Herne. Ist das Wort „Schwarzfahrer“ rassistisch? Nahverkehrsunternehmen wollen nun auf den Begriff verzichten. So verfahren Bogestra und HCR in Herne.

Mehrere deutsche Nahverkehrsunternehmen, darunter die in Nürnberg, Berlin und München, haben erklärt, dass sie den Begriff „Schwarzfahren“ bei Fahrgastinformationen, Aushängen oder Pressemitteilungen nicht mehr verwenden wollen, weil dieser rassistisch sei beziehungsweise rassistisch verstanden werden könne. In Herne wird der Begriff nicht mehr verwendet, aber aus einem anderen Grund. Auftauchen kann er in Bus & Bahn aber dennoch weiterhin vereinzelt.

Aber der Reihe nach: Die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland Bund (ISD) begrüßt den Vorstoß auf den Verzicht mehrerer Verkehrsbetriebe auf das Wort von „Schwarzfahren“, „denn der Begriff hat für schwarze Menschen einen negativen Anklang“, sagte der Sprecher der Initiative, Tahir Della, der Nachrichtenagentur AFP. „Es wird damit assoziiert, dass Schwarzes für etwas Negatives steht.“

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Bogestra: Begriff „Schwarzfahren“ trifft die Sache nicht

Bei der Bogestra sind „Schwarzfahrer“ „Fahrgäste ohne gültigen Fahrschein“, sagt Unternehmenssprecherin Sandra Bruns.
Bei der Bogestra sind „Schwarzfahrer“ „Fahrgäste ohne gültigen Fahrschein“, sagt Unternehmenssprecherin Sandra Bruns. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

In Herne werde der Begriff „Schwarzfahren“ seit Jahren nicht mehr benutzt, heißt es bei den Nahverkehrsunternehmen Bogestra und HCR. Bei der Bogestra seien Fahrgäste, die ohne gültigen Fahrschein unterwegs seien, schlicht „Fahrgäste ohne gültigen Fahrschein“, sagt Unternehmenssprecherin Sandra Bruns. Das Wörtchen „gültig“ sei wichtig, weil manche Kunden zwar einen gültigen Fahrschein besäßen, diesen aber gerade nicht dabei, sondern etwa zu Hause vergessen hätten, zum Beispiel Besitzer von Schoko-Ticket oder Ticket 2000. Sie könnten ihr Ticket später im Kundencenter vorzeigen und müssten keine Strafe zahlen.

Den Begriff „Schwarzfahren“ habe die Bogestra nicht etwa deshalb aus ihrer Sprache getilgt, weil er rassistisch sei oder rassistisch verstanden werden könnte, sagt Bruns zur WAZ. Sondern: „Er trifft die Sache nicht.“ Das Unternehmen wolle deshalb eine Begrifflichkeit nutzen, die beschreibe, „was ist“. Deshalb besagte „Fahrgäste ohne gültigen Fahrschein“. Bruns betont in diesem Zusammenhang, dass die Bogestra „ein bunt gemischter Haufen“ sei, in dem Menschen aus 30 Nationen arbeiteten. Rassismus habe dort keinen Platz.

Herne: „Schwarzfahren“ kann noch auf alten Plakaten auftauchen

Ähnlich bei der Begrifflichkeit sieht es bei der HCR aus: Für das Herner Nahverkehrsunternehmen gibt es ebenfalls keine „Schwarzfahrer“. „Fälle von Fahrgästen ohne gültiges Ticket nennen wir im Sprachgebrauch kurz EBE“, sagt HCR-Sprecher Dirk Rogalla. „EBE“ stehe für „erhöhtes Beförderungsentgelt“, also für jene 60 Euro, die Fahrgäste bundesweit berappen müssen, die ohne gültigen Fahrschein in Bus & Bahn erwischt werden.

An vielen Ticketautomaten können „Fahrgäste ohne gültigen Fahrschein“ ihr Bußgeld bezahlen – das „EBE“, spricht „erhöhtes Beförderungsentgelt“.
An vielen Ticketautomaten können „Fahrgäste ohne gültigen Fahrschein“ ihr Bußgeld bezahlen – das „EBE“, spricht „erhöhtes Beförderungsentgelt“. © WAZ FotoPool | Sebastian Konopka

Auch wenn die Nahverkehrsunternehmen das „Schwarz fahren“ seit Jahren nicht mehr nutzen: Es komme bei der Bogestra noch ganz gelegentlich vor, dass der Begriff hier und da auftauche, und zwar in alten Fahrzeugen, sagt Unternehmenssprecherin Sandra Bruns. Auf Plakaten sei dort nämlich zu lesen: „Schwarz fahren kostet 60 Euro“. Diese alten Poster seien fast alle ausgetauscht worden, aber eben noch nicht alle. Das soll so schnell wie möglich nachgeholt werden.

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Auch die Essener Ruhrbahnverzichtet seit Jahren auf den Begriff „schwarz fahren“. Aber: Es gab noch im Jahr 2018 ein Projekt, das sich offiziell „schwarz zu gelb“ nannte und das Ziel verfolgte, aus „Schwarzfahrern“ Besitzer einer (gelbfarbigen) Jahres- oder Monatskarte zu machen. Dafür konnte ihnen dann die Strafe in Höhe von 60 Euro erlassen werden.

Sprachgeschichtlich hat das „Schwarz“ in „Schwarzfahrer“ übrigens nichts mit dem Farbton oder gar mit dunkelhäutigen Menschen zu tun. Vielmehr leitet es sich nach übereinstimmenden Berichten vom jiddischen Wort „shvarts“ ab, das mit arm übersetzt werden kann – „Schwarzfahrer“ wären demnach schlicht zu arm, um sich ein Ticket zu kaufen.