Herne. . Der Herner Handel sei zu unattraktiv, um Auswärtige an offenen Sonntagen anzulocken. Das sagt die Verdi-Ortsvorsitzende. Der Handel ist empört.
Die Aussage der Verdi-Ortsvorsitzenden Beate Wycislok, dass der Handel in Herne nicht attraktiv genug sei, um bei einem verkaufsoffenen Sonntag Auswärtige anzuziehen, ist auf Unverständnis und Empörung gestoßen.
„Das ist erschreckend. Ich bin schockiert“, sagte Norbert Menzel, Vorsitzender IG Herner City. Herne so herunterzuputzen - das gehöre sich einfach nicht. Ginge es nach der Verdi-Ortsvorsitzenden, könne man die Stadt ja gleich einmauern. Er vermute, dass Wycislok selbst nur im Internet einkaufe. Im Grunde müssten alle Verdi-Mitglieder, die in Herne im Einzelhandel arbeiten, auf die Straße gehen und gegen Wycislok protestieren.
Stammkunden gewonnen
Jens und Nehle Reiter, Eigentümer der gleichnamigen Mode-Boutique auf der Bahnhofstraße, fühlen sich persönlich beleidigt. Sie betonen, dass es Unsinn sei, was Wycislok erzählt. Gerade durch die verkaufsoffenen Sonntage hätten sie Stammkunden von außerhalb Herne gewonnen. Und sie weisen darauf hin, dass sie in der Vergangenheit immer genug Freiwillige für den Verkauf bekommen hätten - weil es zusätzliche Bezahlung und Freizeitausgleich gebe. Reiter: „Wir gehen doch mit unseren Mitarbeiterinnen genauso um, wie Verdi es sich vorstellt.“
Jens Rohlfing, Sprecher der Werbegemeinschaft Wanne-Mitte, weist darauf hin, dass Wycislok mit ihrer Aussage die eigene Argumentation der Gewerkschaft ad absurdum führt. Wenn Verdi sage, dass die Attraktivität nicht ausreiche, müsste die Gewerkschaft erst recht für verkaufsoffene Sonntage eintreten, um die Attraktivität zu steigern - und am Ende die Arbeitsplätze der eigenen Mitglieder zu sichern.
In eine ähnliche Richtung denkt Steven Engler. Er hat zig Millionen Euro investiert, um das City-Center zu revitalisieren. Er hat ein natürliches Interesse daran, dass es seinen Mietern gut geht. Dazu trügen verkaufsoffene Sonntage bei. Außerdem seien verkaufsoffene Sonntage auch für die Herner Bevölkerung selbst attraktiv.
Holger Stoye, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, stellt beim Blick auf die Nachbarstädte fest, dass die Hälfte von ihnen wohl nicht als attraktiver als Herne eingestuft werden könnten. Und dort fänden verkaufsoffene Sonntage statt. Er habe in seinen Gesprächen festgestellt, dass sowohl die Handels- als auch die Immobilienbranche Herne als einen vernünftigen Standort ansieht. Auch die Herner selbst schätzten das Angebot. Herne erreiche zwar nicht die Kraft von Oberzentren, doch als Mittelzentrum habe es genug Attraktivität.
Stadtmarketing weist darauf hin, dass gerade angesichts der erlebten Aufbruchsstimmung der Wegfall der verkaufsoffenen Sonntage in Herne einhellig auf Unverständnis stoße. Ohne verkaufsoffene Sonntage liefen bestehende Formate Gefahr, nicht mehr fortgeführt werden zu können. Damit drohten Freizeitangebote und Anlässe für den gemeinschaftlichen Austausch zu entfallen, die weit über den bloßen Einkauf von Artikeln hinausgingen. Deshalb habe „Herne kulinarisch“ abgesagt werden müssen.
Auch der Herner FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Nückel wirft Wycislok miesen Stil vor, der schon an Beleidigung grenze. Nückel weist darauf hin, dass die Durchführung bestimmter Veranstaltungen ohne verkaufsoffene Sonntage nicht möglich sei.
>> KOMMENTAR: ÜBLE NACHREDE
Es ist nur wenige Wochen her, dass Oberbürgermeister Frank Dudda mit dem Staatssekretär im Bundesinnenministerium über die Bahnhofstraße ging und ihm die verschiedenen Projekte zeigte. City-Center, Neue Höfe, das fertig gestellte Stadthaus und noch mehr. Alles sichtbare Zeichen der Aufbruchstimmung, die seit einiger Zeit in Herne herrscht.
Diesen Elan, die Stadt nach vorne zu bringen, unterstützen viele Akteure - nur Verdi nicht. Verdi-Sekretär Michael Sievers lässt bei jeder Gelegenheit durchblicken, dass er einen verkaufsoffenen Sonntag wegklagen werde. Das allein ist schon befremdlich.
Aber die Meinung der Verdi-Ortsvorsitzenden ist geradezu unverfroren und zeugt von einer erschreckenden Unkenntnis.
Abfällige Bemerkungen wie die von Beate Wycislok können in anderen Zusammenhängen durchaus als Geschäftsschädigung oder üble Nachrede gewertet werden, die eine Unterlassungserklärung nach sich ziehen. Sowohl Gewerkschaft als auch Beate Wycislok sollten in sich gehen und darüber nachdenken, ob sie die richtige Person als Verdi-Ortsvorsitzende ist!