Herne. Wasserstoff ist „das neue heiße Ding“ bei der Umgestaltung der Klima-, Energie- und Industriepolitik. Das sind die Ansätze in Herne.
Bei der Umgestaltung der Klima-, Energie- und Industriepolitik spielt Wasserstoff seit einiger Zeit eine zentrale Rolle. Im vergangenen Jahr hat das Bundeswirtschaftsministerium seine nationale Wasserstoffstrategie veröffentlich, Ministerpräsident Armin Laschet will NRW zum Vorzeigeland machen, im Ruhrgebiet streben gleich mehrere Städte an die Spitze. In den vergangenen Monaten sind eine Reihe von Projekten und Initiativen angekündigt worden. Wasserstoff ist quasi „das neue heiße Ding“. Und in Herne? Es gibt erste, noch kleine Ansätze - doch es gibt Potenzial für mehr.
So teilte Entsorgung Herne im Januar mit, dass die Stadttochter 15 Abfallfahrzeuge mit Wasserstoffantrieb anschaffen werde. Insgesamt 14,7 Millionen Euro investiere Entsorgung, bis Ende 2022 sollen 15 schwere Fahrzeuge des Fuhrparks schrittweise durch Brennstoffzellenfahrzeuge ersetzt werden. Neben der Emissionsfreiheit entsprächen Reichweite, Antriebsstärke und Transporteffizienz dem Nutzungsprofil, das für Abfallsammlung und Straßenreinigung erforderlich sei. Die Betankung der Brennstoffzellen-Fahrzeuge soll in erster Linie an der Wasserstoffproduktions- und Betankungsanlage in Herten erfolgen.
Faun wartet in Herne all seine Wasserstofffahrzeuge, die im Ruhrgebiet unterwegs sind
Die Herner Stadtwerke haben im Juni das erste Fahrzeug in Dienst gestellt, dass mit Wasserstoff angetrieben wird. „Wasserstoff verfügt aus unserer Sicht über ein enormes Potenzial. Nicht umsonst haben wir uns Ende vergangenen Jahres an einem Projekt zur Wasserstoffproduktion beteiligt“, betonte Vorstand Ulrich Koch bei der Übergabe.
Beim Thema Mobilität ist Herne in einer Hinsicht sogar schon Zentrum in NRW. Das Unternehmen Faun an der Castroper Straße, das bereits eine ausgewiesene Kompetenz bei dieser Antriebsart hat, wartet in Herne alle Faun-Wasserstofffahrzeuge, die im Ruhrgebiet und auch darüber hinaus unterwegs seien. Das Team in Herne sei auf die Brennstoffzelle geschult, ebenso wie die Mitarbeiter von zertifizierten Werkstätten, teilt eine Sprecherin auf Anfrage der Herner WAZ-Redaktion mit.
Für Oberbürgermeister Frank Dudda hat das Thema Wasserstoffwirtschaft das Potenzial die Standortbedingungen für das Ruhrgebiet insgesamt im bundesweit Wettbewerb radikal zu Gunsten des Ruhrgebiets zu verändern. Er begleitet das Thema auch in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Ruhrparlaments. Er habe das Thema inzwischen dem NRW-Wirtschaftsministerium der Bundesregierung und der EU vorgestellt, berichtet er.
Bestehende Wasserstoffleitung führt an Blumenthal vorbei zu Evonik
Im Moment entstehe ein Milliardenpuzzle. Die Landesregierung habe eigentlich geplant, das rheinische Braunkohlerevier im Zuge des Steinkohlefördergesetzes als Wasserstoffrevier Nummer Eins aufzubauen. Das Ruhrgebiet sei damit nicht einverstanden gewesen und habe sich zur grünsten Industrieregion der Welt ausgerufen, so Dudda. Unterstützung habe es vom Institut der deutschen Wirtschaft bekommen, das in einem Ranking ausgewiesen habe, dass das Ruhrgebiet das größte Potenzial für Wasserstoff habe - inklusive Herne.
Beim Bau und Betrieb von Elektrolyseuren sowie beim Transport hätte Herne einen idealen Standort für ein Wasserstoffcluster: das Steag-Gelände in Baukau. Dort befinde sich ein Netzknotenpunkt. Dort gebe es eine Leitung, die nicht nur Gas transportieren könne, sondern auch Wasserstoff. Diese Leitung müsse vernetzt werden bis zur Nordsee, wo der Strom aus den erneuerbaren Energien (Wind) herkomme, erklärt der OB. Es müsste ein Elektrolyseur gebaut werden, auch modernste Speichertechnologien könnten in Herne ausprobieren. Ob und wann diese Vorstellungen umgesetzt werden können, hängt aber wohl von der Zukunft der Steag, die Städte wollen sich als Anteilseigner zurückziehen.
Allerdings gibt es bereits eine Wasserstoffleitung in der Stadt. Sie führt an der Brache General Blumenthal zum Evonik-Standort in Eickel. Gerade Blumenthal könne bei der Entwicklung der Internationalen Energiewelt in dieser Hinsicht interessant sein, weil man dort die Themen Forschung und Start-ups ansiedeln könnte.
Darüber hinaus bewirbt sich Herne um eine Nische: In Herne soll ein Biotechnisches Institut für Zukunftsforschung gegründet werden. Dort sollen, einmalig in Deutschland, Bio-Brennstoffzellen entwickelt und produziert werden. Ermöglicht werden soll ein Biotechnisches Institut durch das so genannte Fünf-Standorte-Programm. Die Bundesregierung unterstützt dabei fünf Städte von Steinkohlekraftwerken, damit diese in der Nach-Kohle-Zeit innovative Arbeitsplätze und moderne Ausbildungsstätten schaffen können; unter den Standorten ist auch Herne. Wasserstoff, so der OB, sei dabei ein Thema, das an allen fünf Standorten umgesetzt werden soll. Schwerpunkt in Herne soll die Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff und dessen Nutzung in Brennstoffzellen sein.