Heiligenhaus. Die SPD Heiligenhaus im Sommerinterview über gute und schlechte Ratsentscheidungen, die Probleme in den eigenen Reihen und was sich ändern muss.
Unter 20 Prozent liegt die SPD laut letzter Umfragewerte bundesweit derzeit, in Heiligenhaus starteten die Sozialdemokraten mit sechs Ratsmitgliedern 2020 in die Wahlperiode. Nach zwei Austritten und vielen Diskussionen ist nun Ruhe eingekehrt. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ingmar Janssen nimmt in dem Sommerinterview schriftlich Stellung zu der Wahlzeit.
Herr Janssen, diese Wahlperiode war eine ganz schön Spannende aus Sicht der SPD, und das vor allem zu Beginn. Blicken wir noch mal zurück, was waren die klaren Ziele der SPD?
Ingmar Janssen: Eine sachorientierte, sozial gerechte Politik für die Menschen in Heiligenhaus und die Berücksichtigung der Klimaveränderungen auf der Welt.
Nach einem anfänglichen Erfolg kam es zu verschiedenen Querelen, von Fraktionsaustritten über möglichen Eintritten anderer Ratsmitglieder und auch Kritik daran, auch aus eigenen Reihen, dass die SPD-Fraktion nur aus der Familie Janssen bestünde. Wie kriegt man wieder Ruhe ins Arbeiten, wie sieht die Zusammenarbeit zwischen Partei und Fraktion jetzt aus?
Nun, zunächst einmal, sollte man dann auch stolz auf die inhaltlichen Erfolge sein und auf das, was man positiv für unsere Stadt bewegt hat. Allerdings erzeugt inhaltlicher Erfolg leider häufig auch Missgunst und Neid. Hier gilt es, sich nicht irritieren zu lassen, sondern sich weiter auf sachlicher Ebene auf die Probleme, Herausforderungen und Chancen in unserer Stadt zu konzentrieren. Auch darf ich darauf hinweisen, dass wir mit Edmund Mathey den 1. Stellvertretenden Bürgermeister der Stadt stellen, der von einer vielfältigen überparteilichen Mehrheit gewählt worden ist.
Die SPD ist ja immer umtriebig mit Anträgen. Was sind die bislang aus Ihrer Sicht größten Erfolge der SPD in dieser Wahlperiode?
Da gibt es in der Tat sehr viele. Vorausschicken möchte ich hier, dass dabei vieles auf Antrag bzw. Initiative der SPD beruht, aber letztlich auch nur in Zusammenarbeit und mit Unterstützung anderer Fraktionen beschlossen werden konnte. Zudem hat die SPD-Fraktion selbstverständlich auch gute Initiativen und Anträge anderer Fraktionen unterstützt. Im Bereich der Friedhofsallee verschwindet der hässliche Containerschandfleck. Stattdessen entstehen dort der Tierfriedhof und die Hundeauslauffläche. Die aktive präventive Jugendarbeit wurde auf Antrag der SPD gestärkt und zeigt schon jetzt deutliche inhaltliche und finanzielle Erfolge. Das von der SPD angestoßene Klimaschutzkonzept ist mit einem breiten Konsens beschlossen. Für unsere Bürgervereine und Institutionen, die in Heiligenhaus für die Bürger Veranstaltungen gestalten, konnte durch unser engagiertes Eintreten eine Verwaltungsvorlage mit unzumutbaren Bedingungen und Einschränkungen einhellig abgelehnt werden. Für den Club wurde eine sinnvolle Personalerhöhung erreicht. Die Ausleihgebühren in unserer Bücherei sind entfallen. Der Integrationsrat ist durch unsere aktive Mitarbeit auf einem guten Weg. Die Sporthallen können wieder für den Sport genutzt werden. Für den Stadtsportverband ist eine Anlaufstelle beschlossen und die Verwaltung hat den Auftrag, für den Modellbauverein Räumlichkeiten zu finden. Es gibt mehr Müllbehälter und mehr Sitzbänke in der Stadt. Ein Gedenkstein für die Opfer der NS-Zeit wird in Kürze aufgestellt. Der Klimaschutz nimmt mit der Einführung des Energiesparchecks (ökologisch und sozial) auch die „kleinen“ Leute mit. Mit der aktiven und intensiven Mitarbeit der SPD wurde ein klimafreundliches und bürgergerechtes Mobilitätskonzept erarbeitet. Bei der Überarbeitung des Friedhofkonzeptes wird die SPD-Idee eines Friedwaldes/einer Waldbestattung einbezogen.
Das Thema Wohnbaugesellschaft war immer eins auch der SPD: Wie sieht es da aus?
Bezahlbares Wohnen ist für die SPD ein Kernanliegen und für viele Menschen in Heiligenhaus von existenzieller Bedeutung. Konkret waren wir in der Tat kurz davor, dafür eine politische Mehrheit zu bekommen. Das wurde leider, auch durch Querschüsse, politisch kaputt gemacht. Inzwischen erkennen alle Fraktionen die Wichtigkeit dieses Themas und die Notwendigkeit eines Handlungsbedarfes. Hier gilt es nun in detaillierter Sacharbeit zeitnah tragfähige Lösungen zu finden.
Gibt es Entscheidungen in dieser Wahlperiode, die sie stark bedauern und kritisieren?
Ja, natürlich. Da ist die völlig unnötige, unsoziale und kontraproduktive Preiserhöhung im Heljensbad, gerade besonders zu Lasten von Familien, Kinder und Jugendlichen sowie Seniorinnen und Senioren. Wir wollen, dass alle Heiligenhauser unser hervorragendes Bad auch nutzen können und nicht aus finanziellen Gründen ausgegrenzt werden. Auch die Verhinderung der Verpachtung des Rathauspavillons durch andere Fraktionen ist sachlich nicht nachvollziehbar. Hier gab und gibt es viele sehr gute Bewerbungen von Heiligenhauser Gastronomen.
Welche Themen will die SPD-Fraktion in dieser Periode noch angehen?
Das bereits angesprochene Klimaschutzkonzept ist nun auch umzusetzen und zu gestalten. Dies kann jedoch nur in einer sozialen Ausgewogenheit erfolgen. Die Etablierung einer Wohnungsbaugesellschaft ist anzugehen. Das Mobilitätskonzept ist unter Beteiligung der Bürger weiter umzusetzen. Unsere Naturräume und Naherholungsgebiete sind insbesondere unter Beachtung des Klimawandels zu erhalten. Die sehr positive Entwicklung unserer Museumslandschaft ist aktiv zu unterstützen. Die von uns maßgeblich mitgestalteten und beschlossenen Maßnahmen der Integrativen Stadtteilentwicklungskonzepte (ISEK) „Innenstadt“ und “Nonnenbruch und Oberilp“ sind konstruktiv anzugehen und umzusetzen.
Die nächste Kommunalwahl findet im Jahr 2025 statt. Blicken Sie schon ein wenig darauf im Hinblick auf Themen und vor allem auch Personal? Denn auch der Bürgermeister wird ja dann neu gewählt werden.
Für die SPD-Fraktion steht immer das soziale Miteinander in unserem Heiligenhaus im Mittelpunkt. Hieran hat sich unserer Überzeugung nach die Kommunalpolitik zu orientieren. Und daran sollten sich dann auch die Personalfragen orientieren.
Noch nie hat es im Heiligenhauser Rat so viele Fraktionen bzw. Einzelratsmitglieder gegeben. Sie sind schon lange dabei: Was sind Vor- und Nachteile dieser Zusammensetzung, ist es ein anderes arbeiten?
Ja, natürlich erfordert das ein anderes Arbeiten in den politischen Gremien. Es gibt keine vorgefertigten Mehrheiten. Dies erfordert mehr Diskussion und Fingerspitzengefühl, um Mehrheiten zu finden. Es ist jedoch auch schwerer zu Entscheidungen zu kommen. Denn am Ende reicht es nicht, über alles nur zu reden und ggf. zu zerreden. Die gewählten politischen Vertreter müssen auch entscheiden und diese Entscheidungen verantworten.
Letzte Frage: Was wünschen Sie sich für die SPD und die Stadt Heiligenhaus bis zur nächsten Kommunalwahl?
Insgesamt wünsche ich mir in der Politik mehr Demut, Toleranz und Gelassenheit.
Hinweis: Dieses Interview wurde auf Wunsch der Fraktion schriftlich geführt.