Seit Jahren gibt es die Klage, dass junge Menschen verstärkt an die Unis streben. Zwei Mitarbeiter der Herne Isap AG gingen einen anderen Weg.
Jetzt ist die Zeit der Abitur-Prüfungen. Abitur - das ist für viele junge Menschen der notwendige Schritt vor einem Studium, immer weniger Abiturienten verschwenden einen Gedanken an eine Ausbildung. Industrie und Handwerk klagen inzwischen seit Jahren, dass der Blick von Schülern, Eltern, aber auch Lehrern auf ein Studium verengt ist und in der Folge Fachkräfte fehlen.
Doch dass eine Ausbildung die erste Sprosse einer Karriereleiter sein kann, die später weit nach oben führen kann, offenbaren die Beispiele von Benjamin Janssen und Marcel Marquis. Sie sind bei der Isap AG und in einem Tochterunternehmen in führenden Positionen ...
Höhere Mathematik und blanke Theorie im Studium
... dabei war ihr Werdegang klassisch. Auch er habe das Studium angestrebt, erzählt Benjamin Janssen im Gespräch mit der WAZ. Die Richtung habe sich durch sein Hobby ergeben. Schon in der Oberstufe habe er Freunden bei Problemen mit dem Computer geholfen, dann Freunden von Freunden und weiteren Bekannten. Logische Konsequenz: An seinem 18. Geburtstag habe er einen Gewerbeschein beantragt, er war also selbstständig.
Dennoch begann Janssen sein Studium. Angewandte Informatik an der Ruhr-Uni Bochum. Das klang praxisnah, doch im Hörsaal habe er die kalte Dusche bekommen. Er habe es mit höherer Mathematik und blanker Theorie zu tun bekommen. „Ich habe lieber Kunden beliefert als im Hörsaal zu sitzen“, so der 34-Jährige. Schon nach einem Semester kehrte er der Ruhr-Uni den Rücken - und wandte sich der Isap AG zu. Ein Bekannter habe ihm den Tipp gegeben, dass das Herner Unternehmen einen Azubi für Systemelektronik sucht.
Donnerstags fand das Bewerbungsgespräch statt, am Montag darauf trat er seine Ausbildung an. Es folgten fünf Jahre im IT-Vertrieb, ab 2010 leitete er die IT-Systemtechnik. Anfang dieses Jahres folgte der nächste Schritt: Benjamin Janssen ist Geschäftsführer der Isap-Tochter Diprotec GmbH, die ihren Kunden nun eigenständig IT-Lösungen anbietet. Für Janssen war dies eine logische Entwicklung, „ich wusste, dass ich meine Karriere nicht als einfacher Techniker beenden will“. Nun ist er Chef - und ist sich der Verantwortung für die neun Mitarbeiter und deren Familien sehr bewusst.
Azubis früh ans Unternehmen binden
Für Isap-Chef Norbert Assen ist es von entscheidender Bedeutung, die eigenen Auszubildenden an das Unternehmen zu binden. Nur so kann ein Mittelständler im Ringen um Fachkräfte gegen die großen Konzerne bestehen. Dazu gehört dann auch, den Mitarbeitern berufliche Perspektiven zu eröffnen.
Wie Marcel Marquis. 1999 hat er sein Abitur in Menden im Sauerland bestanden. „Auf meinem Gymnasium war eine Ausbildung komplett verpönt, von der Schule wurden wir auf ein Studium getrimmt“, erinnert er sich.
Die Chancen nach der Ausbildung erkennen
Sein Weg war ein anderer, doch auch Marquis landete beim Studium der Angewandten Informatik. „Ich habe die gleiche kalte Dusche erlebt wie Benjamin“, so der 39-Jährige. Als er auf der Suche nach Alternativen war, sei es für ihn ein Glücksfall gewesen, dass zu jener Zeit ein neuer Ausbildungsgang eingeführt worden war: IT-Systemkaufmann. Die Isap-AG bot sie an, doch Marquis konnte sich unter dem Namen zunächst nichts anfangen. Als er es konnte, sagte er zu und zog innerhalb kürzester Zeit nach Herne.
Nach der Ausbildung wurde er Berater für das Produktdatenmanagement und betreute 40 Kunden deutschlandweit. „Man kann bei Isap sehr früh sehr prägend mitarbeiten“, sagt er. Seit 2012 ist er Bereichsleiter Consulting bei Isap und darf selbst ausbilden.
Vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrungen steht für Janssen und Marquis fest: Eine Ausbildung ist nicht die zweitbeste Wahl, sondern eine echte Alternative, wenn man sich im Klaren darüber ist, in welchem Bereich man arbeiten möchte. Und man dürfe nicht nur auf die zwei oder drei Jahre Ausbildung schauen, sondern müsse auch die Chancen erkennen, die sich anschließend böten.
Isap berät Unternehmen bei der Digitalisierung
Die Isap AG ist 1992 gegründetworden. Zunächst vermarktete Isap eine Konstruktionssoftware, entwickelt sich aber seit einiger Zeit immer stärker Richtung Beratung.
Diese Beratung konzentriert sich auf mittelständische Maschinenbauer, die Isap bei allen Aspekten der Digitalisierung begleitet. Dazu hat Isap ein eigenes Reifegradmodell entwickelt.