Herne. Die Stadt Herne hat die vom Bezirk Eickel beschlossene Fällung von elf Bäumen nach einem Veto von Umweltschützern auf Eis gelegt. Worum es geht.
Nach jahrelangen Auseinandersetzungen und Diskussionen hatte die Bezirksvertretung Eickel im Juni 2022 beschlossen, dass auf der Rolandstraße elf geschützte Bäume gefällt und durch zwölf Neupflanzungen ersetzt werden sollen. Nur wenige Tage vor der Umsetzung ist der Beschluss zunächst auf Eis gelegt worden: Nach einem Veto des Umweltverbandes BUND hat das städtische Rechtsamt geprüft, ob die Entscheidung des Bezirks rechtskonform ist.
Die Stadt bestätigte am Mittwoch auf Anfrage der WAZ eine entsprechende Mitteilung von Bezirksbürgermeister Adi Plickert (SPD) in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Eickel. Das Ergebnis dieser Prüfung werde die Verwaltung erst in einer neuen Vorlage für die Sitzung des Bezirkes am 8. Dezember öffentlich machen, so Stadtsprecher Christoph Hüsken. Heißt übersetzt: Die Fällung ist mindestens ausgesetzt, wenn nicht gar komplett gekippt worden – andernfalls könnte die Stadt ja die für Anfang November terminierte und Anwohnern bereits mitgeteilte Fällung durchführen.
Stadt legt Fällungsbeschluss vor und stellt Notwendigkeit gleichzeitig in Frage
Um neun bis zu 120 Jahre alte Platanen sowie zwei Ahorne geht es auf der Straße in Röhlinghausen. Zahlreiche Probleme führen Anwohnerinnen und Anwohner seit Jahren ins Feld: Die Wurzeln der großen Bäume griffen das Pflaster an, so die Klage. Sie stünden zu nah an den Häusern, beschädigten unterirdische Rohre und wüchsen in Wände.
Auf Initiative von CDU und SPD hatte die Verwaltung für die Sitzung am 2. Juni eine Beschlussvorlage für die Fällung der elf Bäume erstellt. In der Begründung machte Stadtgrün jedoch mehr als deutlich, dass es aus Sicht der Verwaltung eigentlich gar keine fachliche Notwendigkeit für den Austausch der neun Platanen auf der Rolandstraße gibt. Diese Bäume seien „ortsbildprägend und augenscheinlich gesund und vital“. Die Entfernung zwischen Bäumen und Gebäuden sei in den meisten Fällen groß genug. Und: Gerade im Zeichen des Klimawandels sei zu bedenken, welch hohen ökologischen Wert die Platanen hätten.
Unverständnis bei den Bezirksfraktionen von SPD und CDU
Die Vorsitzenden der Bezirksfraktionen von SPD und CDU in Eickel wundern sich auf Anfrage der WAZ über den Vorgang. „Wir sind darüber nicht erfreut“, sagt Willibald Wiesinger (SPD). Falls die Verwaltung den Argumenten des Umweltverbandes folgen sollte, stelle sich die Frage, warum man diese Position nicht schon im Juni anlässlich der Beschlussfassung im Bezirk vertreten habe. Hintergrund: Die Stadt ist eigentlich gehalten, Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse sowie der Bezirke im Vorfeld auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen.
Wiesingers CDU-Kollege Jascha Hoppe kann zudem nicht nachvollziehen, dass der BUND erst ganz kurz vor der Fällung aktiv geworden ist. Seine Fraktion habe es sich nicht leicht gemacht, eine Lösung für die Probleme in der Rolandstraße zu finden, sagte der Christdemokrat. Bei einem Ortstermin habe man auch BUND-Vertretern den großen Handlungsbedarf deutlich gemacht: „Das Problem betrifft dort nicht nur einen Anwohner, es betrifft alle.“ Im Falle einer Rücknahme des Beschlusses schließe er nicht aus, dass Bürger rechtliche Schritte einleiten und die Stadt verklagen werden.
Die SPD-Bezirksfraktion werde nun zunächst das Ergebnis der Prüfung durch das Rechtsamt abwarten, betont Wiesinger. Je nach Inhalt werde die SPD das Ergebnis „schlucken müssen“ oder über einen neuen Beschluss mit einer geänderten Begründung nachdenken.
Herner BUND legte Veto bei Oberbürgermeister Frank Dudda ein
Für Rolf Reinholz vom Herner BUND steht außer Frage, dass der Beschluss des Bezirks rechtswidrig ist und nicht zu halten sein wird. „Auch die Bezirksvertretung muss sich an die Baumschutzsatzung halten“, sagt der Pensionär, der früher bei der Stadtverwaltung unter anderem auch für Bezirksvertretungen und die Baumschutzsatzung zuständig war.
In dem Beschluss werde für die Fällung ein „öffentliches Interesse“ geltend gemacht, doch in der Begründung dieser Vorlage stehe genau das Gegenteil, so Reinholz. Es sei zwar unumstritten, dass es auf der Rolandstraße Probleme mit Bäumen gebe, „aber der Nutzen überwiegt“. In einem Brief an Oberbürgermeister Frank Dudda hat BUND-Sprecherin Ingrid Reckmeier am 9. Oktober diese Position des Verbandes übermittelt.
Die WAZ kommt auf das Thema zurück.