Herne. Schule – und dann? Der Lockdown macht Jugendlichen die Entscheidung für einen Beruf nicht leichter. Welche Angebote es in der Corona-Krise gibt.
Schon ab der achten Klasse werden Jugendliche in Herne regelmäßig mit dem Thema „Berufswahl“ konfrontiert. Eine Entscheidung, die vielen jungen Menschen ohnehin sehr schwer fällt. Während in „normalen Zeiten“ Praktika, Berufsfelderkundungen, Messen und persönliche Beratungsgespräche eine Orientierungshilfe geben, muss die Berufsberatung der Arbeitsagentur in Herne derzeit „den Umweg über digitale Medien“ gehen, wie Leiterin Svenja Ebbinghaus sagt.
„Ein ‚Ausbildungsjahrgang Corona‘ wäre fatal“
Normalerweise besuchen die Berufsberater die Schüler in den Klassen, machen die Jüngeren „spielerisch“ auf das wichtige Thema „Berufswahl“ aufmerksam, geben Abiturienten Tipps zur Studienfinanzierung und zeigen, dass es mehr Möglichkeiten als „die Top Ten der Berufe“ gibt. Und auch jetzt setzt die Berufsberatung ihr Angebot fort. „Wir schalten uns in die Konferenzen der Klassen ein“, erklärt Svenja Ebbinghaus. Und auch persönliche Beratungsgespräche finden weiter statt – per Telefon, Videokonferenz oder in Einzelfällen auch vor Ort in der Agentur oder bei einem Spaziergang im Stadtpark.
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Allerdings sei es in der Schule deutlich leichter, mit den Schülern in Kontakt zu treten, gibt Ebbinghaus zu. Ob der ein oder andere Jugendliche auf der Strecke bleibt? „Das Angebot der Berufsberatung ist freiwillig“, erwidert die Leiterin der Berufsberatung in Herne. „Aber ja, in der persönlichen Präsenz kriegt man ganz andere Rückmeldungen von den Schülern.“
Selbst für die Lehrer, auf deren Unterstützung die Berufsberater angewiesen seien, sei es oft viel schwerer, an die Jugendlichen heranzukommen. Und auch die technische Ausstattung der Schulen spiele dabei keine unerhebliche Rolle. Längst nicht alle Schulen in Herne seien digital gut aufgestellt. „Ein ‚Ausbildungsjahrgang Corona‘ wäre fatal“, ergänzt Anja Greiter, Sprecherin der Agentur für Arbeit. „Wir setzen alles daran, dass es ihn nicht gibt.“
Berufsorientierung in Corona-Zeiten: Praktika sind nicht unmöglich
Aber wie finden Schülerinnen und Schüler heraus, was ihnen liegt und welcher Job ihnen Spaß macht, ohne bei einem Praktikum mal in den Beruf reinschnuppern zu können? Die sonst obligatorischen Schülerpraktika sind an den allermeisten Schulen in Herne auf Eis gelegt worden, auch weil viele der Jugendlichen keinen Platz bekommen hatten, wie Nicole Nowak, Schulleiterin des Haranni-Gymnasiums, sagt.
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Berufsberaterin Svenja Ebbinghaus empfiehlt Web-Angebote wie „Berufenet“ oder „Check-U“ von der Bundesagentur für Arbeit, die Jugendlichen eine Orientierung im Ausbildungs-Dschungel geben. Welche Stärken habe ich? Wo sind meine Interessen gelagert? – mit Hilfe eines zweistündigen Tests könnten Schüler Antworten auf diese Fragen finden. Aber auch Gespräche mit Eltern, der Familie oder Freunden seien oft hilfreich.
Und: „Nicht in allen Bereichen ist es unmöglich, ein Praktikum zu machen“, weiß die Leiterin der Berufsberatung in Herne. Im Lebensmittel-Einzelhandel oder im Handwerk würden weiter Praktikumsplätze angeboten. Auch ein freiwilliges soziales Jahr sei möglich, um herauszufinden, wohin die Reise gehen soll – „in der Pflege zum Beispiel, da wird ja Unterstützung gebraucht.“
„Man sollte immer einen Plan B in der Tasche habe“
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In der derzeit geschlossenen Gastronomie oder auch beim Friseur, wo nur eine begrenzte Anzahl an Personen erlaubt ist, könne es allerdings schwierig werden. Dass solche Berufe nicht zukunftsfähig sind, denkt Svenja Ebbinghaus aber nicht. Der Andrang auf die Friseure und der Wunsch vieler Menschen nach einem Restaurantbesuch zeigten ganz deutlich: „Der Bedarf ist da!“ Die Pandemie sei „kein Grund, den Traumberuf nicht weiterzuverfolgen“. Berücksichtigen sollte man bei der Suche aber dennoch, dass es einigen Unternehmen wirtschaftlich schlechter ginge.
Wichtiger denn je sei in diesen Zeiten, dass Schüler eine Alternative haben. „Man sollte immer einen Plan B in der Tasche haben“, bekräftigt Svenja Ebbinghaus. Sich nur auf einen Beruf oder einen Arbeitgeber festzulegen, sei aber auch in „normalen Zeiten“ keine gute Idee. „Es gibt viele Möglichkeiten ans Ziel zu kommen“, sagt die Berufsberaterin. Nicht selten machten zum Beispiel Abiturienten, die keinen Medizinstudienplatz bekommen haben, erst einmal eine pflegerische Ausbildung – und arbeiteten später trotzdem als Ärzte.
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4. Herner Azubi Speed Dating
Ebenso wichtig wie die Entscheidung für einen Beruf ist auch die Wahl des richtigen Arbeitgebers. So komme es nicht selten vor, dass Jugendliche ihre Ausbildung abbrechen, weil die Chemie zwischen ihnen und ihrem Arbeitgeber nicht stimmt, sagt Anja Greiter von der Agentur für Arbeit.
Die Arbeitsagentur in Herne bietet daher in Zusammenarbeit mit der Stadt im April und Mai wieder das „Azubi Speed Dating“ an. Dieses Mal online. Vier Wochen lang, vom 19. April bis zum 19. Mai, haben Jugendliche und Arbeitgeber die Chance, sich einander vorzustellen und Kontakte zu knüpfen. Weitere Informationen unter: www.herne.business/ausbildung/jugend.
Die Berufsberater der Arbeitsagentur in Herne stehen außerdem jederzeit telefonisch unter 0800 4 5555 00, per Mail an Herne.Berufsberatung@arbeitsagentur.de oder online unter www.arbeitsagentur.de/beratungswunsch für Fragen zur Verfügung.