Herne. Die Herner Politik hat die Abholzung von 170 Bäumen für zwei Bauprojekte beschlossen. Warum sich bereits eine weitere Fällaktion abzeichnet.

Die Bezirksvertretung Sodingen hat am Mittwochabend die Fällung von knapp 170 Bäumen beschlossen. Sie müssen für den Neubau der Feuer- und Rettungswache sowie die Sanierung der Mont-Cenis-Gesamtschule weichen. In der Sitzung zeichnete sich aber bereits eine neue Kontroverse zum Thema Baumfällungen ab.

Mit breiter Mehrheit folgte der Bezirk dem Vorschlag der Stadt, für die Errichtung der Feuerwache an der Ecke Castroper Straße/Hölkeskampring insgesamt 150 Bäume abzuholzen. Am Dienstag hatten sich die Politiker vor Ort über die Situation informiert. Im Gegenzug sind 80 Neupflanzungen geplant. Neben den Grünen übten auch Besucher der Sitzung Kritik an dem Kahlschlag.

Grüne fordern ein Umdenken zugunsten des Klimaschutzes

Es sei unstrittig, dass Herne eine neue Wache brauche, sagte Klaus-Dieter Gülck für die Grünen, machte jedoch einen grundsätzlichen Einwand geltend. „Planungen sollten grundsätzlich so gestaltet werden, dass der Baumbestand erhalten bleiben kann“, so der Bezirksfraktions-Chef. Es sei nicht mehr zeitgemäß, wenn für Bauvorhaben zunächst eine geeignete Fläche gesucht werde und die Beseitigung von Bäumen, Sträuchern und Grünflächen anschließend als „Kollateralschaden“ in Kauf genommen werde. Klimaschutzaspekte müssten „vorneweg“ diskutiert werden, damit das Herner Motto „Mit Grün. Mit Wasser. Mittendrin“ auch zum Tragen komme.

Grünen-Fraktionsvorsitzender Klaus-Dieter Gülck kritisierte den geplanten Kahlschlag.
Grünen-Fraktionsvorsitzender Klaus-Dieter Gülck kritisierte den geplanten Kahlschlag. © Hartmut Bühler

Kritik gab es auch vom Stadtverordneten Bernd Blech (Unabhängige Bürger) und von BUND-Sprecherin Ingrid Reckmeier. „Als Naturschützerin bin ich mit einem solchen Kahlschlag nicht einverstanden“, sagte Reckmeier. Man hätte zumindest versuchen sollen, die stärksten Bäume auf dem 30.000 Quadratmeter großen Areal zu erhalten.

SPD und CDU stellten sich – „schweren Herzens“ – hinter die Pläne der Verwaltung und die damit verbundene Abholzung der 150 Bäume. „Wir stehen vor der Frage: Wollen wir eine funktionierende Feuerwache haben? Es gibt keine Alternative“, sagte SPD-Fraktions-Chef Ernst Schilla. Der Sozialdemokrat und der CDU-Fraktionsvorsitzende Markus Lülf verwiesen auch auf den schlechten Zustand des gesamten Areals und konkret auf leerstehende Werkshallen der Firma Schade („ein Schandfleck“), die im Jahr 2002 von Herne nach Gelsenkirchen umgezogen war.

Konsens beim Umbau der Mont-Cenis-Gesamtschule

SPD und CDU stimmten am Ende geschlossen für die Fällung der Bäume. Die dreiköpfige Grünen-Fraktion schwächte ihre zuvor so eindringlich vorgetragene Position durch ein uneinheitliches Verhalten bei der Abstimmung: Grünen-Bezirksverordneter Alfred Apel enthielt sich der Stimme. Die Bezirksverordneten von Linkspartei und WfH nahmen nicht an der Sitzung teil.

+++ Lesen Sie auch: Rechtswidriger Beschluss? Stadt stoppt Fällung von Bäumen +++

Einstimmig fiel dagegen anschließend das Votum für die Fällung von 19 Bäumen an der Mont-Cenis-Gesamtschule aus. Auch die Grünen erhoben keine Einwände, weil das Gelände „unter ökologischen Gesichtspunkten“ umgestaltet werde, so Fraktions-Chef Gülck. Der Abriss von 70er-Jahre-Gebäuden, ein Neubau sowie die Sanierung der bestehenden Gebäude erfordert die Fällung von 19 geschützten Bäumen. Im Gegenzug sollen 65 neue Bäume gepflanzt werden. Bezirksbürgermeister Mathias Grunert betonte, dass es für die Schule durch die Aufgabe des Sportplatzes auch zu Verschlechterungen komme: „Am Ende werden aber wohl alle mit dieser Lösung leben können.“

Umleitung des Ostbachs erfordert weitere Abholzungen

Rund 200 Bäume mussten Ende 2020 am Hölkeskampring im Bereich des Otto-Hahn-Gymnasiums der Renaturierung des Ostbachs weichen.
Rund 200 Bäume mussten Ende 2020 am Hölkeskampring im Bereich des Otto-Hahn-Gymnasiums der Renaturierung des Ostbachs weichen. © Foto Funke Services | Klaus Pollkläsener

Bei einem anderen Vorhaben zeichnete sich dagegen bereits eine neue Auseinandersetzung zum Thema Baumfällungen ab. Gudrun Kaltenborn von Stadtgrün stellte der Bezirksvertretung erste Pläne zur Umleitung und Verlängerung des Laufs des Ostbachs zwischen der Straße Auf dem Stennert und der Sodinger Straße vor. Zur Erinnerung: Für die Umleitung des Gewässers im Bereich Hölkeskampring mussten 200 Bäume gefällt werden.

Auch interessant

Auf (kritische) Nachfrage des Grünen-Bezirksverordneten Peter Velten sagte Kaltenborn, dass es für das „frühestens Ende 2023“ startende Projekte noch keine konkreten Pläne gebe und deshalb derzeit keine Angabe über die Zahl der zu fällenden Bäume möglich sei. Da größere Abschnitte des „neuen“ Ostbachs über eine Wiese verlaufen sollen, müssten aber wohl weniger Bäume als am Hölkeskampring weichen.

Die WAZ kommt auf das Thema Ostbach zurück.