Düsseldorf. Lützerath, Lehrkräftemangel, Energiepreise, Flüchtlinge – Auch 2023 wird ein herausforderndes Jahr für Nordrhein-Westfalen.
„Herausfordernd“ war das Krisen-Jahr 2022, heißt es. Tatsächlich dürfte das neue Jahr ähnlich schwierig werden für die Landespolitik. Ein Überblick:
Innere Sicherheit
Gleich zu Jahresbeginn wird einer der größten Polizeieinsätze in der Landesgeschichte erwartet: Die Räumung der Ortschaft Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier. Mitte Januar treffen Klima-Aktivisten und Polizisten aufeinander.
Das Innenministerium will die Polizeiarbeit weiter digitalisieren. Die Stärkung des Katastrophenschutzes wird eine Rolle spielen, außerdem die Langzeitaufgabe „Kampf gegen die Clan-Kriminalität“.
Schule
Oben auf der Liste von NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) stehen Initiativen gegen den Lehrkräftemangel. 2023 muss sich zeigen, wie weit das Handlungskonzept zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung trägt. Noch eine Großbaustelle: Die Konsequenzen aus dem für NRW nicht schmeichelhaften „IQB-Bildungstrend“ bei Viertklässlern. Außerdem bindet die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz in den kommenden Jahren viele Kräfte.
Familie und Integration
Der Zustrom von Geflüchteten dürfte anhalten. Die Kommunen haben kaum noch Aufnahme-Kapazitäten und erwarten von der Landesregierung den Ausbau von Plätzen in Landeseinrichtungen. Bis zum Frühjahr werden 34.500 Plätze angestrebt. Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) formuliert das Ziel, die Integrationsangebote und die Sprachförderung zu stärken. Darüber hinaus soll der „Pakt gegen Kinderarmut“ vorangetrieben werden. In den Kitas ist die Fachkräftegewinnung Thema Nummer eins.
Wirtschaft, Energie und Klimaschutz
Hauptaufgabe bleibt: Die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine auf die Bürgerinnen und Bürger in NRW abmildern und Unternehmen angesichts explodierender Energiepreise vor der Pleite retten. Ein erstes Landes-Hilfspakt über 1,6 Milliarden Euro wurde geschnürt.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien kommt noch nicht richtig voran. Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur (Grüne) stellt mehr Flächen für Windenergie und Photovoltaik in Aussicht, außerdem schnellere Genehmigungsverfahren.
Gesundheit und Soziales
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) muss die Frage beantworten, ob Corona-Maßnahmen noch gerechtfertigt sind. Ausgerechnet in einer Zeit, in der viele Kliniken finanziell unter Druck geraten, treibt NRW 2023 „eine der größten und ambitioniertesten Krankenhausreformen seit Jahrzehnten“ voran. Der ruinöse Wettbewerb zwischen den Kliniken soll damit beendet werden. Schließungen sind allerdings möglich.
NRW will 2023 die „Fachkräfteoffensive“ vorantreiben. Wichtige Bausteine: Die Steigerung der Attraktivität der beruflichen Bildung, leichtere Wege in den Job und die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. In der Krise wird die Armutsbekämpfung noch wichtiger. Laumann will hier den Dialog mit Kirchen, Gewerkschaften, Sozialverbänden, Unternehmern und Städten intensivieren.
Verkehr und Umwelt
Kommt das 49-Euro-Ticket zum 1. April und gelingt es NRW, den unterfinanzierten Nahverkehr zu erhalten und sogar besser zu machen? NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) muss im Kreise seiner Länder-Kollegen und der Bundesregierung hart arbeiten, um dieses „Wunder“ zu vollbringen. Er übernimmt 2023 den Vorsitz der Verkehrs- und Umweltministerkonferenzen. Weitere Pläne: Ausbau der Radwege, Städte auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten, neue Wege bei der Müllvermeidung gehen.
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Russlands Angriff hat gezeigt, wie wichtig Ernährungssicherung ist. Doch viele Landwirtinnen und Landwirte geraten unter Druck: Energie wird teurer, die Umweltauflagen strenger. NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) möchte den Familienbetrieben helfen und zusammen mit den anderen Ländern die „Umweltleistungen der Landwirtschaft“ besser honorieren.
Der sterbende Wald braucht Hilfe, aber die Bereitschaft der Waldbesitzer, Förderprogramme zur Wiederaufforstung zu nutzen, ist aus Sicht der Landesregierung noch nicht zufriedenstellend.
Beim Verbraucherschutz steht die Stärkung der Energieberatung im Fokus, denn viele Menschen sind angesichts der steigenden Kosten verunsichert.
Justiz
Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) will 2023 eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Verfolgung von Umweltkriminalität einrichten. NRW möchte zudem die Ausbildung in der Rechtspflege erweitern und mehr Frauen, mehr Personen mit Migrationshintergrund sowie mehr Schwule und Lesben zur Arbeit in der Justiz ermutigen.
Kultur und Wissenschaft
NRW will 2023 die Bezahlung freischaffender Künstlerinnen und Künstler verbessern. Das Land strebt Gespräche darüber mit Städten und Veranstaltern an. Im März gibt es zum ersten Mal eine „Kulturkonferenz“ in NRW. Ziel: Planungssicherheit für alle Kulturschaffenden. Einen weiteren Schwerpunkt will NRW-Kulturministerien Ina Brandes (CDU) mit einem übergreifenden Beratungsangebot für Kultureinrichtungen setzen. Darin geht es zum Beispiel um energetische Sanierung, Klimaneutralität, Diversität und Digitalisierung.
Die energetische Sanierung der maroden Hochschulen gehört zu den großen Aufgaben im neuen Jahr. Unter anderem soll eine „Stabsstelle Hochschulbau“ eingerichtet werden.
Kommunales, Bauen und Digitalisierung
NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) kümmert sich 2023 um die Frage, ob die Mieterschutzverordnung verändert werden muss. Die Überarbeitung der Landesbauordnung steht auf dem Programm und ein Thema, das dringend Beschleunigung braucht: Die Digitalisierung der Landesverwaltung.