Herne. Am Mittwoch enden die drei Monate, in denen Menschen Bus und Bahn mit dem 9-Euro-Ticket nutzen konnten. Welches Fazit die Herner HCR zieht.

Am Mittwoch, 31. August, um Mitternacht enden die drei Monate, in denen Menschen Bus und Bahn mit dem 9-Euro-Ticket nutzen konnten. Die WAZ hat die Herner HCR nach ihrem Fazit und den Bedingungen für ein Folgeangebot gefragt.

Das Fazit bei der HCR fällt eindeutig positiv aus. „Wir freuen uns, dass das Angebot so gut angenommen worden ist und der ÖPNV sehr im Gespräch gewesen ist“, sagt Sprecher Dirk Rogalla im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. In Summe seien in den drei Monaten rund 60.000 9-Euro-Tickets verkauft worden. Der stärkste Monat sei der August gewesen, dafür habe die Cranger Kirmes gesorgt, am wenigsten 9-Euro-Tickets seien im Juli verkauft worden, was auf die Sommerferien zurückzuführen sei. Allerdings seien die monatlichen Abweichungen nicht sehr groß gewesen.

Neukunden nutzten das Ticket meist im Freizeitbereich

Hinzu gekommen seien die etwa 15.000 HCR-Abonnenten, deren Ticketpreis auf neun Euro reduziert worden sei. Also habe es in Summe im Aktionszeitraum mehr als 100.000 Fahrtberechtigungen im Bereich der HCR gegeben. Diese Zahlen bestätigten die Prognose, die das Unternehmen im Vorfeld gemacht habe.

Eine Auswertung der Fahrten habe offenbart, dass ein Großteil der Neukunden das 9-Euro-Ticket im Freizeitbereich genutzt habe. Die Auslastung der HCR-Busse sei an den Wochenende um etwa 20 Prozent gestiegen, an Werktagen habe der Zuwachs im einstelligen Prozentbereich gelegen. Das Unternehmen habe diese Zuwächse mit dem vorhandenen Fahrplan gut bewältigen können. Da zum Beispiel die Busse an Wochenende leerer seien, seien keine zusätzlichen Fahrten notwendig gewesen. Die größte Unbekannte in den drei Monaten sei die Cranger Kirmes gewesen, die ein Millionenpublikum anlockt. Auch diese sei gut bedient worden. Rogalla: „Die drei Monaten sind größtenteils völlig reibungslos verlaufen.“

Einnahmeausfälle von rund einer Million Euro pro Monat - der Bund gleicht aus

Das gilt offenbar auch für Fahrgäste ohne gültiges Ticket: Auch in den drei Monaten seien Kontrollen durchgeführt worden - mit dem Ergebnis, dass sich die Zahl der Menschen ohne gültigen Fahrschein mehr als halbiert habe.

Nach seinen Angaben hatte die HCR durch diese Entlastungsmaßnahme der Bundesregierung Einnahmeausfälle von rund einer Million Euro pro Monat. Der Bund sei gerade dabei, seine Zusage einzulösen, dass der Verlust ausgeglichen wird. Etwa 80 Prozent der Summe sei bereits vom Bund überwiesen worden.

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Angesichts des Erfolgs des 9-Euro-Tickets wird seit Wochen über mögliche Nachfolgemodelle diskutiert. Aus Sicht der HCR wäre ein weiteres Angebot ohne finanzielle Mittel des Bundes eine „Quadratur des Kreises“, so Rogalla. Der Grund: Der Öffentliche Personennahverkehr benötigt ohnehin Zuschüsse, weil er sich nicht selbst trägt. Auf Grund der gestiegenen Kraftstoffkosten und einer zum Jahresende anstehenden Tariferhöhung beim Personal sind die Kosten bereits gestiegen - und werden weiter steigen. Allein dies ohne Preiserhöhungen für die Kunden aufzufangen, sei ein Ding der Unmöglichkeit. Eine mögliche Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket würde zudem Einnahmeverluste bedeuten - die ohne Bundesmittel nicht aufzufangen wären.

So steckt die HCR - wie alle anderen Nahverkehrsunternehmen - in einem Dilemma. Sie möchte neue Kunden gewinnen, dies würde aber auch höhere Kosten bedeuten: für zusätzliche Busse und zusätzliches Personal. So sei es unbedingt erforderlich, dass Bund und Land den Nahverkehr nachhaltig finanzieren, damit das aktuelle Angebot ausgebaut oder zumindest erhalten werden könne. Völlig losgelöst von einer möglichen Nachfolgeregelung des 9-Euro-Tickets.

>>> MÖGLICHE ANSCHLUSSREGELUNGEN

■ Bundesweit sind rund 38 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft worden. Angesichts des absehbaren Erfolgs werden seit Wochen mögliche Anschlussregelungen diskutiert.

■ Ganz frisch ist der Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion für ein bundesweites 49-Euro-Ticket. In diese Richtung denkt auch NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer. Er schlägt ein 29-Euro-Ticket für Regionen vor, und ein bundesweites Ticket für 49 Euro.

■ Thüringens Verkehrsministerin hat ein Klimaticket in Form eines 365-Euro-Tickets vorgeschlagen.

■ Hessen denkt über ein 31-Euro-Ticket für Bedürftige und ein 69-Euro-Ticket für alle anderen nach.

■ Klar ist in allen Fällen, dass sich der Bund an der Finanzierung beteiligen muss.