Herne. Die großen Wirtschaftsverbände sehen eher trübe Aussichten für 2020. Die WAZ Herne hat wieder lokale Firmen gefragt. Das Ergebnis überrascht.
Wirtschaftsverbände und Forschungsinstitute sehen dem neuen Jahr mit gemischten Gefühlen entgegen. Die WAZ hat wieder Herner Unternehmen nach ihren Erwartungen für 2020 gefragt. Das etwas überraschende Ergebnis: Die Aussichten bei den befragten Firmen sind eher heiter als wolkig.
Heitkamp Unternehmensgruppe
„Nach konjunkturell zwei sehr guten Jahren planen wir für das Jahr 2020 etwas verhaltener“, so Jörg Kranz, Geschäftsführer der Heitkamp-Unternehmensgruppe. Zwar sei der Sanierungsstau der Infrastruktur immer noch immens. Geld scheine ebenfalls zur Verfügung zu stehen, aber die bevorstehende Veränderung Straßen NRW/ Autobahngesellschaft werde wohl zu einem verringerten Ausschreibungsvolumen im Autobahn-Bereich führen. „Im privaten Bereich spüren wir ebenfalls einen leichten Rückgang an Nachfragen.“ Dies führe dazu, dass Heitkamp mit einer leicht verringerten Bauleistung für 2020 planen werde. Kranz: „In Summe sehen wir verhalten optimistisch ins nächste Jahr. Ausgehend von einem ordentlichen Auftragsbestand rechnen wir mit einer geringeren Nachfrage und einem verschärften Preisdruck.“ Aber: Alles sei schon mal viel schlimmer in der Baubranche gewesen.
Schwing
Schwing-Geschäftsführer Gunther Abolins rechnet nach mehr als fünf Jahren 2020 mit zurückgehenden Märkten in Europa und Deutschland. Dem würden leichte Erholungen der Märkte im Nahen Osten gegenüberstehen. Die Beschäftigungslage bzw. die Auslastung der beiden Schwing-Firmen sei getragen von der Entwicklung der europäischen Märkte, aber auch von Zulieferungen an Tochtergesellschaften im Ausland bzw. an das Händlernetzwerk von Schwing. „Aktuell gehen wir davon aus, dass wir in 2020 gegenüber 2019 mit einem Umsatzrückgang von etwa 10 bis 13 Prozent für den Standort Herne zu rechnen haben“, so Abolins.
Das sagen IHK und Kreishandwerkerschaft
Und so blicken die IHK Mittleres Ruhrgebiet und die Kreishandwerkerschaft auf das kommende Jahr.
IHK Mittleres Ruhrgebiet
„Die Arbeitslosenquote in Herne ist unter die 10-Prozent-Marke gesunken, die Zahl der angebotenen Ausbildungsstellen ist ein weiteres Jahr in Folge spürbar gestiegen, und trotz weltweiter Negativschlagzeilen ist die Lage und Stimmung in den Unternehmen nach wie vor positiv, wie unsere letzte Konjunkturumfrage gezeigt hat. Dies alles macht die starke Basis aus, auf der Herne im Jahr 2020 weiter aufbauen kann“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Eric Weik.
Der Ausbau von A 42 und A 43 werde den Logistikstandort Herne noch attraktiver machen, gleichzeitig müsse die Entwicklung der Industriebrachen konsequent fortgesetzt werden, müsse die Nähe zur Wissenschaft noch nachhaltiger gesucht werden. Herne solle dabei bereit sein, groß zu denken – und sich ausdrücklich auch als Standort innovativer Unternehmen anbieten. Mit mutigen Projekten. In diesen Punkten könne sich OB Dudda auf die IHK als Partner verlassen.
Was die IHK darüber hinaus im Fokus habe: Die Herner Unternehmen und Ausbildungsplatzbewerber passgenau zusammenzubringen.
Kreishandwerkerschaft Herne/Wanne-Eickel
Martin Klinger, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, bringt die Erwartungen auf diesen Nenner: „Weiter gute Lage, aber vorsichtigere Erwartungen.“
Bei den Betriebe sorgten weniger konjunkturelle, sondern primär politische Rahmenbedingungen für Verunsicherung. Das seien handelspolitische Risiken und politische Leitentscheidungen zur Energieversorgung auf der einen Seite, wie auch die Verunsicherung über mögliche Fahrverbote und Nachrüstmöglichkeiten für Dieselfahrzeuge, oder auch die Unklarheit über klimapolitische Förderinstrumente und technologische Vorgaben für die Energieversorgung und Gebäudesanierung auf der anderen Seite. Allerdings gebe es auch positive Signale, wie die Wiedereinführung der Meisterpflicht in zwölf Gewerken.
Klinger weist darauf hin, dass der Fachkräftemangel auch im Handwerk immer stärker spürbar sei. Dies würde dazu führen, dass die tatsächlichen Beschäftigungspotenziale am Arbeitsmarkt wohl nicht in theoretisch möglicher Höhe ausgeschöpft werden können. Daher werde es leider nicht zu einer noch höheren Beschäftigungsdynamik im Handwerk kommen, ein moderater Beschäftigungsaufbau sei aber dennoch zu erwarten.
Vulkan-Gruppe
„Als Vulkan-Gruppe verzeichnen wir ein zufriedenstellendes Jahr 2019“, teilt Sebastian Meise, Geschäftsführer Vulkan Deutschland, mit. Die Zerwürfnisse in der internationalen Handelspolitik, vor allem im Bereich China und USA, hätten keine negativen Einflüsse auf das Geschäft gehabt und hätten auf Grund der globalen Aufstellung gut gemeistert werden können. Der südamerikanische Markt habe sich erfreulicher entwickelt als erwartet, auch in China und Indien habe Vulkan seine Marktanteile weiter ausbauen können. Vorgenommene Investitionen in den Produktionsstandort Herne hätten zur Verbesserung der Marktposition in Europa geführt „und lassen uns positiv auf das kommende Jahr blicken“, so Meise. „Für den Brexit sehen wir uns nach wie vor gut aufgestellt, da dies zwischenzeitig auch mehrfach geprobt wurde.“
Isap AG
Sehr positiv schaut Norbert Assen, Vorstand der Isap AG, aufs neue Jahr. Nachdem sich die beiden Ausgründungen in 2019, die Intalogy GmbH (Websolutions) und Diprotec GmbH (IT-Solutions), mit ihren Lösungen im Geschäftskundenumfeld sehr gut etabliert hätten, gehe Isap optimistisch ins neue Jahr. „Das Thema Digitalisierung ist nun auch in vielen kleinen und mittleren Unternehmen angekommen, was sich bei uns über alle Branchen in einer starken Nachfrage widerspiegelt. Das Einzige, was uns noch bremsen könnte, ist nach wie vor der eklatante Fachkräftemangel in unserer Branche.“
Adams Armaturen
„In Zusammenarbeit mit unserem internationalen Vertriebsteam komme ich zu der vorsichtigen Prognose, dass wir in 2020 einen leichten Anstieg im Auftragseingang generieren können“, so Thomas Pakusch, Geschäftsführer der Adams Armaturen GmbH. Diese leicht positive Entwicklung basiere hauptsächlich auf Marktentwicklungen in China, USA und im Nahen Osten. Durch die zunehmende Konkurrenz aus Ländern wie China, Indien oder Südkorea rückten auch internationale Fertigungsstandorte immer mehr in dem Bereich des Möglichen.