Herne. Schon seit 2003 ist die Nordschleuse in Herne stillgelegt. Der Neubau in Wanne-Eickel hätte 2023 beginnen sollen. Warum sich alles verzögert.

Der Rhein-Herne-Kanal gehört zu den wichtigen West-Ost-Achsen des westdeutschen Kanalnetzes. Er erschließt das Ruhrgebiet vom Rhein und ist wichtiges Verbindungsglied zwischen Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam sowie den deutschen Häfen an der Nordsee und dem Ballungsraum Berlins. Doch auf dieser Achse gibt es ein Nadelöhr: Die Schleuse Wanne-Eickel. Dort ist nur die Südschleuse in Betrieb, der Neubau der Nordschleuse lässt auf sich warten. Die Planungen laufen seit Jahren, doch bis das erste Schiff in die Schleusenkammer einläuft, werden weitere Jahre vergehen - und der Engpass für die Güterschifffahrt weiterbestehen.

Umfangreiche Instandsetzungen 1951, 1965 und 1983

Um die Dringlichkeit des Projekts einzuordnen, lohnt sich ein Blick in die Historie: Die Nordschleuse ging gemeinsam mit dem Rhein-Herne-Kanal 1914 in Betrieb. Im Laufe der Jahre erhöhte sich nicht nur das Güter- und Schiffsverkehraufkommen, auch die Schiffe wurden größer. Deshalb wurden die Schleusen im Verlauf des Rhein-Herne-Kanals ab den 70er- bis in die 90er-Jahre durch modernere Schleusen ersetzt. Die einzige Ausnahme bildete die Schleuse Wanne-Eickel. Dort wurde nur die Südschleuse neu gebaut und 1994 in Betrieb genommen.

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Der Neubau der Nordschleuse sei nach der deutschen Wiedervereinigung zurückgestellt worden, da sie nach drei umfangreichen Instandsetzungsmaßnahmen in den Jahren 1951, 1965 und 1983 in einem guten Zustand gewesen sei, so das Wasserstraßen-Neubauamt in Datteln. Sie diente als Reserveschleuse, etwa bei Wartungsarbeiten an der Südschleuse. Doch 2003 wurde die Nordschleuse auf Grund zahlreicher Schäden endgültig stillgelegt, darüber hinaus war sie längst zu schmal für die gängigen Schiffstypen.

Längst haben Sprayer die stillgelegte Nordschleuse in Wanne-Eickel für sich entdeckt.
Längst haben Sprayer die stillgelegte Nordschleuse in Wanne-Eickel für sich entdeckt. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Die Stilllegung der Nordschleuse hat gravierende Auswirkungen. Nach Darstellung des Wasserstraßen-Neubauamts besteht in Wanne-Eickel ein Nadelöhr. Sollte die Südschleuse ausfallen, ist der Rhein-Herne-Kanal dort quasi eine Sackgasse, Binnenschiffer müssen Umwege in Kauf nehmen. Erschwerend komme hinzu, dass in den nächsten Jahren umfangreiche Grundinstandsetzungs- und Neubaumaßnahmen am Wesel-Datteln-Kanal anstehen, die zu einer teilweisen Verlagerung des Verkehrs auf den Rhein-Herne-Kanal und damit auch auf die Kanalstufe in Wanne-Eickel führen würden, so die Behörde. Diese Mehrbelastung erhöhe zusätzlich das Risiko eines Ausfalls der Südschleuse und damit einer Behinderung der Schifffahrt auf dem Rhein-Herne-Kanal. Deshalb sei die Entscheidung für einen Neubau unausweichlich gewesen.

Inbetriebnahme wohl nicht vor 2030

Nach den ursprünglichen Planungen hätten im kommenden Jahr die Arbeiten beginnen und im Jahr 2027 abgeschlossen sein sollen, hieß es im Jahr im Rahmen einer Informationsveranstaltung für Bürgerinnen und Bürger, doch angesichts der Tatsache, dass das Planfeststellungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei und danach erst die Ausschreibungen für die Arbeiten erfolgen, werde der Baubeginn frühestens Mitte des 2025 erfolgen, Birgit Maßmann, Leiterin des Wasserstraßen-Neubauamt, im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Das bedeute, dass die Inbetriebnahme nicht vor 2030 erfolgen könne.

Auch die Kosten müssten neu kalkuliert werden. Im Jahr 2018 wurde die Investitionssumme mit rund 72 Millionen Euro beziffert, Maßmann geht vor dem Hintergrund der allgemeinen Kostenentwicklung von einer „messbaren Steigerungen“ aus.