsverein fortan führen. Eine Konstellation mit zwei Vorsitzenden, die es bisher nur in Horsthausen gibt.
Bereits gewählt hat der Ortsverein Herne-Mitte: Nach 31 Jahren (!) als Vorsitzender tritt Ratsherr Jürgen Scharmacher (72) ins zweite Glied, sprich: er gehört dem Vorstand nur noch als Beisitzer an. Seine Nachfolgerin ist Amelie Menges (28), Doktorandin der Mathematik (mehr dazu in Kürze). Keine Veränderungen sind dagegen im März in der engeren Herner SPD-Spitze zu erwarten: Parteichef Bolllmann, seine Stellvertreter Alexander Vogt und Michelle Müntefering sowie Schatzmeister Olaf Semelka werden erneut antreten, so ist zu hören. Da Gegenkandidaturen (bisher) nicht bekannt sind, versprechen wohl nur die Wahlergebnisse Spannung - insbesondere bei Michelle Müntefering, die 2021 mit 67 Prozent ein, sagen wir mal, durchwachsenes Ergebnis erzielte.