Herne. Aktuell gibt es in Herne keinen Fall von Coronavirus. Dennoch beschäftigt das Virus weite Teile der Gesellschaft, wie eine WAZ-Umfrage zeigt.
Die Meldung verbreitete sich am Donnerstag in Windeseile über Whatsapp-Gruppen in Herne: Angeblich sollte es einen Coronafall im EvK geben. Doch die WAZ entlarvte sie schnell als falsch. Allerdings: Das Virus beschäftigt weite Teile der Gesellschaft in der einen oder anderen Form.
Vor dem Hintergrund des Gerüchts am Donnerstag ruft die Stadt die Bürger dazu auf, besonnen mit dem Thema umzugehen. Aktuell gebe es in Herne keinen Fall von Coronavirus. Es bestehe gegenwärtig auch kein Anlass Maßnahmen anzuordnen, die Einschränkungen für das öffentliche Leben darstellen würden. Aufmerksamkeit sei neben entsprechenden individuellen Hygienemaßnahmen wichtig, zu panischen Reaktionen bestehe aber kein Anlass.
Coronavirus: Bei Verdacht einen Arzt erst telefonisch kontaktieren
Die Fachleute aus Verwaltung, Gesundheitswesen und Rettungsdienst stünden vor dem Hintergrund der ersten bestätigten Fälle von Coronavirus in NRW in einem engen Austausch. Es erfolge eine ständige Beobachtung der Entwicklung in NRW, aber auch darüber hinaus. Alle relevanten Vorbereitungen, die zurzeit getroffen werden könnten, seien bereits eingeleitet worden. Bei neuen Entwicklungen seien die entscheidenden Stellen in der Stadt Herne in der Lage entsprechende Maßnahmen zu treffen.
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Die Stadt gibt folgende Handlungsempfehlung: Falls jemand den Verdacht habe, dass er sich mit dem Virus infiziert haben könnte und die krankheitstypischen Symptome bei sich wahrnimmt, dann solle die Person sich zunächst telefonisch mit ihrem Arzt in Verbindung setzen. Aus diesem Gespräch ergebe sich das weitere Vorgehen. „Bürgerinnen und Bürger werden gebeten, nicht sofort und ohne Rücksprache in eine Arztpraxis oder in ein Krankenhaus zu gehen“, heißt es aus dem Rathaus. Informationen hierzu hat die Stadt Herne auf www.herne.de/corona zusammengestellt. Diese Seite wird bei neuen Entwicklungen fortlaufend aktualisiert.
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Sorge vor Coronavirus: „Panik ist ein ganz schlechter Ratgeber“
Auch bei der IHK Mittleres Ruhrgebiet seien in den vergangenen Tagen zahlreiche Nachfragen von Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen eingegangen, so Sprecher Jörg A. Linden. Diese würden sich mit Szenarien beschäftigen, wenn sich das Virus weiter ausbreitet. Zum Beispiel, ob es staatliche Hilfe gibt, wenn eine Produktion eingestellt werden muss. Dazu gebe es von der Bundesregierung bislang keine Aussage, so Linden. IHK-Hauptgeschäftsführer Eric Weik appelliert, Ruhe zu bewahren. „Panik ist ein ganz schlechter Ratgeber. Wir dürfen das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben nicht still legen.“
Verhaltens-Hinweise
Im Zusammenhang mit dem Corona-Virus verweist die Stadt Herne einmal mehr auf die Hinweise des Bundesgesundheitsministeriums:
Halten Sie beim Husten oder Niesen größtmöglichen Abstand zu anderen Personen und drehen Sie sich am besten weg.
Niesen oder husten Sie in die Armbeuge oder in ein Taschentuch und entsorgen Sie das Taschentuch anschließend in einem Mülleimer mit Deckel.
Waschen Sie sich regelmäßig und ausreichend lange die Hände mit Wasser und Seife - insbesondere nach dem Nase putzen, Niesen oder Husten.
Außerdem hat die Kassenärztliche Vereinigung für das Wochenende eine Patientenhotline eingerichtet. Unter 116 117 beraten Ärzte Anrufer, die Sorge wegen Corona haben. Es gelten folgende Telefonzeiten: Samstag, 29. Februar, 8 bis 22 Uhr, und Sonntag, 1. März, 8 bis 22 Uhr.
Wie das Geschäftsleben beeinflusst wird, zeigt das Beispiel Schwing: Geplante Besuche von Kunden und Lieferanten aus Risikogebieten wurden abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben. „Reisen der Vertriebsmitarbeiter werden auf das Notwendigste beschränkt. Kolleginnen und Kollegen, die von privaten und beruflich veranlassten Reisen aus Risikogebieten zurück nach Deutschland gekommen waren, blieben unter ärztlicher Aufsicht für zwei Wochen zu Hause, um die Gefahr einer möglichen Ansteckung zu minimieren. Das gilt auch für die chinesischen Kolleginnen und Kollegen, die Anfang Februar 2020 nach dem Endes des Chinesischen Neujahrsfest zurückkehrten“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Produktionsausfälle oder Lieferengpässe seien nicht in Sicht.
Stadtwerke desinfizieren Theken in Kundencentern regelmäßig
Auch Kelvion meldet nahezu Normalbetrieb. Das Unternehmen stellt an weltweit 47 Orten Wärmetauscher her. Auch in China. Doch da diese ausschließlich für den chinesischen Markt produzieren, seien andere Standorte unabhängig von ihnen, so eine Sprecherin. Für alle Werke seien Regeln und Empfehlungen zur Einhaltung der Hygienemaßnahmen ausgesprochen worden.
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Auch die Stadtwerke Herne haben erste Hygienemaßnahmen eingeleitet. Neben einer erneuten Sensibilisierung der Mitarbeiter wurde ein Dienstleister beauftragt, bei den Theken in den Kunden-Centern in regelmäßigen Abständen ein Wisch-Desinfektion durchzuführen.
Ärzte reagieren ebenfalls. Die „Praxis am Solbad“ in Wanne-Süd hat einen Raum für die Behandlung eines eventuellen Verdachtsfalls vorbereitet, der behandelnde Arzt würde dabei eine Schutzmaske aufsetzen, so Hausarzt Roman Voß. Er berichtet, dass viele Patienten fragen, wie sie sich schützen können, größere Unruhe stelle er bislang jedoch nicht fest.
Herner TC: Basketball-Damen verzichten auf Abklatschen mit Zuschauern
Auch beim Damen-Basketballbundesligisten Herner TC reagiert man auf die aktuelle Lage. Am Samstag steht um 18 Uhr das Heimspiel gegen Halle an. Eigentlich ist es eine liebgewonnene Tradition, dass die Spielerinnen nach dem Schlusspfiff sich mit fast allen Zuschauern abklatschen. Doch angesichts des bekannten Übertragungswegs des Virus verzichtet das Team diesmal darauf. Außerdem werden die Helfer an den Essens- und Getränkeständen Handschuhe tragen, kündigt HTC-Vorsitzender Wolfgang Siebert im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion an.
Doch die Appelle, Ruhe zu bewahren, scheinen bei zahlreichen Menschen ungehört zu verhallen. Robert Sibbel, Sprecher der Herner Apotheker, hat in den vergangenen Tagen eine deutliche Verunsicherung bei Kunden festgestellt. Viele würden versuchen, einen Vorrat - zum Beispiel an Desinfektionsmitteln - anzulegen. Deshalb seien einige Artikel ausverkauft. Angesichts dieser Nachfrage gebe es auch unsittliche Angebote, bei denen etwa Schutzmasken zu horrenden Preisen offeriert würden. Doch auch Sibbel mahnt zu Ruhe. Zu Panik bestünde keinerlei Anlass. „Auch Mitarbeiter mit Atemmasken sieht man nicht in der Apotheke“, unterstreicht er.
Die Verunsicherung der Herner lässt sich auch in den dm- und Rossmann-Filialen in der Herner Innenstadt feststellen. Dort sind Desinfektionssprays und Hygienetücher ausverkauft – die Regale sind wie leergefegt. Selbst bei der Flüssigseife ist nicht mehr alles vorrätig. Auf Anfrage dieser Zeitung reagiert Kerstin Erbe, dm-Geschäftsführerin für das Produktmanagement, jedoch eher zurückhaltend: „Wir beobachten, dass die Nachfrage stark steigt. So ist der Mundschutz von Mivolis derzeit nahezu nicht mehr verfügbar. Wir arbeiten bereits daran, die Verfügbarkeit der Produkte in unseren dm-Märkten sicherzustellen.“