Herne. Warum die Herner Ratssitzung trotz steigender Infektionszahlen im engen Ratssaal stattfinden soll. Und: An der Podcast-Front ist es (zu) ruhig.
War was? Die nächste Herner Ratssitzung soll trotz explodierender Corona-Zahlen im kuscheligen Ratssaal stattfinden. Das weckt Widerspruch.
Stadt verlässt sich auf Erlass
Die Infektionszahlen steigen derzeit in Deutschland kräftig an, die Corona-Regeln werden verschärft, doch für den Herner Rat gilt offenbar: Business as usual. Die Sitzung am 30. November soll nämlich im Ratssaal stattfinden. Das bedeutet: 62 Stadtverordnete plus etwa 15 Vertreter der Verwaltung werden sich auf relativ engem Raum treffen, um sich ohne Abstand mit zeitaufwendigen Themen wie beispielsweise Haushalt und Hallenbad Eickel zu befassen. Bereits am vergangenen Dienstag sind im Hauptausschuss mit rund 25 Teilnehmern im kleinen Sitzungssaal des Rathauses Zweifel an der Saalpolitik der Stadt laut geworden, und zwar durch Grünen-Fraktions-Chef Thomas Reinke. Es sei ein Widerspruch, wenn beispielsweise in Schulen und Restaurants auf Abstand geachtet werden müsse und in der Politik nicht, so der Ratsherr (und Lehrer).
Die Stadt verweist auf Anfrage der WAZ auf Düsseldorf. Die aktuelle Erlasslage des Landes lasse eine Sitzung im Ratssaal zu, heißt es. Und auch das regele der Erlass: Die Gremien tagen unter 3G-Bedingungen. Eine Anordnung für 2G sei derzeit nicht zulässig, denn demokratisch gewählte Mandatsträger, die weder geimpft noch genesen seien, würden dadurch an der Ausübung ihres Mandats gehindert. Und: Der für die Kommunen bindende Landeserlass sehe auch keine Maskenpflicht mehr vor. „Es steht den Gremienmitgliedern jedoch frei, ihrerseits freiwillig eine Maske zu tragen.“ Wer weiß: Vielleicht löst sich die Stadt ja doch noch von den Buchstaben des Erlasses, greift die Bedenken Reinkes auf und verlegt die Sitzung - wie bereits mehrfach praktiziert - ins Kulturzentrum oder ins Volkshaus Röhlinghausen. Wäre ja nicht das erste Mal seit Corona-Ausbruch, dass ein Antrag oder Vorschlag der Grünen zur Pandemiebekämpfung in Herne mit etwas Verspätung umgesetzt würde.
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Der Feind in meinem Bett
An der Herner Podcast-Front ist es zuletzt ruhiger geworden. Das „Stadtgeflüster“, das Format von CDU-Chef Timon Radicke, ist seit Ende 2020 verstummt, der Podcast „Grunschnäbel“ der Grünen Jugend seit März 2021. Der Linken-Podcast „Fritz-Constantins Flüstertüte“ ist nach einer hohen Schlagzahl im Sommer - fünf Ausgaben in knapp drei Monaten - zuletzt im September gelaufen; zum Thema „Kinderarmut“ war u.a. Ex-Linken-Chefin Katja Kipping zu Gast. Kontinuität gibt es bei der „Ebene L“, dem im Zwei-Monats-Rhythmus veröffentlichten Podcast von SPD-Chef Alexander Vogt und dem Kommunikationsexperten Martin von Berswordt. In der Folge „Sondierungsgespräch“ ging es am 3. Oktober um eine Bilanz des Wahlkampfs aus PR-Sicht.
Wenn es den Verantwortlichen an Themen mangeln sollte, kann Politgeflüster gerne behilflich sein. Fürs „Stadtgeflüster“ böte sich eine Folge über das interne Parteigeflüster (besser: Geraune) zu den anstehenden CDU-Vorstandswahlen an. Die „Grünschnäbel“ könnten sich mit Tempo 130 befassen und beim Titel der Folge mit Blick auf die FDP eine Anleihe beim US-Film „Der Feind in meinem Bett“ machen. Und in einer Ausgabe von „Fritz-Constantins Flüstertüte“ über Sahra Wagenknecht könnten Herner Linke-Mitglieder ihr bisher vor allem auf Facebook transportiertes Unverständnis über die Corona-Schwurbelei der umstrittenen Politikerin auf eine neue Ebene heben.