Herne. . Das Weinhaus Wanne zieht um. Von der Hauptstraße Richtung Eickel. Dennoch will sich Jens Rohlfing weiter für die Wanner Innenstadt engagieren.

Es ist in den vergangenen Jahren zur unangenehmen Pflicht geworden, über die Geschäftsaufgaben in der Wanner Innenstadt zu berichten. Ein ums andere Mal waren es die alteingesessenen Händler, die sich verabschiedeten, manche Geschäftsaufgabe war eher eine Randnotiz. Doch dieser Weggang hat eine andere Qualität und lässt aufhorchen: Jens Rohlfing kehrt mit seinem Weinhaus dem Christuskirchplatz den Rücken.

Das anstehende Weihnachtsgeschäft absolviert Rohlfing noch an der Hauptstraße, ab 15. Januar 2019 wird er in einem Ladenlokal an der Ecke Eickeler-Bruch/Bönninghauser Straße zu finden sein. „Wenn ich weiter am jetzigen Standort festgehalten hätte, wäre die Zukunft des Unternehmens gefährdet“, sagt er im Gespräch mit der WAZ-Redaktion.

Ausgerechnet Rohlfing mag mancher im ersten Moment denken. Meldet er sich zu Wort, dann immer mit dem Zusatz „Sprecher der Werbegemeinschaft Wanne-Mitte“. Allerdings konnte man mit der Zeit den Eindruck gewinnen, dass er selbst die Werbegemeinschaft ist. In seiner Eigenschaft hat er sich Jahre lang für „seine“ Innenstadt ins Zeug gelegt. Doch die Euphorie, mit der er vor achteinhalb Jahren - damals noch in der Heine­straße - gestartet war, ist Resignation gewichen. „Damals war es noch eine ganz andere Situation“, sagt Rohlfing. Das Programm „jetzt Wanne“ sei auf dem Weg gewesen, die Hauptstraße neu gepflastert, zahlreiche Fassaden erneuert worden. Die Werbegemeinschaft habe versucht, diesen Schwung zu nutzen: habe in Weihnachtsbeleuchtung investiert; habe versucht, die Stadtfeste attraktiver zu gestalten, habe versucht, einen Feierabendmarkt am Freitag zu etablieren und habe mit der Verlegung des Mittwochsmarkts zum Buschmannshof einen Erfolg gehabt.

Kaum Laufkundschaft

Doch mit den Jahren habe sich das Bild gewandelt. Fachgeschäfte seien verschwunden, dafür Imbisse und Shishabars gekommen. Die Kundenfrequenz sei nach seinem Empfinden um 40 Prozent gesunken, ebenso wie die Kaufkraft.

Rohlfing, bekannt als Freund offener Worte, richtet erneut Kritik an die Stadt. Sie habe es versäumt, nach dem Abschluss von „jetzt Wanne“ ein Anschlussprojekt aufzulegen, dadurch sei wertvolle Zeit verloren gegangen. „Man hat die Hauptstraße sich selbst überlassen, Vorschläge, die wir gemacht haben, sind ignoriert worden“, sagt Rohlfing. Das Tempo in der Verwaltung ist ihm viel zu gering, die Montage eines Abfalleimers habe zwei Jahre in Anspruch genommen. Der neue Vorstoß unter dem Titel „Wanne 2020“ sei richtig und dringend notwendig, doch Rohlfing stellt sich die Frage, wann Ergebnisse sichtbar werden.

So viel Zeit gibt sich Rohlfing nicht mehr. Eine Ursache für seinen Umzug sei die veränderte Kundschaft. Der Großteil komme gezielt zu ihm aus der ganzen Stadt, Laufkundschaft sei inzwischen in der Unterzahl. Und den Kunden sei ein Parkplatz direkt vor der Tür wichtig. Was die wenigsten wissen: Rohlfing ist längst im Großhandel aktiv und beliefert die Gastronomie. Dafür braucht er ein größeres Lager.

Auf die Frage, ob er des Kämpfens müde sei, gibt Rohlfing eine überraschende Antwort: nein. Er sei zwar traurig über diese aus seiner Sicht unnötige Entwicklung, doch er werde sich nicht zurückziehen. Er habe durch seine Mitarbeit in verschiedenen Gremien ein Know-how, dass er gerne zur Verfügung stelle. Rohlfing: „Die Stadt liegt mir am Herzen, und mein Laden heißt nicht umsonst Weinhaus Wanne.“

Betriebswirtschafter mit vielen Winzerkontakten

Um Rohlfings Kritik einzuordnen, muss man auch wissen, dass er nicht nur ein Weinliebhaber ist, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Der 44-Jährige hat Betriebswirtschaft studiert und danach in der Finanzwirtschaft gearbeitet.

Aus dieser Zeit kennt er so ziemlich alle Weinproduzenten in der Pfalz.