Im Kommunalen Entwicklungsbeirat ist über die Entwicklung der Brache Blumenthal diskutiert worden. Zwei Hernerinnen schildern ihre Erfahrungen.
Sie ist die größte zusammenhängende Brache in Herne: das Areal der früheren Zeche General Blumenthal. Wie sie entwickelt werden soll, darüber wird seit einigen Jahren diskutiert. Um alle Ideen und Interessen zu bündeln und in einen Austausch zu kommen, hat Herne in einem Pilotprojekt den Kommunalen Entwicklungsbeirat gegründet. Als Vertreterinnen der Bürgerschaft wurden Edeltraut Krause (77) und Celine Fräbel (25) ausgelost. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann berichten sie von ihren Erfahrungen.
Frau Krause, Frau Fräbel, warum haben Sie sich für die Teilnahme am Entwicklungsbeirat für die Entwicklung der Brache General Blumenthal beworben?
Fräbel: Ich wohne unweit der Fläche. Bisher habe ich diese Fläche in meinem normalen Leben immer ausgeblendet, weil man sie ja nicht betreten durfte. Als ich hörte, dass die Fläche entwickelt werden soll, fand ich das aus der Anwohnerperspektive interessant, ich studiere aber auch im Master Geografie mit der Vertiefung Stadt- und Regionalentwicklungsmanagement. Deshalb interessiert mich diese Fläche aus fachlicher Perspektive. Ich fand es super, dass auch Bürgern im Kommunalen Entwicklungsbeirat die Möglichkeit gegeben wird mitzureden.
Krause: Einerseits engagiere ich mich ehrenamtlich sowieso an verschiedenen Stellen in der Stadtgesellschaft, andererseits wohne ich auch in der Nähe der Brache General Blumenthal. Dieses Planungsprojekt hat mich interessiert und ich habe mich für eine Teilnahme beworben. Aber ich war auch einfach neugierig auf die Gruppe, was macht ein Entwicklungsbeirat?
Haben Sie die Diskussion um die Entwicklung verfolgt? Die Bürgerinitiative will ja dort einen Stadtwald haben.
Krause: Ja, ich habe Versammlungen der BI besucht und kenne deshalb die Standpunkte.
Fräbel: Ich kenne die Plakate der BI auch, ich habe aber auch im Rahmen eines Studienprojekts nach einer Brachfläche gesucht, die entwickelt werden soll. Dafür habe ich Blumenthal vorgeschlagen und hatte mich deshalb schon mal mit der Fläche auseinandergesetzt.
Welche Erwartungshaltung hatte Sie vor dem Start?
Krause: Erwartungen hatte ich keine, weil man ja nie weiß, was am Ende herauskommt. Sonst war die Neugier groß, was die Aufgabenstellung ist und was der Entwicklungsbeirat leisten kann.
Fräbel: Aus dem Studium weiß ich, dass Beteiligung der Bevölkerung ein großes Thema ist. Ich war zunächst nur gespannt, was passieren wird und wollte mich überraschen lassen, welche Handlungsspielräume wir haben oder ob schon Dinge vorgegeben sind. Ich war offen für den Prozess.
In welchen Themenfeldern haben Sie mitgearbeitet?
Krause: Mobilität und Stadtentwicklung, dort war zum Beispiel auch die Seilbahn ein Thema oder die Zugänge zum Gelände, aber auch die Anbindung an die Wanner Innenstadt.
Fräbel: Stadtnatur. Ich habe mich im Vorfeld schon viel mit grüner und blauer Infrastruktur auseinandergesetzt. In der Gruppe ging es unter anderem um Themen wie die Klimaanpassung und den Artenschutz auf dem Gelände. Uns war es ein Anliegen, dass das Projekt in dieser Hinsicht ein Vorzeigeprojekt wird, mit dem aufgezeigt werden kann, dass sich Naturverträglichkeit und Entwicklung nicht automatisch einander ausschließen.
Wie hat sich die inhaltliche Arbeit gestaltet?
Fräbel: Im Beirat waren ganz viele Perspektiven vertreten, deshalb konnten wir gut voneinander lernen.
Krause: Meine Erkenntnis ist, dass man sich einbringen kann, egal, wie alt man ist. Ich habe in den Workshops Gehör gefunden, konnte meine Anregungen einbringen und habe auf Augenhöhe mit allen sprechen können. Ich wurde von allen den anderen Beiratsmitgliedern ernst genommen.
Fräbel: Es mag im ersten Moment erstaunlich klingen, aber das Format des Kommunale Entwicklungsbeirats hat es ermöglicht, dass wir als normale Bürgerinnen auf Augenhöhe mit den anderen Mitgliedern diskutieren konnten. Dazu beigetragen haben die Moderatoren und die Tatsache, dass die Diskussionen in den Workshops in einem geschützten Raum stattgefunden haben, in dem alle Mitglieder frei ihre Meinung äußern konnten. Wir durften über das, was in den Workshops gesprochen wurde, reden. Gerade das war ja auch das Ziel bei den Sommerdialogen – dass eben transparent gemacht wird, was der Kommunale Entwicklungsbeirat bis dahin erarbeitet hat. Wir durften nur keine Namen nennen, wer was gesagt hat, damit jeder in den Workshops geschützt und frei seine Meinung äußern konnte.
Sie hatten also nicht das Gefühl, dass Sie Alibi-Bürgerinnen waren und vielleicht der ganze Beirat Alibi war?
Krause: Ganz sicher nicht. Ich hatte nicht einmal das Gefühl, dass ich da nicht mehr hingehen muss, weil meine Beiträge sowieso nicht umgesetzt werden. Der Entwicklungsbeirat ist ja in Herne ein Pilotprojekt. Ich glaube, dass er die Möglichkeit bietet, die Stadtgesellschaft zusammenzubringen und mit seinen Ergebnissen dem Rat etwas an die Hand geben kann, damit es bei der Entscheidung über eine Entwicklung von Planungsprojekten berücksichtigt wird. Man hat uns versichert, dass wir auch im weiteren Verlauf einbezogen werden.
Fräbel: Ich hatte auch nicht das Gefühl, Alibi-Mitglied zu sein. Wir hatten bei den Sommerdialogen auch die Aufgabe, als sogenannte Multiplikatoren aus unsere jeweiligen Rolle heraus unsere Netzwerke anzusprechen und Rückmeldungen zu dem Zwischenergebnis einzuholen. Ich habe festgestellt, dass die Reaktionen, die ich bekommen habe, später in die Empfehlungen eingeflossen sind.
Hatten Sie denn selbst Erkenntnisgewinn?
Krause: Auf jeden Fall. Für mich war neu, was auf dem Gelände Blumenthal alles schon geschehen ist und was man alles bei den Planungen berücksichtigen muss. Ich habe immer wieder Details kennengelernt, an die ich selbst nie gedacht hätte.
Fräbel: Für mich war neu, welcher Prozess noch vorgelagert ist, um die Fläche überhaupt entwickeln zu können. Denn noch steht sie ja unter Bergaufsicht, weil es sich um einen ehemaligen Zechenstandort handelt. Da muss vieles berücksichtigt werden, bevor die Fläche entwickelt werden kann.
Die Präsentation der ersten Skizzen liegt nun fast drei Jahre zurück. Hat die Vision der Internationalen Technologiewelt eine Rolle bei der Arbeit des Beirats gespielt?
Fräbel: Wir sollten losgelöst von dieser Skizze denken und hatten freien Spielraum. Dabei war für mich auch spannend, dass ich dabei auch all jene Themen mitdenken konnte, die in Zukunft für Städte wichtig werden. Ich glaube, dass es für Herne eine große Chance ist, diese Fläche zu entwickeln.
Krause: Ich war damals bei der Präsentation anwesend und hatte einen Aha-Effekt, was man aus so einer Industriebrache machen kann. Da ist bei mir schon ein wenig Begeisterung aufgekommen, besonders wegen der Seilbahn. Ich bin auf jeden Fall für eine Entwicklung des Geländes, wenn all die Aspekte, Leitsätze und Kriterien, die wir im Entwicklungsbeirat erarbeitet haben, berücksichtigt werden. Aber die Skizzen der Internationalen Technologiewelt haben im Beirat keine Rolle gespielt.
Die Workshops des Beirats sind vorüber. Wie ist das weitere Vorgehen?
Krause: Wir haben eine Empfehlung an den Oberbürgermeister der Stadt Herne zu einer Gestaltung der Fläche General Blumenthal erarbeitet, die ist im letzten das einstimmig Workshop verabschiedet worden.
Fräbel: Wir haben eine Empfehlung mit Leitsätzen und Kriterien für General Blumenthal entwickelt, die dem Rat der Stadt Herne übergeben wird. Da der Entwicklungsbeirat keine politische Instanz ist, liegt die Entscheidungsgewalt nun bei dem Rat der Stadt Herne. Es ist wünschenswert, dass die Empfehlung in der weiteren Planung berücksichtigt wird. Das Format des Kommunalen Entwicklungsbeirats bietet Herne eine Chance, auch bei anderen Projekten frühzeitig einen Diskussionsprozess zu starten.
Krause: Der Entwicklungsbeirat zeigt, dass eine Beteiligung der Bürger möglich ist und stattfinden kann.
>>> DER KOMMUNALE ENTWICKLUNGSBEIRAT
Im Beirat waren Repräsentanten von unterschiedlichen gesellschaftlichen Herner Gruppen vertreten. In den Workshops wurde zu den Themenfeldern Mobilität und Verkehr, Umwelt und Naturschutz, Soziales sowie Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie gearbeitet. Weitere Informationen: www.kebherne.blog