Herne. Wird das Hallenbad Eickel in Herne abgerissen? Darüber stimmen in Kürze die Menschen selbst ab. Es kommt zum Bürgerentscheid – wohl im Februar.
Der Rat in Herne hat an diesem Dienstag das Bürgerbegehren für den Erhalt des Hallenbads Eickel mit breiter Mehrheit abgelehnt. Eine Überraschung ist das nicht: Die Ratskoalition aus SPD und CDU hatte schon am Tag zuvor angekündigt, dass sie Nein zu dem Bürgerbegehren sagen wird. Dem folgten in der Sitzung fast alle Fraktionen und Gruppen. Damit ist nun aber auch klar: Innerhalb von drei Monaten kommt es in Herne zu einem Bürgerentscheid. Dieser, so kündigte OB Frank Dudda an, findet voraussichtlich im Februar statt.
Darum geht es: Die Bürgerinitiative „Wiederinbetriebnahme Hallenbad Eickel“ will das seit rund sechs Jahren leerstehende ehemalige Schwimmbad an der Straße Am Solbad vor dem Abriss retten. Der Rat hatte 2021 entschieden, dass das Grundstück an einen Investor verkauft wird, der das Schwimmbad abreißt und anschließend ein Wohn- und Geschäftshaus mit Lehrschwimmbecken baut. Gegen diesen Ratsbeschluss geht die Bürgerinitiative vor. Sie fordert, dass das Schwimmbad aus dem Jahr 1954 saniert wird. Dafür sammelte sie zuletzt knapp 7000 gültige Unterschriften – genug für das Bürgerbegehren, das den Ratsbeschluss von 2021 kippen sollte.
Ratskooperation: Regierungspräsident akzeptiert Sanierung nicht
Da aber machte der Rat nicht mit. 57 der Ratsvertreterinnen und -vertreter stimmten dafür, dass der alte Ratsbeschluss Bestand hat, nur drei dagegen. Damit war das Bürgerbegehren abgelehnt. Kritik kam dabei allein von den Linken. Das Ignorieren der rund 7000 Unterschriften sei ein Affront gegen die Bürgerinnen und Bürger sowie gegen die Demokratie, sagte Klaudia Scholz. Anders die Ratskooperation, unter anderem aber auch die Grünen: Eine Sanierung des maroden Gebäudes wäre viel zu teuer, hieß es.
So viel Geld, sagte etwa SPD-Fraktionschef Udo Sobieski, könne und dürfe die Stadt nicht investieren. Das sehe auch der Regierungspräsident so, der signalisiert habe, dass er einen entsprechenden Beschluss sofort beanstanden würde. Nur durch den im vergangenen Jahr von der Politik beschlossenen Neubau des Wohn- und Geschäftshauses mit Lehrschwimmbecken, so SPD und CDU, könnten auch die dringend benötigten neuen Wasserflächen realisiert werden.
Nachrichten aus Herne – Lesen Sie auch:
- Cranger Weihnachtszauber: Nun auch großes Feuerwerk geplant
- Kompromiss möglich: Kippt auch das EvK das Kopftuch-Verbot?
- Mann flüchtet aufs Dach: Großer Polizeieinsatz in Herne
Mit dem Aus für das Bürgerbegehren muss nun laut Gesetz bis Ende Februar besagter Bürgerentscheid durchgeführt werden. Dabei geben die Menschen wie bei einer Wahl in Wahllokalen oder per Brief ihre Stimme ab. Damit entscheiden sie jetzt selbst, ob der Ratsbeschluss zum Neubau mit Lehrschwimmbecken, wie von der Initiative gefordert, gekippt wird. OB Dudda stellte klar: Nicht abgestimmt werde beim Bürgerentscheid darüber, ob das Hallenbad Eickel saniert wird. Das sei „ganz, ganz, ganz wichtig“ zu wissen.
SPD und CDU warnen unterdessen bereits vor einer Bauruine. Werde der Ratsbeschluss von 2021 beim Bürgerentscheid aufgehoben, dann bleibe Am Solbad alles beim Alten, sprich: das Hallenbad so wie es ist – geschlossen und marode. Das dürfe nicht sein.
Bürgerinitiative spricht von „Arroganz und Ignoranz“
Harsche Kritik kam im Rat von der Bürgerinitiative, die mit ihrem Bürgerbegehren gescheitert ist. Horst „Hotte“ Schröder warf der Politik angesichts der 7000 gesammelten Unterschriften „Arroganz und Ignoranz“ vor. Mitstreiter Jürgen Köhne erklärte: Die Parteien hätten sich nicht mit den Argumenten der Initiative auseinandergesetzt und ihre Expertisen nicht geprüft. Das sei ein „Armutszeugnis für die Stadt“. Statt das Hallenbad zu sanieren, so der Architekt, solle Wanne-Eickel nun „mit zwei Planschbecken abgespeist“ werden.
Gemeint sind damit die Lehrschwimmbecken im geplanten Neubau. Und diese, so Susanne Adami, die dritte Rednerin der Bürgerinitiative, reichten nicht aus, damit Kinder sicher schwimmen lernen und Vereinsmitglieder vernünftig trainieren könnten.
>>> Wann ist ein Bürgerentscheid erfolgreich?
In der Politik haben unterdessen bereits die Rechenspiele begonnen. Wann ist ein Bürgerentscheid erfolgreich? Auf Anfrage der WAZ nennt die Stadt einige Beispiele und geht dafür – der Einfachheit halber – von 120.000 Abstimmungsberechtigten aus. Dies, betont Stadtsprecher Christoph Hüsken, sei aber nur ein Rundungswert; die tatsächliche Zahl der Stimmberechtigten stehe erst kurz vor dem Bürgerentscheid fest. Der Bürgerentscheid wäre demnach erfolgreich, wenn mindestens 12.000 Bürgerinnen und Bürger, also 10 Prozent, mit Ja stimmen, also für die Aufhebung des Ratsbeschlusses aus 2021.
Heißt auch: Wenn 11.999 mit Ja und einer mit Nein stimmten, dann sei der Bürgerentscheid dagegen nicht erfolgreich, weil die Mehrheit der Ja-Stimmen mindestens 12.000 betragen müsse, sagt Hüsken. Nicht erfolgreich sei er auch, wenn 8000 Menschen mit Ja und 7000 mit Nein stimmten, weil die Mehrheit der Ja-Stimmen mindestens 12.000 betragen müsse.
Noch ein Beispiel mit 50.000 Menschen, die an die Wahlurne gehen. Wenn 38.000 Menschen mit Ja und 12.000 mit Nein stimmten, dann sei der Bürgerentscheid erfolgreich, wenn 12.000 mit Ja und 38.000 mit Nein stimmten, dann sei der Bürgerentscheid nicht erfolgreich, da die Mehrheit mit Nein abgestimmt habe; 12.0000 Ja-Stimmen seien dann irrelevant. Diese Rechnung, so der Stadtsprecher, ließe sich entsprechend fortsetzen.
>> > WEITERE INFORMATIONEN: Das sagt die Stadt
Eine Sanierung des Hallenbads, sagte Hernes Kämmerer Hans Werner Klee schon vor einem Jahr, sei weder wirtschaftlich noch für die Stadt zu stemmen. Weil das Schwimmbad nach der Eröffnung des neuen Wananas außer Betrieb genommen wurde, sei auch die Nutzungsgenehmigung erloschen.
Das Hallenbad müsste deshalb nach den heutigen Richtlinien, unter anderem zu Brandschutz und Barrierefreiheit, genehmigt werden. Um das zu erreichen, müsse ein zweistelliger Millionenbetrag investiert werden. Fördergelder gebe es dafür fast gar keine, und die klamme Stadt Herne könne und dürfe dafür keine neuen Schulden aufnehmen.