Herne/Wanne-Eickel. . “Leinen los“ hießt es noch einmal für die “Ostara“, einen historischen Schleppkahn aus dem Jahr 1926. Anlässlich des Kanaljubiläums macht sie sich auf den Weg vom Heimathafen Henrichenburg nach Duisburg. Und legt einen Halt in Herne ein. In ihrem Bauch transportiert sie 100 Jahre Kanalgeschichte.

Beladen mit Kohle, Eisenerz und anderen Gütern war die „Ostara“ einst zwischen Rotterdam und Berlin unterwegs. Ein Schleppkahn ohne eigenen Motor, gebaut 1926 in Holland, der bis in die 70er Jahre mitsamt Fracht von Schleppbooten bewegt wurde. Ihren Heimathafen hat die "Ostara" heute am Schiffshebewerk Henrichenburg, wo sie das LWL-Industriemuseum hin und wieder als Ausstellungsschiff nutzt. Zum 100. Geburtstag des Rhein-Herne-Kanals geht sie noch einmal auf Tour. An Bord eine Ausstellung, die viel über Geschichte und Gegenwart der Wasserstraße zu erzählen hat. Für zwei Wochen macht die schwimmende Schau Halt in Wanne-Eickel.

Arnulf Siebeneicker ist Museumsleiter in Henrichenburg und einer von denen, die gerade an Ausstellung und Katalog arbeiten. Der Sozial- und Wirtschaftshistoriker hat vor drei Jahren die Leitung des Waltroper Museums übernommen. Seitdem gehört das Schiff wie sieben weitere am Ufer des Kanals zu seiner Flotte. „Die Ostara ist einer der wenigen Schleppkähne aus den 20er Jahren, die noch existieren“, weiß Siebeneicker. 2005 wurde sie zum Ausstellungsschiff umgebaut. „Damals wurde der Wesel-Datteln-Kanal 75 Jahre alt.“

Wasserstände überall anders

67 Meter lang und acht Meter breit ist der Frachtkahn - Maße, die ursprünglich dem Dortmund-Ems-Kanal angepasst waren. Als „Wechselschiff“ befuhr die „Ostara“ aber auch andere Kanäle und Flüsse. Gerade bereiten Handwerker und Techniker den Kahn auf die Geburtstagstour vor, indem sie u.a. das Steuerhaus flachlegen.

„Die Wasserstände am Kanal sind überall andere“, nennt Siebeneicker einen weiteren Knackpunkt. „Das heißt, unsere Techniker müssen für jede Station eine andere Rampensituation bauen.“ Damit Besucher sicher aufs Schiff und zurück kommen.

Gestohlener Tresor wird ausgestellt

Der fast 70 Meter lange Ausstellungssaal ist unterdessen vorbereitet. Ein Holzboden ist dem ursprünglichen Boden aus Bongossi-Holz nachempfunden. An den Schiffswänden sind Vorrichtungen für das Anbringen der Vitrinen und Exponate montiert. Fotos und Grafiken, aber auch zahlreiche Objekte haben die Ausstellungsmacher zusammengetragen, verrät Arnulf Siebeneicker. Archäologische Funde aus der Eiszeit sind dabei, wie Knochen von Auerochsen und Wollnashörnern, die beim Bau des Kanals gefunden wurden.

Gezeigt werden auch Postkarten, Souvenirs oder eine frühere Uniform der Wasserschutzpolizei, ebenso Stücke, die Sportvereine beigesteuert haben, wie die Goldmedaille des Sterkrader Kanuten Paul Lange, die er 1960 bei der Olympiade in Rom gewann. Auch was Kriminelle im Kanal entsorgten, findet Platz. Ein Tresor zum Beispiel. Siebeneicker erinnert an einen Fall, bei dem eigentlich nur ein Moped geborgen werden sollte. „Dabei wurden 38 Tresore gefunden, die alle von einer Bande aufgebrochen worden waren.“

Bewachung ehrenamtlich organisiert

Die Geschichte des Kanals durch Kriege und Jahrzehnte zu zeigen, sei das eine, sagt Siebeneicker, ihren Wert als Freizeitoase ein anderer Aspekt. Nicht zu vernachlässigen sei aber heute noch die wirtschaftliche Bedeutung der Wasserstraße. 21 Millionen Tonnen wurden im Spitzenjahr 1968 auf dem Rhein-Herne-Kanal transportiert, immerhin 14 Millionen sind es jetzt noch.

Dass die „Ostara“ während der Ausstellungszeit am Anleger in Unser Fritz rund um die Uhr bewacht werden kann, wie der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) es als Eigentümer verlangt, habe Herne vor allem einem Mann zu verdanken, erklärte kürzlich Bärbel König-Bargel vom städtischen Kulturbüro: Roland Schönig. Der in Unser Fritz vielfach engagierte Bürger habe den Kampfsportverein KSK Herne mobilisiert, ehrenamtlich die Nachtwachen zu übernehmen. Der Verein für Heimatkunde betreut die Ausstellung während der Öffnungszeiten und der Fachbereich Kultur schiebt die Tagschichten, wenn die Ausstellung geschlossen ist. So wird umsonst geleistet, was viele Tausend Euro gekostet hätte. Zur Eröffnung am 17. Mai wurde übrigens Lokalmatador Hotte Schröder engagiert.

Besucher-Infos

Die Ostara macht in Herne samt Ausstellung vom 17. Mai bis zum 1. Juni Halt am Anleger der Künstlerzeche Unser Fritz. Die Eröffnung findet dort um 15 Uhr statt.

Öffnungszeiten sind montags bis samstags von 15 bis 19 Uhr und sonntags und feiertags von 11 bis 18 Uhr.

Erste Station ist der Heimathafen, das Schiffshebewerk Henrichenburg vom 4. bis 8. Mai, danach noch einmal 3. Juni bis 7. August und 9. bis 28. September.

Weitere Anlegeorte sind Duisburg-Ruhrort vom 9. bis zum 17. August, Datteln vom 19. bis zum 25. August und Gelsenkirchen, Hafen Grimberg, vom 27. August bis zum 7.September.