Herne. An der Herner Emscherstraße sind die Zustände im Belvona-Wohnblock katastrophal. Die Herner Wohnungsaufsicht nennt die Lage „lebensbedrohlich“.
Sieben Familien aus Herne haben am Vormittag des 6. Dezember ihr Zuhause verlassen müssen. Aufgrund zum Teil lebensgefährlicher Zustände von zwei Belvona-Objekten hat die Herner Wohnungsaufsicht bei einer Brandschau und einer melderechtlichen Überprüfung die Unbewohnbarkeit der Wohnungen an der Emscherstraße 82 und 88 in Wanne festgestellt. Für die Mieterinnen und Mieter stellt sich nun die Frage: Wohin?
Katastrophale Mietzustände im Belvona-Wohnkomplex seit längerer Zeit bekannt
Massive Wassereinbrüche, die in Zusammenhang mit dem defekten Heizungssystem stehen könnten und ungesicherte Stromquellen: Die Zustände in den Wohnungen an der Emscherstraße 82 und 88 seien teils lebensbedrohlich, wie die Stadt Herne in einer Mitteilung bekannt gegeben hat. Die Strom- und Wasserversorgung sei abgestellt worden. Das Heizsystem laufe noch, sagt Alfred Gläsker von der Wohnungsaufsicht des Fachbereichs Soziales.
In dem Komplex standen bereits einige Wohnungen leer. Darüber hinaus sei festgestellt worden, dass sich in der eigentlich unbewohnten Hausnummer 88 unbefugte Personen aufgehalten hätten. Das Wohnungsunternehmen Belvona habe daraufhin die polizeiliche Räumung veranlasst. Anschließend sei das Objekt versiegelt worden.
Bereits in der Vergangenheit hat es Beschwerden von Mieterinnen und Mieter über die Probleme dort gegeben. Nachdem die Belvona GmbH die Wohnanlage 2021 von Altro Mondo übernommen hatte, gab es Beschwerden über defekte Heizungen und Aufzüge. Die Situation im Wohnkomplex an der Emscherstraße war auch bei der Bezirksvertretung Wanne am Dienstagabend erneut Thema. Anwesend waren auch einige der Familien, die am Vormittag ihre Wohnungen räumen mussten.
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Belvona-Wohnungen: Familien sollen für Übergangszeit in Hotels untergebracht werden
Laut Gläsker seien drei Wohnungen des Nachbarhauses Nr. 78 kurzfristig beziehbar, wie er bei der Bezirksvertretung erklärte. Insgesamt stünden neun Wohnungen von Belvona zur Verfügung. „Bis diese bezugsfertig sind, muss Belvona eine Unterbringung ihrer Mieterinnen und Mieter sicherstellen, sodass die Menschen nicht obdachlos werden“, heißt es von der Stadt. Für die Übergangszeit sollen die Familien in Hotels untergebracht werden. Eine schriftliche Kostenzusage des Wohnungsunternehmens liege vor, sagte Michael Niedballa von der Wohnungsaufsicht am Dienstag in der Bezirksvertretung. Ob Belvona die Hotelkosten direkt übernehme oder ob die Familien zunächst in Vorkasse gehen müssen, werde noch intern geklärt, so Gläsker.
Nach Aussage des betroffenen Joshua (25), dessen Familie in Haus Nr. 82 wohnte, seien die Belvona-Wohnungen in der Hausnummer 78 jedoch ebenfalls nicht bewohnbar. „Ich war mit einem Elektroingenieur dort und habe mir die elektrischen Leitungen angesehen“, berichtete er öffentlich in der Bezirksvertretung. Die Leitungen des Fahrstuhls seien mit den Leitungen des restlichen Hauses verbunden. „Wenn noch mehr Menschen dort wohnen, wird es eine Überlastung der Elektrizität geben“, so der Student. Auf Nachfrage der WAZ sagte Gläsker, die Stadt werde gemeinsam mit den Stadtwerken die Leitungen der Hausnummer 78 prüfen.
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Gläsker betonte zudem, dass die Wohnungsaufsicht der Stadt mit den betroffenen Mieterinnen und Mietern in Kontakt stehe. Voraussichtlich könne die Stadt Herne ab Mai oder Juni 2023 auf öffentlich geförderte Neubauwohnungen zugreifen und werde versuchen, die Familien dorthin zu vermitteln. Zudem gibt die Stadt Herne bekannt, dass das Unternehmen Belvona bislang nicht vor Ort an der Emscherstraße gewesen sei. Alle Familien seien inzwischen untergebracht.
Update: Mittlerweile hat Belvona auf Anfrage der Redaktion Stellung bezogen. „Insbesondere aus Brandschutzgründen wurden zwei Häuser mit insgesamt 7 Mietparteien geräumt“, heißt es in einer von einer Anwaltskanzlei übermittelten Stellungnahme. Es sei nicht korrekt, dass die betroffenen Familien in Haus Nummer 78 untergebracht werden sollten. Zur Elektrik in diesem Haus, die ein Betroffener kritisiert hatte, sei keine Aussage möglich. Die „grundlegende Sanierung diverser Gewerke ist beabsichtigt“. Die Kostenregelung für die Übergangszeit sei „derzeit noch in Klärung“. Das Unternehmen erklärt über den Anwalt: „Aktuelle Zusage gegenüber den Mietern war, dass wir pro Person/Nacht 60,00 Euro übernehmen.“
>>> Probleme mit Belvona-Wohnungen auch in anderen Städten
- Neben dem Wohnkomplex an der Herner Emscherstraße sind auch in anderen Städten Probleme mit Belvona-Wohnungen bekannt.
- Anfang Dezember berichtete die WAZ von defekten Heizungen in einem Belvona-Haus in der Dortmunder Innenstadt. Inzwischen laufe die Heizung wieder. Darüber hinaus werde das Treppenhaus nicht gereinigt, der Keller sei ranzig und es gebe nicht genügend Mülltonnen.
- Im Dortmunder Stadtteil Wickede habe vor einiger Zeit die Sperrung von Wasser und Strom bei Belvona-Wohnungen gedroht. In der Gemeinde Augustdorf bei Detmold habe Belvona die Gasrechnung einer ganzen Siedlung nicht bezahlt, wie aus einem Medienbericht hervorgeht. Laut dem Unternehmen habe es sich um Missverständnisse gehandelt.