Herne. Die Herner Sparkasse hat ihre Mitarbeiterin Nurten Özcelik, eine SPD-Ratsfrau, rausgeschmissen. Gegen den Rauswurf klagte sie. Mit Erfolg.

Die Herner Sparkasse ist mit ihrem Versuch gescheitert, eine prominente Mitarbeiterin loszuwerden: Das Kreditunternehmen hatte seine Mitarbeiterin Nurten Özcelik, die für die SPD im Rat sitzt, fristlos gekündigt. Das war nicht in Ordnung: Özcelik klagte gegen den Rauswurf – und bekam am Freitag vor dem Arbeitsgericht Recht.

Arbeitsrichter Ulrich Nierhoff schüttelte immer wieder verständnislos mit dem Kopf, ein ums andere Mal seufzte er angesichts der Schilderungen im Gerichtssaal. „Ich komme mir vor wie in einer beknackten Sitcom“, stellte er schließlich klar. Und fragte die Prozessbeteiligten, ob sie die 80er-Jahre-Comedyserie „Büro, Büro“ kennen. Dort geht es um Menschen und Geschäfte in einem Büro – inklusive Klatsch, Neid und Intrigen.

Herne: Fehler in Immobilien-Geschäft und schlechte Beurteilung

„Büro, Büro“, das ist in diesem Fall dann wohl die Herner Sparkasse. Özcelik, nach einem Wechsel innerhalb des Hauses seit drei Monaten in der Immobilienabteilung beschäftigt, eckte bei ihren Vorgesetzten an, weil sie schwere Fehler in einem Immobilien-Geschäft beanstandet habe, schilderte sie vor dem Arbeitsgericht. Daraufhin habe sie eine schlechte Beurteilung erhalten. Die habe sie nicht akzeptieren wollen, weil sie schließlich auf Mängel in einem Geschäft aufmerksam gemacht habe.

Akzeptierte eine schlechte Beurteilung nicht: Sparkassen-Mitarbeiterin Nurten Özcelik.
Akzeptierte eine schlechte Beurteilung nicht: Sparkassen-Mitarbeiterin Nurten Özcelik. © FUNKE Foto Services | Ralph Bodemer

Nun nun kommen zwei weitere Polit-Prominente ins Spiel: Hernes SPD-Fraktionschef Udo Sobieski und Hernes SPD-Chef Alexander Vogt. Beiden Parteifreunden habe sie von der schlechten Beurteilung erzählt. Als dieses Gespräch in der Chefetage der Sparkasse ankam, erhielt sie im vergangenen Sommer die fristlose Kündigung. Özcelik habe die Treuepflicht verletzt, begründete Anwältin Inken Hansen, Vertreterin der Herner Sparkasse. So etwas gehöre nicht in die Öffentlichkeit. Mehr noch: Die Sparkassen-Mitarbeiterin habe SPD-Chef Vogt und SPD-Fraktionschef Sobieski, der auch Aufsichtsratsvize bei der Sparkasse ist, auch von dem Immobiliengeschäft berichtet.

Stimmt nicht, konterte die Klägerin: Sie habe ihren SPD-Kollegen nur von der schlechten Beurteilung erzählt. Wenn die Anwältin das nicht glaube: Warum habe sie die beiden Männer nicht als Zeugen geladen und diese befragt? Eine Antwort erhielt Özcelik nicht.

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Ort der Verhandlung: das Arbeitsgericht in Herne-Mitte
Ort der Verhandlung: das Arbeitsgericht in Herne-Mitte © WAZ | Michael Muscheid

Richter Nierhoff reichten die Begründungen der Sparkassenseite nicht für einen Rauswurf. Özcelik sei seit über 30 Jahren in dem Haus beschäftigt, habe nie schlechte Beurteilungen bekommen, hieß es, außerdem könne man einem Angestellten kein schlechtes Zeugnis ausstellen, nur weil er Geschäftsabläufe kritische hinterfrage. Im Gegenteil: Ein solches Potenzial müsse ein Unternehmen nutzen. Der Richter fragte die Klägerin, ob sie mit einer Abfindung zufrieden sei. Özcelik verneinte: „Ich möchte meinen Arbeitsplatz zurückhaben.“

Den kriegt sie nun zurück – oder einen anderen im Hause: Das Arbeitsgericht hob die fristlose Kündigung auf. Nierhoff ermahnte beide Seiten eindringlich: „Sie werden einen Weg finden müssen, gemeinsam klar zu kommen.“ Was er nicht wolle, sei, dass beide demnächst schon wieder vor einem Arbeitsrichter sitzen. Er schlug der Herner Sparkasse eine Begleitung vor, etwa durch einen Mediator.

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Nicht nur mit der Herner Sparkasse, sondern auch mit ihrer Partei liegt Nurten Özcelik im Streit. Die SPD-Ratsfraktion wirft ihr unter anderem vor, über einen langen Zeitraum nicht an Sitzungen teilgenommen zu haben. Die Ratsfrau wehrt sich und verweist auf gesundheitliche Probleme.

Im Februar 2021warf die SPD-Fraktion Özcelik aus dem Vorstand, anschließend wollte die Fraktion sie auch aus den Fachausschüssen des Rates abwählen. Das konnte sie aber nicht umsetzen, weil dafür ein einstimmiger Ratsbeschluss nötig ist. Anders bei ihren Aufsichtsratsmandaten in städtischen Gesellschaften: Hier reichte im März eine einfache Mehrheit, um sie abzuwählen.

Bereits vor fünf Jahren traf sich Özcelik und mit Vertretern der Herner Sparkasse vor dem Arbeitsgericht. Damals ging es um die Anrechnung ihrer politischen Arbeit auf die Arbeitszeit. Die Sparkasse hatte die ehrenamtliche Arbeit nur noch zur Hälfte anerkannt.