Herne. Die gestiegenen Preise für Benzin und Diesel belasten Herner Unternehmen. Wie die Betriebe auf die hohen Kosten reagieren.

Die Benzin- und Dieselpreise machen den Stopp an der Tankstelle schon seit einigen Monaten zu einem unerfreulichen Ereignis, die Kosten für eine Tankfüllung steigen immer weiter. Diese Entwicklung trifft gerade auch Herner Unternehmen. Die WAZ hat mit einigen von ihnen gesprochen.

Graf’s Reisen

Michael Thüring, Geschäftsführer bei Graf’s Reisen, findet deutliche Worte. „Erst hatten wir die Pandemie, jetzt bekommen wir mit den Dieselpreisen wieder einen vor den Koffer.“ Das Unternehmen habe große Schwierigkeiten, mit der Situation klar zu kommen. Dazu muss man wissen: Der Busreiseanbieter kalkuliert seine Angebote rund ein Jahr im Voraus. Auch der Kraftstoffverbrauch ist Teil der Kalkulation - eine Preissteigerung diesen Ausmaßes sei nicht vorhersehbar gewesen, so Thüring. Anders als etwa Fluglinien mit einem Kerosinzuschlag habe Graf’s keine Möglichkeit, etwas von der Steigerung an die Kunden weiterzugeben.

Michael Thüring, Geschäftsführer des Herner Reiseunternehmens Graf’s Reisen, ärgert sich über die gestiegenen Spritpreise.
Michael Thüring, Geschäftsführer des Herner Reiseunternehmens Graf’s Reisen, ärgert sich über die gestiegenen Spritpreise. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Zwar müsse man nicht Preise wie an der Tankstelle zahlen, weil das Unternehmen beim Großhändler jeweils Mengen von rund 30.000 Litern ordere, doch die Steigerung falle im Verhältnis genauso stark aus. Dass die Preise zur Unzeit steigen, macht Thüring an einer Zahl deutlich. Nach der Corona-Zwangspause seien immer noch 13 Busse abgemeldet.

Bäckerei Brinker

Ähnlich ist die Gemütslage bei Karl Brinker, Inhaber der Bäckerei Brinker mit rund 70 Filialen im ganzen Ruhrgebiet und im Bergischen Land. „Es geht an die Reserven, die nach Corona gar nicht mehr vorhanden sind“, sagt er im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Zur Brinker-Flotte gehören 20 Lieferwagen in unterschiedlicher Größe. Da Brinker den Treibstoff nicht im Großhandel kauft, muss er die Tankstellenpreise bezahlen. Natürlich schaue er nach der Alternative E-Mobilität, doch in dieser Hinsicht gebe es noch nichts Brauchbares für seine Zwecke. Doch das Thema Diesel ist für Brinker nur ein Aspekt. So eine Preisdynamik wie zurzeit habe er noch nicht erlebt, sei es bei den Energiekosten oder bei den Rohstoffen. Er nennt ein Beispiel: Chiasamen hätten sich um 100 Prozent verteuert. Bei Verpackungsmaterial sei er inzwischen froh, wenn er die nötige Menge erhalte. Zum Glück habe er bei einigen Artikeln längerfristige Verträge abgeschlossen, sodass dort die Preisanstiege noch nicht durchschlügen, doch insgesamt seien die Produktionskosten um rund 25 Prozent gestiegen. Es sei unausweichlich, dass dies bei den Preisen an der Ladentheke ankomme.

HCR

Bei der HCR geht man davon aus, dass die gestiegenen Dieselpreise das Jahresergebnis mit rund 100.000 Euro belasten werden. Das sagt Vertriebsleiter Henning Viefhaus im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Ursprünglich habe man mit Kosten in Höhe von 1,5 Millionen Euro kalkuliert, 1,6 Millionen dürften es werden. Auch die HCR kaufe Diesel im Großhandel, dabei würden verschiedene Händler angefragt und das jeweils günstigste Angebot genommen.

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Völlig überraschend sei die Steigerung nicht gekommen, so Viefhaus, man habe schon damit gerechnet, dass mit dem Anziehen der Konjunktur nach der Pandemie auch die Preise anziehen würden. Doch mit dem Ausmaß hat auch die HCR offensichtlich nicht kalkuliert.

Schon seit einigen Jahren versucht die HCR gegenzusteuern, unter anderem mit Schulungen der Fahrer oder einem elektronischen System, das die Fahrer beim spritsparenden Fahren unterstützt.

Spedition Niebuhr

Wie sehr Dieselpreise weh tun können, offenbaren Zahlen der Herner Spedition Niebuhr, die bundesweit und international unterwegs ist. Jedes der 21 Fahrzeuge fahre im Durchschnitt 13.000 Kilometer pro Monat. Das ergibt eine Gesamtkilometerleistung pro Jahr von zirka 3,276 Millionen Kilometer. Da kommen stattliche Beträge für Diesel zusammen. Zwar habe die Spedition andere Konditionen als der Privatkunde, so Prokuristin Emma Niebuhr, dennoch mache sich die Steigerung bemerkbar. Noch könne man die Mehrkosten an die Kunden weitergeben.

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Bauunternehmen Heitkamp

Auch beim Wanner Bauunternehmen Heitkamp, das mit vielen Fahrzeugen landes- und bundesweit unterwegs ist, schlagen sich die steigenden Preise nieder. „Wir haben in den Angebotskalkulationen den Dieselpreis entsprechend korrigiert. Diese Kostenanpassung wirkt sich jedoch nicht auf bereits bestehende Aufträge aus. Die entstehenden Mehrkosten tragen zunächst wir. Im Transportbereich werden wir kurzfristig unsere Preise anpassen müssen“, heißt es vom Unternehmen.

Taxi Bußmann

Bernd Bußmann führt sein Taxiunternehmen in Herne seit 30 Jahren. Er klagt über hohe Spritpreise in Kombination mit einem möglicherweise steigenden Mindestlohn.
Bernd Bußmann führt sein Taxiunternehmen in Herne seit 30 Jahren. Er klagt über hohe Spritpreise in Kombination mit einem möglicherweise steigenden Mindestlohn. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

„Im Augenblick kommen wir über die Runden“, sagt Bernd Bußmann, der seit knapp 30 Jahren das Taxiunternehmen Bußmann führt. Zwar schmerzten die hohen Spritpreise, man könne sie aber noch abfedern. Schwierig werde es allerdings, wenn zusätzlich der Mindestlohn – wie von den drei Ampel-Parteien SPD, FDP und Grünen geplant – auf zwölf Euro steige. Bußmann ist sich sicher: „Dann wird Taxifahren unbezahlbar.“

Pizza-Time

Stark bemerkbar machen sich die gestiegenen Preise beim Eickeler Lieferdienst Pizza-Time, der bei der Auslieferung seiner Pizzen auf das Auto angewiesen ist. „Ich mache mir große Sorgen. Die jetzige Situation ist für jeden Gastronomen existenzbedrohlich“, sagt Chef Yassen Ebraci. Neben den hohen Benzin- und Dieselpreisen leide er auch extrem unter den anderen inflationsbedingten Preissteigerungen.

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Caritas

Beim Caritasverband Herne registriert man den Preisanstieg ebenfalls mit Besorgnis. Grund: Die Flotte des ambulanten Pflegedienstes besteht hauptsächlich aus Benzin-Fahrzeugen. „Wir sind mit 40 Autos in der Stadt unterwegs und fahren rund 50 Kilometer pro Tour“, erklärt Vorstand Ansgar Montag. „Wegen der höheren Preise werden wir wohl etwa 10.000 Euro mehr an Kosten haben.“

Das sei ein Problem, denn der jährliche Kostenbedarf werde mit den Pflegekassen im Voraus ausgehandelt. Rücklagen oder Risikozuschläge sehe das System nicht vor. „Woher das Geld kommen soll, wissen wir noch nicht“, sagt Montag. Einige Elektrofahrzeuge zähle die Pflegeflotte mittlerweile schon. Der Caritas-Chef betont: „Wir würden gerne stärker auf E-Mobilität setzen, aber im Moment fehlen einfach noch die Lademöglichkeiten.“