Herne. Die Herner halten sich nicht mehr so gut an die Corona-Regeln, sagen die Chefs des KOD im Interview. Sie berichten von den gravierendsten Fällen.
Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) der Stadt Herne ist seit Beginn der Corona-Krise im Dauereinsatz, um die Corona-Schutzverordnung mit Maskenpflicht und Hygienevorschriften zu überwachen. Darüber sprach die WAZ mit Frank Burbulla (52), Dezernent für Recht und Öffentliche Ordnung, und mit Werner Friedhoff (57), Leiter des Ordnungsamts.
Was waren bislang die schwersten Verstöße gegen die Corona-Auflagen, die der Kommunale Ordnungsdienst vorgefunden haben?
Friedhoff: Es gab in den vergangenen zwölf Monaten nur zwei gravierende Fälle: Einmal hatte während des harten Lockdowns eine Gaststätte geöffnet, und einmal wurde eine Hochzeitsfeier veranstaltet. Da wurden 5000 Euro Bußgeld gegen den Gaststättenpächter und tausend Euro Bußgeld gegen die Veranstalter der Hochzeitsfeier verhängt sowie jeweils 250 gegen die Teilnehmer. In der vergangenen Woche musste ein Frisör 500 Euro zahlen, weil er sich nicht an die Hygienebestimmungen gehalten hatte. Die alltäglichen Verstöße, die uns begegnen, sind aber Verstöße gegen die Maskenpflicht.
Wie haben Sie den KOD in der Corona-Krise organisiert?
Friedhoff: Der KOD arbeitet in zwei Schichten, eine Frühschicht ab 7 Uhr und eine Spätschicht bis 20 oder 22 Uhr, je nach Jahreszeit und Wetter. Das war auch schon vor der Pandemie so organisiert. Verteilt sind die Mitarbeiter auf fünf Bezirke, im wesentlichen analog zu den Stadtbezirken, nur Herne-Mitte ist in zwei Bezirke aufgeteilt, da der Bezirk deutlich mehr Einwohner hat als die anderen. Zu den 21 Stellen, die der KOD normalerweise umfasst, haben wir zur Überwachung der Corona-Beschränkungen im vergangenen Jahr acht Stellen aus der Verkehrsüberwachung dorthin verlagert. Zehn bis 15 Mitarbeiter sind also jetzt den ganzen Tag über in den Bezirken unterwegs. Wenn wir Schwerpunktkontrollen durchführen, etwa bei Friseuren oder auf Spielplätzen, dann ziehen wir diese Kräfte zusammen.
Reichen die 29 KOD-Mitarbeiter?
Burbulla: Wir glauben, dass wir mit dem aktuellen Personaleinsatz in der Corona-Krise gut aufgestellt sind. Das liegt zum einen an den acht zusätzlichen Stellen. Und zum anderen daran, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr flexibel und bereit sind, massiv Überstunden zu machen, gerade an Wochenenden und an Feiertagen. Hinzu kommt, dass die Zusammenarbeit mit der Polizei Hand in Hand geht. Wir können quasi den Staffelstab zu bestimmten Uhrzeiten oder Wochentagen an die Polizei weiterreichen oder uns wechselseitig bei Schwerpunkt-Aktionen unterstützen, wie bei zum Beispiel bei Kontrollen zur Einhaltung der Maskenpflicht im ÖPNV. Diese positiven Erfahrungen wollen wir für die Nach-Corona-Zeit nutzen, um die bewährte Ordnungspartnerschaft mit der Polizei weiter zu intensivieren.
Für viele Bürger kommen offenbar noch zu viele Menschen zu leicht davon: Zuletzt kam in den sozialen Netzwerken verstärkt Kritik auf, der KOD in Herne kontrolliere nicht streng genug.
Friedhoff: Wir werden nie in der Lage sein, in einer Stadt mit 160 000 Einwohnern immer und überall präsent zu sein. Wir führen aber gezielte Stichproben durch und setzen Schwerpunkte. Aber es ist ähnlich wie bei der Kontrolle der Falschparker: Wir können nicht jedes Vergehen entdecken, so dass es immer auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit geben wird, nicht belangt zu werden. Bei den Einsätzen selbst müssen wir auch immer auf die konkrete Situation schauen. Bußgeldverfahren mit Personenfeststellungen sind sehr aufwendig. Deswegen gucken wir, wenn jemand keine Maske trägt: Ist sie wirklich nur vergessen worden? Dann belassen wir es oft bei einer Ermahnung. Wenn jemand widerspenstig wird, reagieren wir aber sicher mit einem Bußgeld. Klar ist aber auch: Wenn uns ein Fehlverhalten bei einem Einsatz vorgeworfen wird, nehmen wir das ernst und klären, das im Gespräch mit unseren Mitarbeitenden.
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Burbulla: Festzuhalten ist, dass sich die allermeisten Bürgerinnen und Bürger an die Vorschriften halten, auch wenn diese zum Teil massiv in ihr privates oder berufliches Leben eingreifen. Auch bei den Schwerpunktkontrollen im Gewerbe, etwa in Gaststätten, haben wir – abgesehen von der eben erwähnten negativen Ausnahme – nur ganz, ganz geringfügig Verstöße feststellen können. Das hat uns durchaus überrascht. Am Anfang des ersten Lockdowns haben wir mit großer Präsenz auch Unterstützungskräfte aus unterschiedlichen Verwaltungsbereichen eingesetzt, etwa Erzieherinnen mit gelben Westen auf Spielplätzen, um die Corona-Regeln zu kontrollieren. Diese massive Vor-Ort-Präsenz war bald gar nicht mehr nötig, weil sich die allermeisten an die Vorschriften gehalten haben. Diese Bereitschaft, die Regeln einzuhalten, lässt nun aber leider nach.
Wie zeigt sich das?
Friedhoff: Am Anfang haben die Menschen bei einem Fehlverhalten gesagt: „Ok, das sehe ich ein.“ Jetzt gibt es mehr Widerworte wie „Was willst du von mir?“ Dass es verbal noch schlimmer oder handgreiflich wird, das erleben wir aber zum Glück nur sehr, sehr selten.
Ein Vorwurf lautet immer wieder: Wenn der KOD auf Kontrollgängen ist, kümmert er sich lieber um falsch geparkte Autos als um Maskenverweigerer.
Friedhoff: Wir können die Kontrolle der Verkehrsordnungswidrigkeiten ja nicht ganz ruhen lassen, auch wenn wir Kolleginnen und Kollegen aus diesem Bereich jetzt verstärkt zur Kontrolle der Corona-Regeln einsetzen. Wir haben ja den gesetzlichen Auftrag, den ruhenden Verkehr zu kontrollieren. Im Übrigen: Wenn Mitarbeiter des KOD, die jetzt die Maskenpflicht kontrollieren, falsch geparkte Autos sehen, können sie das nicht ignorieren und werden tätig.
Stechen Bevölkerungsgruppen hervor, die durch Fehlverhalten auffallen?
Friedhoff: Dazu führen wir keine Statistiken. Besondere Schwerpunkte sehen wir aber nicht. Es ist aber durchaus so, dass Menschen sich unterschiedlich verhalten: Ein Rentner ist vielleicht besonnener als ein zorniger junger Mann.
Der Wunsch der Ordnungsbehörde für den restliche Zeit der Corona-Krise?
Burbulla: Mein erster Wunsch: Wie bei einem Marathonläufer sollten wir alle auf den letzten Kilometern der Strecke jetzt auch noch die Zähne zusammenbeißen und durchhalten. Es wäre also wünschenswert, wenn sich die Bürger weiterhin so an die Regeln halten wie in den vergangenen Monaten. Mein zweiter Wunsch: Alle, die geimpft werden können, sollten sich impfen lassen. Dann können wir zuversichtlich in den Spätsommer und aufs nächste Jahr schauen.