Herne. In Herne soll die Stadtspitze mit den Dezernaten umgebaut werden. Welche Frau als Favoritin für ein neu zugeschnittenes Dezernat gehandelt wird.
- Stadt Herne will Dezernate in der Verwaltung neu zuschneiden.
- Opposition sagt: Neue Dezernentin ist schon ausgeguckt.
- Rat entscheidet über Änderungen im Verwaltungsvorstand.
Zum 1. Januar verlässt Sozial- und Gesundheitsdezernent Johannes Chudziak die Stadt Herne und wechselt zum Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Bereits vor der öffentlichen Ausschreibung seiner Stelle und der anschließenden Wahl durch den Rat entbrennt Streit. Anlass: Die Fachbereiche der Nachfolgerin oder des Nachfolgers sollen neu zugeschnitten, Bildung und Jugend getrennt werden. Für die Opposition ein klares Indiz dafür, dass die neue Dezernentin oder der neue Dezernent bereits „ausgeguckt“ worden ist. Und im politischen Raum kursiert auch schon ein Name für das Chudziak-Erbe: Stephanie Jordan, Leiterin des städtischen Fachbereichs Kinder-Jugend-Familie in Herne.
Auf Vorschlag der für den Zuschnitt im Stadtvorstand formal zuständigen Verwaltung sollen der Hauptausschuss am Dienstag, 20. September, und der Rat eine Woche später folgende Änderungen für den von Bildungsdezernent Andreas Merkendorf geführten Bereich III und das Chudziak-Dezernat IV beschließen: Soziales und Sport sollen dem Vorstandsbereich III zugeordnet werden, im Gegenzug wandert der Fachbereich Kinder-Jugend-Familie und Kultur zu IV. Das hieße: Andreas Merkendorf soll künftig für Schule und Weiterbildung, Soziales (mit Jobcenter) und Sport zuständig sein, die Nachfolgerin von Johannes Chudziak – auf Wunsch von OB Frank Dudda und der Politik soll es eine Frau werden – wäre dann Chefin für Kinder-Jugend-Familie, Gesundheit und Kultur (siehe Grafik).
Herne: SPD hat das Vorschlagsrecht
Das Vorschlagsrecht für die Neubesetzung hat innerhalb der rot-schwarzen Ratskooperation die SPD-Fraktion. Und die kann sich nach WAZ-Informationen gut vorstellen, dass Stephanie Jordan neue Dezernentin wird. Das will SPD-Fraktionschef Udo Sobieski gegenüber der WAZ allerdings nicht bestätigen: „Wir sind noch im Findungsprozess.“
Die Verwaltung begründet die „strategische Neustrukturierung“ in ihrer Vorlage für die Politik so: Gerade die Fachbereiche 31 – Schule und Weiterbildung sowie 42 – Kinder-Jugend-Familie stellen sehr große Bereiche im Dezernat III dar.“ Unabhängig von der hohen Zahl der Mitarbeitenden in beiden Fachbereichen seien jeweils auch umfangreiche und richtungsweisende bildungs- und familienpolitische Themen zu behandeln.
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Auch das führt die Verwaltung an: Zwischen Schule, Soziales und Sport gebe es „erhebliche inhaltliche Schnittpunkte“ wie zum Beispiel Bildung und Teilhabe, Kommunales Integrationszentrum und Schulsport. Ebenso werde die Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen Kinder-Jugend-Familie, Gesundheit und Kultur und „durch viele fachbereichsübergreifende Themen“ wie beispielsweise kulturelle Jugendveranstaltungen, Kinder- und Jugendärztlicher Dienst und Familienhebammen bestimmt.
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Die Grünen üben harte Kritik am Reform-Vorschlag der Verwaltung. „Der Neuzuschnitt der Dezernate vor Ausschreibung der Stelle deutet eindeutig darauf hin, dass man schon weiß, wer es werden soll. Warum sollte man es denn sonst tun?“, fragt Grünen-Fraktionschef Thomas Reinke auf Anfrage der WAZ. Das sei nicht in Ordnung, weil es dann kein offenes Rennen mehr sei, bei dem sich die oder der Beste am Ende durchsetze.
Unabhängig von diesem Vorwurf hält Reinke die Neustrukturierung für falsch: „Bildung gehört in eine Hand. Und frühkindliche Bildung gehört für mich dazu.“ Schule, Bildung und Jugend passe ebenso gut zusammen wie Soziales und Gesundheit. Vom Grundprinzip war das ein guter Zuschnitt. Und: „In einer Stadt wie Herne muss Soziales genauso Priorität haben wie Bildung.“ Mit der bisherigen Verteilung sei man diesem Anspruch gerecht geworden. Nun habe man aber offenbar kein Interesse mehr daran, einen Experten für Soziales für den Verwaltungsvorstand zu gewinnen. Es sei bemerkenswert dass die SPD als Sozialdemokratische Partei ihren Schwerpunkt nicht bei dem Bereich Soziales setze. Dieser Schwerpunkt werde nun der Bildung untergeordnet.
Bislang keine Frau in der Herner „Stadtregierung“
SPD-Fraktionschef Udo Sobieski zeigt sich dagegen „offen“ für den Umbau der Dezernate. Auch deshalb, um die Kompetenzen von Bildungsdezernent Andreas Merkendorf zu stärken: „Er macht seine Arbeit hervorragend.“ Wer auf Chudziak folgt, müsse das Bewerbungsverfahren zeigen. Nur so viel: „Wir wollen auf jeden Fall eine Frau im Verwaltungsvorstand.“ Hintergrund: Der Verwaltungsvorstand – neben OB Frank Dudda auch die fünf Dezernenten – bildet im Rathaus die „Stadtregierung“. Aktuell sind alle Mitglieder männlich.
CDU-Fraktions-Chef Timon Radicke verweist gegenüber der WAZ auf das Vorschlagsrecht der SPD. Im Vorfeld habe die CDU mit der SPD und OB Frank Dudda (SPD) über die neue Struktur gesprochen. Und: Es sei nicht unüblich, dass bei einer Neubesetzung im Verwaltungsvorstand Bereiche anders zugeschnitten würden. „Wir begleiten das wohlwollend“, sagt Radicke.
Dezernatszuschnitt würde Wahl formal möglich machen
Bildungsdezernent Andreas Merkendorf will sich auf Anfrage der WAZ nicht äußern. Nur so viel: Wenn sich die Politik für diesen Schritt entscheide, „dann freue ich mich sehr über die Aufgabe“.
Die nach WAZ-Informationen als mögliche Dezernentin gehandelte Diplom-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin Stephanie Jordan (43) ist seit Juli 2018 Leiterin des Fachbereichs Kinder-Jugend-Familie. Der neue Dezernatszuschnitt würde zumindest formal ihre Wahl möglich machen. Jordan trat als Jugendamtschefin die Nachfolge von Annette Frenzke-Kulbach an, die damals von Dortmund „abgeworben“ wurde. Mit der Wahl zur Dezernentin hätte Jordan ähnlich wie Andreas Merkendorf (45) eine Blitzkarriere in der Herner Verwaltung hingelegt: Der frühere Geschäftsführer des NRW-Philologenverbandes ist nur gut drei Jahre nach seiner Ernennung zum Leiter des Fachbereichs Schule im Juni 2021 vom Rat mit breiter Mehrheit zum Bildungsdezernenten gewählt worden, ebenfalls auf SPD-Ticket. Zuvor bekleidete Gudrun Thierhoff (Grüne) dieses Amt.
>>> Die Zuschnitte der Anderen
Andere Städte, andere Zuschnitte: Wie Revier-Kommunen die Schwerpunkte der Herner Dezernate III und IV strukturiert haben.
- Gelsenkirchen: Dezernat für Soziales, Jugend und Gesundheit sowie Dezernat für Schule und Kultur.
- Bochum: Dezernat für Bildung, Kultur und Sport sowie Dezernat für Jugend, Soziales, Arbeit und Gesundheit.
- Dortmund: Dezernat für Schule mit Jugend mit Kita-Eigenbetrieb sowie Dezernat für Soziales, Sport und Gesundheit.
- Duisburg: Dezernat für Bildung, Arbeit und Soziales sowie Dezernat für Recht, Familie und Integration.
- Mülheim: Dezernat für Schule, Jugend und Sport sowie Dezernat für Gesundheit, Soziales, Arbeit und Kultur.
- Essen: Dezernat für Jugend, Bildung und Kultur sowie Dezernat für Soziales, Arbeit und Gesundheit.