Herne. Eine Stunde auf dem Rücksitz von Taxifahrer Bernd Bußmann: In seinem Wagen hat der 59-Jährige einiges erlebt – Gutes wie Schlechtes.
- Für die Serie 24-h-Herne ist unser Autor eine Stunde mit Bußmanns Taxi gefahren
- Dem 59-Jährigen gehört ein Unternehmen, er sitzt auch selbst am Steuer
- Zu seinen Gästen gehörten auch schon Prominente und Sportler
Bernd Bußmann wartet auf den nächsten Fahrgast. Zeit für eine Geschichte: „Ich bin in der ganzen Zeit als Taxifahrer nie jemandem hinterhergefahren. Ich habe auch die Kollegen gefragt, ob sie das mal erlebt haben. Aber keiner konnte davon berichten.“ Einen untreuen Ehemann verfolgen, das gibt’s wohl nur im Film, nicht in Wanne-Eickel. Als Taxifahrer erlebt man trotzdem viel – vor allem, wenn man so lange im Geschäft ist wie Bernd Bußmann.
„Die Leute fragen mich immer, wo ich überall gewesen bin“, sagt der 59-Jährige. Dann antworte er: „In der Normandie.“ Nach Polen sei er auch mal gefahren, um Geschäftsleuten ihren Schlüssel zu bringen. Oder nach Ungarn: 1500 Kilometer für Industrieteile. Würde man heute nicht mehr machen, sagt Bußmann, der ein echtes Ruhrgebietskind ist.
Prominente Fahrgäste
Aufgewachsen in Wanne-Eickel, BVB-Dauerkarten-Besitzer. 1978 hat der 59-Jährige seine erste Fahrt gemacht, und ist dabei geblieben, hat Taxi-Unternehmen aufgekauft und mittlerweile elf Fahrzeuge und jede Menge Fahrer, die in drei Schichten rund um die Uhr die Wagen durch Wanne-Eickel fahren. Er selbst sitzt als Firmen-Chef auch am Steuer. „Ich fahre gerne Auto.“
Glück hatte Bußmann, als Michael Kessler ins Taxi stieg. „Ein super Typ, der war echt klasse“, erinnert sich der Wanne-Eickeler an den Komiker. Christoph Metzelder war auch mal im Wagen, die Autogrammkarte hängt in seinem Büro an der Martinistraße 7. Schalker wie Raúl seien auch mal Kunden gewesen. Aber einen echten Dortmunder lässt das nicht in Begeisterung ausbrechen.
Manchmal hat er auch Pech
Pech hatte der 59-Jährige, als ein Fahrgast eines seiner Fahrzeuge einkotete. Zu der Zeit habe es eine Serie über die Polizei in Wanne-Eickel gegeben. „Fünf Wochen danach hab’ ich im Fernsehen gesehen, wie es dazu kam. Die Polizisten hatten dem Mann ein Taxi gerufen und ihn ins Auto gesetzt.“ Schadensersatz habe er nie verlangt, sondern einfach die Fußmatten weggeschmissen.
Der nächste Fahrgast wartet. Bußmann muss den Wanner Hegeringleiter Wolf-Rüdiger Scholz zu einer Vorstandssitzung bringen, einen alten Freund. „Die fünfmal die drei habe ich einfach im Kopf“, begründet der 68-Jährige seinen Anruf. „Taxifahren ist der bequemste und sicherste Weg.“
Keine Lust auf Small-Talk
Fahrgäste wie den Wanne-Eickeler Scholz hat Bußmann gern in seinem Auto sitzen. „Es gibt Fahrgäste, mit denen man sich wunderbar unterhalten kann“, sagt er. Small-Talk sei für ihn nichts. „Schönes Wetter, blauer Himmel und so, darauf hab’ ich keinen Bock.“ Manche wollten auch gar nicht reden, andere lieber singen. „Ich hab’ mal einen Mann gefahren, der die ganze Zeit wie ein Opernsänger gesungen hat. Der hat sich ins Auto gesetzt, gesagt wo er hin will – und losgesungen.“
Solche Fahrten in den Abendstunden seien in Wanne-Eickel eher selten. „Wir haben keine Diskothek, keinen Flughafen und kein Nachtleben. Wer braucht da Taxen? Die Zeiten haben sich geändert“, so Bußmann. Wenn die Leute feiern wollten, führen sie mit der Straßenbahn fahren, das sei günstiger. „Wir kriegen keinen Zuschuss.“ Glücklicherweise gebe es in Wanne-Eickel „sehr gute Krankenhäuser“. Die Patienten des St. Anna-Hospitals und des Evangelischen Krankenhauses machten einen Großteil seiner Kunden aus.
Die Stunde mit dem Taxifahrer ist vorbei. „Hast du sonst noch Fragen?“, brummt Bußmann typisch ruhrpottlerisch. Es ist an der Zeit zu gehen. Bernd Bußmann muss weiter.