Bochum. Zwei Organisationen, zwei Meinungen: Die Arbeitgeberverbände in Bochum sehen Anzeichen für eine Konjunkturkrise. Die IHK warnt vor „Miesmacherei“.

Wie ist es um die Konjunktur im Mittleren Ruhrgebiet bestellt? Während die Arbeitgeberverbände Ruhr (AGV) Anzeichen einer aufziehenden Krise erkennen, geht die Prognose der Industrie- und Handelskammer (IHK) genau in die entgegen gesetzte Richtung. Wie kann das sein?

Aus Sicht der IHK ist die Lage eindeutig: Die befragten Unternehmen würden in der Mehrheit nicht nur von einer guten Geschäftslage, sondern auch von weiterhin positiven Erwartungen sprechen. Deshalb findet IHK-Hauptgeschäftsführer Eric Weik auch klare Worte mit einem unverhohlenen Seitenhieb: „Wenn 92 Prozent der Unternehmen ihre wirtschaftliche Lage als gut oder befriedigend bezeichnen, dann bin ich es leid, dass manche Besserwisser uns den Niedergang der deutschen Wirtschaft prophezeien“, so seine klare Ansage.

Keine repräsentativen Daten

Erst kurz zuvor hatte AGV-Hauptgeschäftsführer Dirk W. Erlhöfer dagegen ein eher düsteres Bild von der wirtschaftlichen Lage und den sich anbahnenden Entwicklungen gezeichnet. „Wenn alle abgefragten Parameter wie erwartete Geschäfte, Erträge, Umsätze und Aufträge sowie die Beschäftigungsprognose rückläufig sind, können wir keine guten Nachrichten zum Jahresstart verkünden“, sagte er bei der Vorstellung der Prognosen für 2020 und zeichnete ein düsteres Konjunkturbild. Schon im Herbst 2019 war beim AGV die Rede davon, dass die „fetten Jahre vorbei sind“.

Beide Organisationen berufen sich auf die Ergebnisse von Umfragen unter ihren Mitgliedern. Repräsentativität nehmen dabei beide nicht in Anspruch, dafür ist die Zahl der Teilnehmer bei beiden zu gering. Immerhin sorgt die Kontinuität ihrer Umfrage für einen Vergleichbarkeit im Zeitverlauf.

Eine Frage der Interpretation

Und jedes Umfrageergebnis lässt natürlich Interpretationen zu. „Wenn ich von einem Allzeithoch komme und die Ergebnisse um einen Prozent fallen, dann kann ich natürlich von einer sich anbahnenden Krise sprechen“, sagt Eric Weik von der IHK, zu dessen Verband Mitglieder aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistungen gehören. „Ich kann aber auch von einem weiterhin sehr hohen Niveau sprechen.“

Genau das sollte aus seiner Sicht auch geschehen; nicht zuletzt um kein falsches Signal nach außen zu senden. Zumal nicht nur Handel und Dienstleistungen weiterhin positive Botschaften meldeten. „Speziell die Industrie geht mehrheitlich davon aus, dass sich die Exportlage nicht verschlechtert, sondern das derzeitige Niveau auf jeden Fall gehalten wird“, heißt es bei der IHK. Ein weiteres Indiz für die Stabilität der Industriebetriebe sei, dass sie einer Auslastung von mehr als 85 Prozent angekommen sei. Auch das sei ein deutliches Plus gegenüber der vorangegangenen Umfrage.

Fachkräftemangel macht allen Sorge

Und: Zum vierten Mal in Folge seien im Kammerbezirk die Zahl der Auszubildenden gestiegen. Für Eric Weik ist das ein untrügliches Zeichen für eine positive Wirtschaftslage und für vielversprechende Aussichten. „Ich habe mir lange Gedanken darüber gemacht, wie wir die jüngsten Ergebnisse transportieren“, so Weik; zumal von einigen andere IHK’s eher zurückhaltende bis pessimistische Botschaften zu hören seien. Fakt sei ab aber: „Nur einmal in den vergangenen 40 Jahren ging es dem Ruhrgebiet besser. Und das war im Vorjahr.“ Die Region sei weit entfernt von einer Negativentwicklung.

Und nur in einem Punkt müsse sie sich derzeit ernsthaft Sorgen machen: beim Fachkräftemangel. Dies bleibt das Risiko-Thema Nr. 1 für die heimische Wirtschaft: Vor allem der Industrie drohten die Fachkräfte auszugehen. Zumindest an dieser Stelle dürften sich IHK und AGV einig sein. Hier gibt es mehr Artikel, Bilder und Videos aus Bochum