Herne. Beim Cranger Weihnachtszauber ist Oliver Traber (40) der Fliegende Weihnachtsmann. Für Herne verzichtet er auf Glanz und Glamour in Paris.

Ein lautes Zischen. Dann zündet der Weihnachtsmann seinen Raketenantrieb und düst von einem Ende des Cranger Weihnachtszaubers zum anderen. Funken sprühen. Menschen staunen. Kinder machen große Augen. Und hoch oben, da sitzt Oliver Traber und hat einen Heidenspaß. Der 40-Jährige ist der Fliegende Weihnachtsmann. Aber pssssst! Nicht verraten! Ist ja bald Weihnachten.

Schausteller Oliver Traber bei den Vorbereitungen für den Fliegenden Weihnachtsmann. Der Mast dient normalerweise als Funkturm.
Schausteller Oliver Traber bei den Vorbereitungen für den Fliegenden Weihnachtsmann. Der Mast dient normalerweise als Funkturm. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Oliver Traber – seine Augen funkeln heller als so manches LED-Lämpchen

Man könnte ihn schnell für einen Techniker halten. Oliver Traber trägt Blaumann, das Funkgerät auf der Brust. Auch wenn er auf dem Platz unterwegs ist, hat er das Sicherheitsgeschirr umgeschnürt, das er braucht, wenn er hoch auf den knapp 30 Meter hohen Turm klettert. Der Mann strahlt Gelassenheit aus. Aber wenn er über seinen Job spricht, dann funkeln seine Augen heller als so manches der zwei Millionen LED-Lämpchen auf dem Weihnachtszauber. „Das Schöne ist: Wenn ich hier unten bin, laufe ich als Oliver Traber mit meiner Tasche herum und niemand erkennt mich. Wenn ich da oben bin, bin ich für alle der Weihnachtsmann.“

Es ist der Mix aus Technik und perfekter Illusion, den auch Oliver Traber zu verkörpern scheint. Der Artist rattert die Daten runter: 140 Meter Seil, 35 Tonnen Ballast halten das Seil gespannt. Daran ein Schlitten, vier Rentiere. Das Seil hängt an zwei Türmen, die auf Lastwagen stehen. Modell FFG 40, Baujahr 1984. Der Turm wird normalerweise als Funkturm von Mobilfunkbetreibern genutzt. Jetzt soll er Freude in die Welt schicken. So viel zu den Fakten.

Der Weihnachtsschlitten düst davon.
Der Weihnachtsschlitten düst davon. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Zweimal täglich fliegt der Weihnachtsmann über den Cranger Weihnachtszauber

Zweimal täglich nimmt der Familienvater den Aufzug nach oben, hängt im freibaumelnden Drahtkorb. Dann gehen die Lichter rundherum aus. Und alle Aufmerksamkeit ist nur auf ihn gerichtet. Der Schlitten mit den Rentieren fährt am Seil hängend hin und her. Im Dunkeln sieht man das Seil kaum noch. Mittlerweile ist die Technik so weit, dass der Schlitten sogar wenden kann. „Früher hatten wir noch ein Motorrad, das den Schlitten gezogen hat. Da konnten wir nicht wenden.“ Jetzt hängt die Konstruktion an einem Elektromotor, Drehung inklusive.

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Es wirkt etwas gruselig, wenn Oliver Traber seine Vollmaske auspackt und sie schlabbernd in der Hand hält. Die Maske sitzt im Einsatz auf dem ganzen Gesicht, bewegt sich mit jeder Mimik mit. Und auch der weiße Rauschebart ist künstlich. Dabei bräuchte er ihn kaum. Denn der Artist trägt selbst einen langen Vollbart, unabhängig vom Weihnachtsmann. „Das ist wohl gerade Mode“, sagt er augenzwinkernd.

Schausteller Oliver Traber mit der Vollmaske. Darunter wird er zum perfekten Weihnachtsmann.
Schausteller Oliver Traber mit der Vollmaske. Darunter wird er zum perfekten Weihnachtsmann. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Familie macht seit 200 Jahren Hochseilartistik – noch mehr fliegende Weihnachtsmänner

Hochseilartistik hat seit 200 Jahren bei den Trabers Tradition. Oliver ist nicht der einzige fliegende Weihnachtsmann mit diesem Nachnamen. Falko Traber junior schwebt in Bochum über den Weihnachtsmarkt. „Das ist von Papas Seite der Cousin“, erklärt Oliver Traber. Der Onkel sei gerade in – Verzeihung: über! – Kassel unterwegs. Und auch über Karlsruhe ist schon ein Traber-Schlitten mit Weihnachtsmann gesichtet worden – natürlich von einem Traber gesteuert. Konkurrenz? Das sei Gerede, sagt Oliver Traber. „Das ist ein Miteinander. Wir sind stolz darauf.“

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Oliver Traber flog erst kurz vor dem Start des Weihnachtszaubers auf Crange ein. Mittwochfrüh, da war er noch in Paris. „Ich hatte noch Testflüge“, sagt der 40-Jährige. Mit seiner abgeklärten Art würde man ihm auch abnehmen, dass er gerade Düsenjets oder eine Mondrakete einigen Härtetests unterzogen hat. Aber auch der Elektroschlitten will eingefahren werden. Jede Konstruktion ist individuell.

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Statt Paris direkt auf den Cranger Weihnachtszauber

In Paris, da steht das Unternehmen Traber direkt am Tuilerien-Palast („Palais des Tuileries“). Direkt vor den Prachtbauten, funkelnden Gärten und auf einem DER Weihnachtsmärkte schlechthin. Oh Cherie, was für eine Kulisse! Vor Jahren flog er sogar direkt über die Champs Elysees, die Prachtstraße. 2017 sei dann plötzlich die Absage aus Paris gekommen. „Da gab es eine neue Bürgermeisterin.“ 2018 habe er dann gerne das Angebot von Sebastian Küchenmeister für Crange angenommen. Kurz darauf habe Paris ihn dann doch haben wollen. Zum Glück gibt’s ja Familie. Und die Trabers können beide Angebote bedienen.

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Kommt man denn wirklich lieber nach Herne, wenn man Paris haben kann? Oliver Traber muss nicht lange zögern: „Wenn ich ehrlich bin: Ja!“ Der Weihnachtszauber sei eine relativ neue Herausforderung. Die Kinder können in der Schaustellerschule in deutscher Sprache lernen. Oliver Traber selbst muss auf die französische Sprache nicht verzichten. Viele Angestellte sprechen Französisch.

„Hallo Weihnachtsmann“ ruft ein Kind nach oben. Und Oliver Traber kann sich einmal mehr freuen, dass die perfekte Illusion funktioniert hat.

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