Herne. . Seit 100 Jahren das tägliche Brot: Brinker feiert rundes Jubiläum. Das Unternehmen zählt längst zu den großen Filialisten im Ruhrgebiet.
Wanne-Eickel - das war vor vielen Jahren nicht nur die Stadt der 1000 Züge, sondern auch die Stadt des Brotes. Eine ganze Reihe von Bäckereien heizten ihre Öfen an. Die meisten sind verschwunden, eine von ihnen hat vor wenigen Tagen den 100. Geburtstag gefeiert: Bäckerei Brinker.
Den Grundstein für das Familienunternehmen legte Carl Brinker am 1. Mai 1919. In der heutigen Straße „Am Berg“ in Bickern buk er das erste Brot. In den folgenden Jahrzehnten steuerte Brinker stetig auf Wachstumskurs - allerdings noch mit einem anderen Geschäftsmodell als heute. Brinker war ein Lieferbetrieb, der Tante-Emma-Läden mit Brot versorgte, aber auch die Haushalte direkt anfuhr. Das änderte sich in den 70er-Jahren, als Tante Emma in Bedrängnis kam. Karl Brinker II. vollzog den Schwenk vom Brotspezialisten zum Vollsortimenter und stieg ins Filialgeschäft ein. Heute gibt es rund 70 Brinker-Filialen im gesamten Ruhrgebiet von Duisburg bis Dortmund. Dieses Wachstum spiegelt sich auch in der Produktionsstätte wider. Weil die Keimzelle in Wanne zu klein wurde, zog Brinker 1997 ins Industriegebiet „Friedrich der Große“, schon damals verließen pro Tag über eine Million Brötchen die Backöfen. Die rasante Entwicklung treibt seit 1992 Karl Brinker III. in der dritten Generation voran, er gehörte zu den Pionieren der Branche, der vorgebackene tiefgekühlte Ware produzierte.
Beinharter Wettbewerb
Auch wenn die Produktion auf FdG stattliche Ausmaße hat: Für Karl Brinker ist es nach wie vor die Backstube. Der Grund: der 59-Jährige betont im Gespräch mit der WAZ-Redaktion, dass man im Herzen Bäcker geblieben sei. Die Philosophie laute: „So viel Handwerk wie möglich, so wenig Technik wie nötig.“ Der Natursauerteig reife natürlich, eine lange Gärzeit sorge für eine optimale Aromaausbildung. Die zahlreichen Auszeichnungen an den Wänden der Firmenzentrale zeugen davon, wie erfolgreich diese Strategie ist.
Dennoch: Auch Brinker spürt den beinharten Wettbewerb in der Branche. Der habe etwa seit dem Jahr 2000 eingesetzt, als der Handel damit begann, Backwaren selbst in den Supermärkten zu produzieren, erzählt Marlies Brinker (48), in der Geschäftsleitung unter anderem für den Vertrieb von Tiefkühlprodukten verantwortlich.
Discounter böten die Ware zu einem Drittel des Preises an. Brinker gehe nicht in diesen Preiskampf, vielmehr wolle man sich mit handwerklichen Produkten absetzen von den preisgünstigen Anbietern und bei den Kunden Emotionen wecken. Außerdem wolle Brinker verstärkt eine junge Kundschaft gewinnen - etwa mit zeitgemäßen Snacks, bei den Quinoa, Couscous & Co. eine Rolle spielen. Auch der neue Filialtyp „Brinker by Marlies Brinker“, der in Herne-Süd bereits erfolgreich etabliert ist, sei ein Mosaikstein in der Strategie - in der weiteres Wachstum keinesfalls ausgeschlossen ist: „Wir schauen nach neuen Filialen.“ Daneben gehe es darum, Filialen auf eine aktuellen Stand zu bringen, zum Beispiel mit Blick auf Barrierefreiheit.
Auch in anderer Hinsicht müsse sich Brinker neu erfinden - als Arbeitgeber. Noch könnten die Ausbildungsplätze besetzt werden, doch der Aufwand steige. Deshalb nehme Brinker verstärkt Dinge in den Fokus, die man in der Vergangenheit nicht im Blick hatte: So will das Unternehmen am nächsten Speeddating für Auszubildende teilnehmen, außerdem können sich Brinkers vorstellen, junge Mitarbeiter als Ausbildungsbotschafter in Schulen zu schicken, um für den Betrieb zu werben.
Brinker hat ein stattliches Exportgeschäft
Das inhabergeführte Familienunternehmen hat nach eigenen Angaben 746 Mitarbeiter, davon 630 Festangestellte und 116 Geringzeitbeschäftigte. Außerdem hat Brinker 95 Auszubildende.
Was viele Kunden nicht wissen: Brinker hat ein stattliches Exportgeschäft. Das Tiefkühlsortiment wird weltweit vertrieben: Die USA, Polen, Spanien und Skandinavien gehören ebenso dazu wie Hongkong, Österreich, Schweiz, Holland, Ägypten, Portugal, Australien oder Saudi-Arabien. In Mekka und Jeddah prangt über zwei Bäckereien sogar der typische Brinker-Schriftzug.