Herne. Eine Seilbahn soll Teil der Entwicklung der Herner Zechenbrache General Blumenthal werden. Die Chancen auf eine Realisierung sind gestiegen.

  • Eine Seilbahn soll Teil der Entwicklung der Herner Zechenbrache General Blumenthal werden.
  • Vor drei Jahren hielten einige Herner das für ein Hirngespinst.
  • Die Chancen auf eine Realisierung sind jedoch gestiegen.

Als vor drei Jahren die erste Projektskizze für die Zechenbrache General Blumenthal präsentiert wurde, hielten nicht wenige Hernerinnen und Herner die Idee einer Seilbahn von dort bis in die Wanner Innenstadt für ein Hirngespinst, das niemals realisiert werden würde. Doch die Vorarbeiten sind inzwischen weit gediehen - wie sich auch beim Neujahrsempfang bei der Stadt Herne am Montagabend offenbarte.

Denn Oberbürgermeister Frank Dudda begrüßte unter anderem drei ausgemachte Experten im Bereich Seilbahn - unter anderem Dominik Berndt, Geschäftsführer der Messe „Cable Car World“, die im vergangenen erstmals in Essen stattfand und bei der Dudda einer der Redner war. Berndt hat nicht nur als Messeveranstalter, sondern auch als Mitglied des Arbeitskreises Urbane Seilbahn auf Bundesebene einen umfassenden Überblick über die Seilbahnpläne, die in Deutschland, darunter in mehreren Ruhrgebietsstädten, geschmiedet werden. Deshalb lässt seine Einschätzung, die er im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion macht, aufhorchen: „Herne kann Pionier für Deutschland werden.“

Bundesverkehrsministerium hat Seilbahnen als Teil des ÖPNV-Angebots entdeckt

Im Ruhrgebietsvergleich seien die Planungen in Herne an weitesten gediehen und enthielten die meiste Substanz. Der große Vorteil in Herne sei, dass es sich bei der Trasse von Wanne-Mitte nach Blumenthal um eine relativ einfache Erschließung handele. Das sei gerade bei einem innovativen Verkehrsmittel wichtig. Das Projekt sollte nicht zu komplex sein. Herne könne gut als Referenzfall herhalten.

Die Chancen auf eine Realisierung seien auch deshalb gestiegen, weil das Bundesverkehrsministerium die Seilbahn inzwischen als Teil des ÖPNV-Angebots entdeckt hat, Minister Volker Wissing pries im November Kommunen einen Leitfaden für die Planung von Seilbahnen an. Außerdem gebe es seit kurzer Zeit die Möglichkeit, Fördermittel für den Bau vom Seilbahnen zu beantragen, und in NRW gebe es inzwischen ein Seilbahngesetz, über das ebenfalls Mittel zur Verfügung stehen. Voraussetzung sei, dass die Seilbahn in den ÖPNV integriert werde. Heißt: Mit dem 49-Euro-Ticket, das kommen soll, kann auch eine Seilbahn genutzt werden.

Die Seilbahn würde die Bahngleise überqueren, um General Blumenthal mit der Wanner Innenstadt zu verbinden.
Die Seilbahn würde die Bahngleise überqueren, um General Blumenthal mit der Wanner Innenstadt zu verbinden. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Berndt sieht für Seilbahnen auch ganz grundsätzliche Vorteile: Mit ihnen könnten neue Möglichkeiten für den ÖPNV erschlossen werden. Es gebe keine Störfaktoren durch anderen Verkehr, Seilbahnen zählten zur Elektromobilität, benötigten für den Bau wenig Versiegelung und würden so nicht zur Erhitzung der Städte beitragen. Sie seien sicher und barrierefrei. Hinzu komme, dass Seilbahnen immer auch einen touristischen Aspekt und positive Effekte auf die Stadtentwicklung hätten. Herne könnte als Referenzfall besondere Aufmerksamkeit erzeugen.

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Christian Kleinenhammann teilt die Einschätzung, dass Herne zu einem Pilotprojekt werden könnte. Kleinenhammann zählte ebenfalls zu den Gästen des Neujahrsempfangs, er ist Regionalleiter West der Transdev GmbH. Dabei handelt es sich um den größten privaten Mobilitätsanbieter in Deutschland. Und als Teil eines weltweiten agierenden Konzerns betreibt Transdev bereits Seilbahnen, unter anderem in Bogotá (Kolumbien) oder Le Havre; vor wenigen Monaten hat Transdev eine Ausschreibung in Paris gewonnen. In Herne könne eine Seilbahn ein wichtiger verkehrspolitischer Faktor sein und einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Fläche leisten. Man stehe mit der Stadt im Austausch, so Kleinenhammann. Ob Transdev als Betreiber in Frage kommt, bleibt zunächst dahingestellt.

OB Dudda sieht zurzeit keine unüberwindbaren Hindernisse mehr

Oberbürgermeister Frank Dudda zeigt sich im Gespräch mit der Herner WAZ optimistisch, dass die Seilbahn realisiert wird: „Derzeit gibt es keine unüberwindbaren Hindernisse mehr, aber wir haben noch eine Wegstrecke vor uns.“ Allerdings sind bereits einige Hausaufgaben erledigt. Nachdem eine Machbarkeitsstudie zu dem Ergebnis kam, dass die Idee umsetzbar ist, habe auch eine Vorprüfung der Deutsche Bahn eine „grundsätzliche Machbarkeit“ ergeben. Auch könne die Seilbahn ins VRR-System integriert werden.

Eine Seilbahn wäre die Rückkehr zu den Kohlewurzeln des Ruhrgebiets: Das Bild zeigt den Kohletransport der Zeche Constantin der Große, um 1956.
Eine Seilbahn wäre die Rückkehr zu den Kohlewurzeln des Ruhrgebiets: Das Bild zeigt den Kohletransport der Zeche Constantin der Große, um 1956. © Ruhrmuseum | Josef Stoffels/Ruhrmuseum

Dudda berichtet von positiven Signalen aus dem Bundesverkehrsministerium, NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer sei sehr interessiert an dem Projekt. Nach derzeitigen Berechnungen könnte die Realisierung zwischen 33 und 35 Millionen Euro kosten. Damit der Bund bis zu 75 Prozent der Kosten beisteuert und das Land bis zu 20 Prozent, müsse in einem Gutachten nachgewiesen werden, dass die Bahn sinnvoll ist und genug Nutzer haben wird. In einem anderen Gutachten soll die endgültige Trassenführung dargestellt werden. Daneben stehen weitere Schritte an, die Herne gehen muss.

Für Dominik Berndt wäre der Bau einer Seilbahn übrigens die Rückkehr zu den Wurzeln im Ruhrgebiet. Denn in der Vergangenheit wurden bereits welche betrieben - mit ihnen wurde Kohle transportiert.

>>> BEIRAT BEFÜRWORTET SEILBAHN

Der Kommunale Entwicklungsbeirat befürwortet den Bau einer Seilbahn. In den Empfehlungen an die Politik heißt es: Der KEB spricht sich grundsätzlich für eine Seilbahn als öffentliches Verkehrsmittel zwischen der Fläche General Blumenthal und Wanne-Eickel aus. Das Angebot soll… barrierefrei nutzbar sein und eine Fahrradmitnahme ermöglichen.