Herne. Vor einer Woche hat die Stadt Herne zwei Häuser an der Emscherstraße für unbewohnbar erklärt. Welche Instrumente Stadt und Land haben.

  • Am Dienstag, 6. Dezember, hat die Wohnungsaufsicht der Stadt Herne die Unbewohnbarkeit der Wohnungen an der Emscherstraße 82 und 88 festgestellt.
  • Dort habe es massive Wassereinbrüche, die in Zusammenhang mit dem defekten Heizungssystem stehen könnten, und ungesicherte Stromquellen gegeben, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.
  • In der eigentlich unbewohnten Hausnummer 88 hätten sich unbefugte Personen aufgehalten.

Rund eine Woche ist es her, dass die Stadt Herne an der Emscherstraße zwei Häuser für unbewohnbar erklärt hat. Die Zustände seien lebensbedrohlich, formulierte es die Herner Wohnungsaufsicht. Es stellt sich die Frage, welche Instrumente Stadt und Land in der Hand haben, um solch katastrophalen Lagen vorzubeugen.

Auf der Internetseite des Unternehmens Belvona, in deren Verantwortung die Wohnanlage an der Emscherstraße liegt, gibt es ein Stichwort zur „Mieterzufriedenheit“. Dort heißt es unter anderem: „Bei uns steht der Mieter stets an erster Stelle. Damit dies kein leeres Versprechen bleibt, bieten wir Ihnen mit der „belvona Zufriedenheitsgarantie“ ein Mieterserviceprogramm, das Sie als Mieter anhand von Bewertungen, Wünschen und Verbesserungsvorschlägen täglich mitgestalten können.“ Und wer das Stichwort „gepflegte Anlagen“ anklickt, gelangt zu diesen Sätzen: „Rasenflächen, Büsche, Blumen und Bäume – unsere Mitarbeiter sorgen dafür, dass der Luxus unserer Wohnungen sich auch nach außen fortsetzt.“

Schon kurz nach der Übernahme erste Klagen über Missstände

Beim Blick in die Historie der Wohnanlage an der Emscherstraße in Wanne zeichnet sich folgendes Bild: Schon kurz, nachdem das Düsseldorfer Unternehmen das Objekt von Altro Mondo übernommen hatte, gab es Klagen über Missstände wie kaputte Heizungs- und Aufzugsanlagen. Die Stadt Herne berichtete, dass es selbst dem zuständigen Dezernent Johannes Chudziak zunächst nicht gelungen sei, Kontakt zum Unternehmen aufzunehmen. Der Herner Wohnungsaufsicht sei es gelungen, Reparaturarbeiten zu veranlassen, berichtete ein Vertreter in der Sitzung der Bezirksvertretung Wanne im November vergangenen Jahres. Im Januar 2022 versprach das Unternehmen auf WAZ-Anfrage, Mängel zu beheben.

Vor einer Woche dann die Erklärung der Unbewohnbarkeit. Die Stadt Herne teilt dazu mit, dass der Fachbereich Bauordnung die Mängel an und in den Gebäuden aufgenommen und ein Verfahren gegen den Eigentümer eingeleitet habe. Der Eigentümer sei zur Beseitigung der Mängel aufgefordert worden. Das Land hat vor einiger Zeit das sogenannte „Wohnraumstärkungsgesetz“ auf den Weg gebracht. Demnach sind Eigentümer, deren Immobilie von einer Kommune für „unbewohnbar“ erklärt wird, bei einer Räumung in der Pflicht, sich um die weitere Unterbringung der Mieter zu kümmern. Besitzer von Schrottimmobilien dürfen demnach nicht mehr damit rechnen, dass sich die Stadt um Ersatzwohnungen bemüht, dafür muss der Vermieter sorgen. Findet er keinen Ersatz, muss er der Kommune die Unterbringungskosten ersetzen. Die Stadt sieht keine Möglichkeit, Belvona im Rahmen dieses Gesetzes zu sanktionieren.

Städte tauschen sich mit Land zum Thema Belvona aus

Da die Wohnanlage an der Emscherstraße seit Jahren ein Brennpunkt ist, könnte ein Ansatz sein, das Objekt zu kaufen und zu sanieren oder abzureißen, um dort neu zu bauen. Gelsenkirchen bekommt im Rahmen einer Zukunftspartnerschaft mit dem NRW-Bauministerium bis zum Jahr 2027 rund 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um rund 3000 „nicht mehr marktgerechte“ Wohneinheiten aufzukaufen. Herne stehe so eine Option zurzeit nicht zur Verfügung, so Stadtsprecher Christoph Hüsken.

Herne steht mit den Problemen des Belvona-Objekts nicht alleine da. Erst Ende November habe ein Austausch mit dem zuständigen NRW-Bauministerium zur Problemlage Belvona stattgefunden. An diesem Austausch hätten mehrere Kommunen teilgenommen und vielfältige Problemlagen geschildert. Das Ministerium bestätigt auf Anfrage der Herner WAZ-Reaktion, dass man sich intensiv mit dem Geschäftspraktiken der Unternehmensgruppe befasse. Die neu gegründete Belvona habe in zahlreichen Fällen die Immobilienverwaltung von Altro-Mondo-Beständen übernommen. Beide Firmen gehören laut Ministerium zur DEGAG-Konzerngruppe.

Im Falle von Altro Mondo griff das Land im 2019 erstmals im Rahmen eines landesweiten Aktionstags im damaligen Altro-Mondo-Bestand durch. In den Städten Castrop-Rauxel, Dorsten, Dortmund, Duisburg, Hagen, Herne, Kamen, Lemgo, Oerlinghausen und Wuppertal wurden laut Ministerium insgesamt 136 Gebäude überprüft und eine lange Liste an Mängeln festgestellt. 2020 fand eine weitere Aktion statt.