Düsseldorf. Ministerpräsident Laschet setzt beim Thema Wasserstoff auf ein Bündnis mit der Industrie. NRW will Laschet zum „Wasserstoffland“ machen.
RWE-Chef Rolf Martin Schmitz ist gekommen, um gleich für zwei Unternehmen zu sprechen – nicht nur für RWE, sondern auch für den neuerdings eng verbundenen Nachbarkonzern Eon. Wasserstoff, so formuliert es NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart, sei ein großer „Ermöglicher“. Zumindest ist das Thema offenkundig dazu geeignet, ganz unterschiedliche Industrievertreter an einen Tisch zu bringen. Für das Gruppenfoto mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Pinkwart liegt eine blaue Tafel mit der Aufschrift „Wasserstoffland Nordrhein-Westfalen“ bereit. Dabei ragt H2 groß im Landesnamen heraus – das Kürzel für Wasserstoff. Neben Laschet und Pinkwart stellen sich unter anderem Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz, Evonik-Lenker Christian Kullmann, Rheinmetall-Vorstand Armin Papperger und Arbeitgeberpräsident Arndt G. Kirchhoff auf.
Laschet spricht von „einem wichtigen Tag“ in der Industriegeschichte Nordrhein-Westfalens und einer „bemerkenswerten Initiative“ führender Unternehmen des Landes. Projektvorschläge mit einem Investitionsvolumen von rund vier Milliarden Euro haben die Firmenchefs mitgebracht. Ein dazugehöriges Strategiepapier trägt den Titel „Aufbruch in die Zukunft“. Es schlägt den Bogen von der Erzeugung über den Transport bis zur Speicherung und Anwendung von Wasserstoff.
Große Bedeutung für Branchen wie Chemie und Stahl
Laschet betont die guten Startvoraussetzungen für die Wasserstoff-Wirtschaft in NRW und erinnert an ein Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bei Thyssenkrupp in Duisburg, wo der Stahlkonzern eine klimaneutrale Produktion auf Basis von Wasserstoff statt Kohle aufbauen will. Der Ministerpräsident betont, er wolle mit Hilfe von Wasserstoff Arbeitsplätze „in den Schlüsselbranchen Chemie und Stahl“ sichern und neue Exportmärkte für klimafreundliche Technologien schaffen.
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Unternehmer-Präsident Kirchhoff sieht in dem Projektpapier auch ein Beispiel für einen „Korpsgeist“ der Industrie im Land. Gerade beim Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur sei Zusammenarbeit über Branchen
hinweg wichtig, betont Kirchhoff, der ein großes Autozulieferunternehmen mit Sitz in Iserlohn führt. Bei der Frage, wann sich klimaneutraler Stahl durchsetzen wird, spielt die Autoindustrie als Abnehmer des Werkstoffs eine wichtige Rolle.
Mit dem Stahlstandort Duisburg, den Raffinerien in Gelsenkirchen und dem Chemiepark Marl stellt sich gleich an mehreren Standorten im Ruhrgebiet die Frage, wie der Einsatz von Wasserstoff zum Klimaschutz beitragen kann. In dem nun präsentierten Projektpapier nimmt Deutschlands größter Stahlstandort Duisburg eine herausgehobene Rolle ein. Duisburg biete sich „für den Transformationsprozess in besonderem Maße an, da die integrierte Hütte – eine der größten weltweit – beste Voraussetzungen für eine schrittweise Überführung in eine nachhaltige Stahlerzeugung“ aufweise, heißt es in dem Papier.
Thyssenkrupp hofft auf staatliche Unterstützung angesichts hoher Kosten für den Umbau
Thyssenkrupp-Chefin Merz sagt in Düsseldorf, das Unternehmen wolle „so schnell wie möglich“ die Stahlproduktion auf klimafreundliche Verfahren umstellen. „Die Transformation ist sehr teuer“, räumt Merz zugleich ein. Thyssenkrupp allein rechne beim heutigen Niveau der Produktion mit Kosten in Höhe von rund zehn Milliarden Euro bis zum Jahr 2050. Die finanziellen Mittel in der Branche sind knapp, die Stahlkonzerne in der Corona-Krise erheblich unter Druck geraten. Angesichts notwendiger Investitionen hofft die Branche auf staatliche Hilfen.
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Auch wenn es nun um neue Projekte gehe, sei Wasserstoff „ein alter Bekannter“, sagt Evonik-Chef Kullmann und verweist auf die vielfältigen Erfahrungen der Industrie in diesem Bereich gerade am Standort Marl. RWE-Chef Schmitz verbreitet Aufbruchstimmung und skizziert, wie Wasserstoff in der Stahl- und Chemieindustrie oder als Treibstoff für Flugzeuge genutzt werden könnte. „Wir selber probieren im Moment alles aus“, erzählt Schmitz, „und machen bei möglichst vielen Projekten mit“.